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Der Wahlkreis-Check: Köln IDiese Kandidaten wollen für die Innenstadt, Kalk und Porz in den Bundestag

Lesezeit 9 Minuten
Wahlplakate in der Kölner Innenstadt: Am 23. Februar ist Bundestagswahl: Wir stellen die vier Kölner Wahlkreise vor.

Am 23. Februar ist Bundestagswahl: Wir stellen die vier Kölner Wahlkreise vor.

Wir stellen die vergangenen Wahlergebnisse, die Kandidaten und ihre Themen vor: Das beschäftigt den Wahlkreis Köln I.

Im Kölner Südosten könnte das Rennen zwischen SPD und CDU erneut eng werden: Das Direktmandat für den Wahlkreis wanderte in der jüngeren Vergangenheit zwischen den beiden Parteien hin und her. 2021 mischten dann auch die Grünen in der Entscheidung weit vorne mit. Es gewann aber Sanae Abdi für die SPD. Dieses Jahr will Abdi ihr Direktmandat verteidigen – doch mit Serap Güler zählt eine prominente CDU-Politikerin zu ihren Herausforderern. Ein Überblick über Köln I – der erste von vier Checks zu den Kölner Wahlkreisen für die Bundestagswahl am 23. Februar.

So wählte Köln I bisher

Sanae Abdi gewann 2021 mit vier Prozentpunkten Vorsprung die Erststimmen für sich, für diesen Wahlkreis eine ungewohnt deutliche Entscheidung. Damit konnte sie Karsten Möring (CDU) überholen, der zuvor 2017 das Direktmandat Köln I geholt hatte, mit nur 0,6 Prozentpunkten Vorsprung gegenüber der SPD. 2013 hatte noch die SPD triumphiert, mit nur 0,3 Prozentpunkten Vorsprung.

Bei der vergangenen Wahl machten die Grünen erstmals das frühere Duell zwischen SPD und CDU zu einem Triell unter den Direktkandidaten. 2021 holten sie im Wahlkreis mehr als doppelt so viele Stimmen wie zuvor. Lisa-Marie Friede landete mit 23,9 Prozent zwischen Abdi und Möring. 2017 waren die Grünen nur auf 9,8 Prozent der Erststimmen gekommen.

In den aktuellen Bundestag zogen neben Abdi aus dem Kölner Südosten über die jeweiligen Landeslisten ihrer Parteien auch Reinhard Houben (FDP), der nicht erneut antritt, und Fabian Jacobi (AfD) ein.

Das ist 2025 zu erwarten

Abdis überraschender Sieg bei der vergangenen Wahl holte nicht nur der SPD den Wahlkreis zurück, sondern war auch deshalb bedeutsam, weil es ihre erste Kandidatur war. Von dem früheren Listenplatz 40 ist Abdi jetzt auf Platz acht der SPD-Landesliste hochgerutscht, womit sie eine weitere Chance hat, ihr Mandat zu behalten. Zumal im Kampf um das Direktmandat neue Kontrahenten eingestiegen sind.

Eine von ihnen: Serap Güler. Seit 2021 Bundestagsabgeordnete, schaffte sie es über die Landesliste der CDU. In ihrem vorherigen Wahlkreis Köln IV, der Mülheim und Leverkusen umfasst, hatte sie keine Chance gegen Karl Lauterbach, der mit 45,6 Prozent der Erststimmen deutlich siegte. Sie erhielt dennoch 20,4 Prozent. Güler, Mitglied des Bundesvorstands der Partei, gilt als bekannte Kölner Politikerin und in ihrem neuen Kreis gab es bisher anteilsmäßig mehr CDU-Wähler als in ihrem vorherigen.

Ob es erneut zu einem Triell kommt, hängt von Roman Schulte ab. Mit ihm haben die Grünen einen Newcomer als Direktkandidaten gewählt. Vor allem die Stadtteile der Innenstadt und Deutz wählen in diesem Gebiet grün.

Das beschäftigt Köln I

Der Wahlkreis umfasst mehrere Bezirke der Stadt: die nördliche linksrheinische Innenstadt, Deutz, Kalk und Porz zählen dazu. Er ist Nummer 92 (vergangene Wahl hatte Köln I noch die 93) der bundesweit 299 Wahlkreise und fasst Viertel zusammen, die vor unterschiedlichen Herausforderungen stehen.

Zu den in Berlin diskutierten Themen, die den Kölner Südosten betreffen, zählt die Forderung nach preisgünstigem Wohnraum. Vor allem in der Innenstadt steigen die Mieten stetig an, geförderte Wohnungen mit geringerer Miete als im Durchschnitt, gibt es immer weniger in Köln, auch in Kalk und Porz. Wie der Bundestag Chancengleichheit für alle Kinder erreichen will, betrifft auch die Familien und Schulen hier. Auch sind die Viertel der Alt- und Neustadt und Kalk zunehmend konfrontiert mit einer offenen Drogenszene.

In der Verkehrspolitik ist die sogenannte Rheinspange nach wie vor in Planung, wenn auch umstritten: Wie könnte eine Autobahnbrücke zwischen der rechtsrheinischen A 59 und der linksrheinischen A 555 aussehen? Und ob die denkmalgeschützte Rodenkirchener Brücke abgerissen werden soll, um sie durch einen Neubau mit acht Fahrspuren plus Standstreifen zu ersetzen, gilt es auch noch zu entscheiden.

Wahlkreis Köln I: Das sind die Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2025

Im Wahlkreis Köln I treten insgesamt neun Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2025 an. Die Kandidaten der sechs Parteien, die aktuell im Bundestag vertreten sind, stellen wir hier vor. Zusätzlich auf dem Wahlzettel zu finden sind: Dominik Meißner (Freie Wähler), Mihir Nayak (Volt) und Elisabeth Höchtl (MLPD).

Sanae Abdi | SPD

Sanae Abdi

Sanae Abdi kandidiert für die SPD.

Sanae Abdi schaffte es 2021 gleich bei ihrem ersten Versuch in den Bundestag und holte ihrer Partei den seit Jahrzehnten von der SPD dominierten Wahlkreis zurück. Vier Jahre zuvor hatte Karsten Möring in Teilen der Kölner Innenstadt, Kalk und Porz zum ersten Mal seit 1961 für die CDU gewonnen. Mit Platz acht auf der NRW-Landesliste hat Abdi (2017 stand sie auf Platz 40) eine zusätzliche Absicherung, um ihre Arbeit im Bundestag fortsetzen zu können. Dennoch wolle sie auch diesmal unbedingt das Direktmandat holen, betont die Rechtswissenschaftlerin.

„Armut und soziale Ungerechtigkeit sind Gift für unsere Demokratie und den sozialen Zusammenhalt“, sagt Abdi. Dagegen anzukämpfen, sieht sie als eine ihrer wichtigsten Aufgaben. Sie kam in Marokko zur Welt, wuchs in Lüdenscheid auf und fühlt sich jetzt in Köln zu Hause. Stets mit dabei habe sie „die ruude Pappnas und die Dauerkarte vom Effzeh“.

Als Bundestagsabgeordnete wolle sie für Köln erreichen, dass der „Karnevalstanz als eigenständige Sportart“ anerkannt wird. Ernsthaftere Themen hat sie auch: Etwa eine Verlängerung und Verbesserung der Mietpreisbremse, ein kostenloses Mittagessen für alle Schülerinnen und Schüler oder den Erhalt „der wenigen Industrie, die Köln noch hat“.

Roman Schulte | Bündnis 90/Grüne

Roman Schulte

Roman Schulte kandidiert für die Grünen.

Roman Schulte bezeichnet sich als „Quereinsteiger“ in die Politik mit „Wurzeln in der Wirtschaft“. Der Projektmanager für die Beratung der Automobilindustrie trat 2021 den Grünen bei und ist seitdem Beisitzer im Porzer Ortsverband der Partei. Er sagt, in der Wirtschaft habe er gelernt, „anzupacken und pragmatische Lösungen“ zu finden, ein Vorgehen, das ihm in der Politik aktuell fehle.

Der „Schälsickjung“, wie er sich als gebürtiger Porzer nennt, absolvierte ein Duales Studium bei den Kölner Ford-Werken. Ihn beschäftige daher die Stärkung der Wirtschaft durch gezielte Investitionen, seine Erfahrung aus der Leitung von Transformationsprojekten in der Autoindustrie will er auf den Strukturwandel der Industrien im Land anwenden. Schulte sagt: „Unser Land benötigt massive Investitionen, unter anderem in Infrastruktur, Bildung und Wohnraum.“

Für Köln will er sich in Berlin für Großprojekte wie den Erhalt der Rodenkirchener Brücke einsetzen. Schulte sagt, ein Abriss diene den Menschen in seinem Veedel nicht. „Stattdessen ist es wichtig, Finanzmittel so einzusetzen, dass sich das Leben der lokalen Bevölkerung spürbar verbessert.“ Seine Beispiele: „bessere Verkehrsanbindung und bezahlbaren Wohnraum“.

Serap Güler | CDU

Serap Güler

Serap Güler kandidiert für die CDU.

Serap Güler sitzt seit 2021 im Bundestag, damals trat sie noch im Wahlkreis IV im Kölner Nordosten und Leverkusen an. Sie holte 20,4 Prozent der Stimmen und landete damit auf Rang zwei hinter dem heutigen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (45,6 Prozent). Über den Listenplatz zog die ausgebildete Hotelfachfrau und studierte Kommunikationswissenschaftlerin trotzdem in den Bundestag ein.

Für die anstehende Wahl hat sie den Wahlbezirk gewechselt. Für ihre Partei sitzt Güler unter anderem im Bundesvorstand, sie ist langjährige Vize-Chefin der Kölner CDU. Vor ihrem Wechsel nach Berlin war sie Staatssekretärin für Integration in NRW. Güler sagt: „Besonders in der Außen- und Sicherheitspolitik, die angesichts der weltweiten Herausforderungen immer wichtiger wird, möchte ich meine Expertise einbringen.“

Für Köln will sie mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen und Infrastrukturprojekte wie die Sanierung der Brücken vorantreiben. Zwei Themen beschäftigen sie besonders: „Die besorgniserregende wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland“ und „die außenpolitischen Entwicklungen, die direkten Einfluss auf unseren Alltag haben“. Wie etwa die Wiederwahl von Donald Trump. Güler spricht sich deshalb für ein starkes Europa aus.

Fardad Hooghoughi | FDP

Fardad Hooghoughi

Fardad Hooghoughi kandidiert für die FDP.

Fardad Hooghoughi ist Kommunalpolitiker in Köln-Kalk, seit 2014 ist er Mitglied der dortigen Bezirksvertretung. Der Vorsitzende des FDP-Stadtbezirksverbands Ost führt auf Bundesebene den FDP-nahen Verein Liberale Vielfalt. Er übernimmt für seine erste Bundestagskandidatur den Wahlkreis von Reinhard Houben, der aktuell für die FDP in Berlin sitzt. Houben schaffte es 2021 über die Landesliste und kündigte bereits im September an, nicht erneut kandidieren zu wollen. Hooghoughi ist auf der Landesliste mit der Nummer 28 nun weiter unten platziert.

Hooghoughi habe es durch „individuelle Förderung herausragender Lehrer“ geschafft, von der Hauptschule in Kalk kommend, nun Jura zu studieren (Schwerpunkt: Völker- und Europarecht). Deshalb will er das „Startchancen-Programm“ für den schulischen Aufstieg für Schülerinnen und Schüler aus strukturschwachen Stadtteilen ausbauen, das seit diesem Jahr greift und auch Kölner Schulen fördert. Den Kölner beschäftigt besonders das Thema irreguläre Migration. Er komme aus einer geflüchteten Familie und sagt, es brauche einen „durchsetzungsstarken Rechtsstaat“, wenn Menschen der Anspruch auf Bleiberecht fehle oder sie sich durch gesetzwidriges Verhalten, den Anspruch auf Asyl verwirkt haben.

Fabian Jacobi | AfD

Fabian Jacobi

Fabian Jacobi kandidiert für die AfD.

Fabian Jacobi ist seit 2017 Bundestagsabgeordneter, er zog bereits zweimal über die Landesliste der AfD ein. Eine Verlängerung seiner Mandatszeit ist ihm so erneut sicher: Dieses Jahr belegt er Platz zwei der Landesliste. Auf die Frage, warum er erneut kandidiere, antwortet er nur „irgendjemand muss ja“. 2017 erhielt er 8,6 Prozent der Erststimmen seines Wahlkreises, 2021 sank die Zustimmung auf 6,3 Prozent.

Der Rechtsanwalt aus Köln ist seit 2013 Parteimitglied. Mit einer zweijährigen Unterbrechung gehört er seitdem auch dem Landesvorstand der AfD in Nordrhein-Westfalen an. Derzeit ist er stellvertretender Landessprecher.

Jacobi sagt, „eine bessere Gesetzgebung auf Bundesebene würde sich für Köln in vielerlei Hinsicht positiv auswirken“ und kritisiert bestehende Gesetze etwa zum Asyl- und Ausländerrecht, die Kommunen überfordern oder Gesetze zur Ansiedlung von Industrie- und Handwerksbetrieben, die Schaffung von Arbeitsplätzen behindern würden.

Jacobi sehe in Deutschland einen „Verfall des freiheitlichen Rechtsstaats“, den man „in glücklicheren Zeiten näherungsweise hatte“. Dann spricht er von einer „Tendenz hin zu einer gelenkten Demokratie“ und zu einem „Überwachungsstaat“.

Kalle Gerigk | Parteilos für Die Linke

Kalle Gerigk

Kalle Gerigk kandidiert für die Linke.

Kalle Gerigk ist als so genannter „Mietrebell“ bekannt. Er kämpft für bezahlbaren Wohnraum und Mieterrechte, vor allem, seit er vor elf Jahren im Agnesviertel selbst eine Zwangsräumung wegen Eigenbedarfs erlebte. Gerigk tritt dabei ganz bewusst keiner Partei bei: „Die Linke und ich, das passt gut. Aber ich habe mehr Kraft, wenn ich parteilos bin.“

Zweimal hat Gerigk bereits für die Linken für den Landtag kandidiert, ohne Erfolg. Für einen Platz im Bundestag bewirbt er sich zum ersten Mal. Da er keinen Listenplatz innehat, schätzt er seine Chancen so ein: „Das wäre, als wenn der 1. FC Köln die Champions League gewinnen würde.“ Und er schiebt hinterher: „Ich träume aber trotzdem davon.“

Das Thema Wohnen birgt seiner Ansicht nach „sozialen Sprengstoff“, es sei „eines der drängendsten Probleme in Deutschland, das nur unzureichend von der etablierten Politik behandelt wird“. Für diese drei Lösungsvorschläge wolle er sich „auf der Straße und im Parlament“ einsetzten, sagt Gerigk: „Bezahlbarer Wohnungsneubau im Rahmen einer neuen Gemeinnützigkeit. Ein Verbot unsozialer Eigenbedarfskündigungen wie zuletzt im Falle der 94-jährigen Paula aus Köln-Mülheim. Ein bundesweiter Mietendeckel, um die Explosion der Mieten zu beenden und rückgängig zu machen.“