Klima, Wohnungen, SchulenDas große Köln-Barometer: So ist es um die Stadt bestellt
- Im Köln-Barometer blickt die Kölner Lokalredaktion vierteljährlich unter anderem auf die Politik, den Verkehr, die Wohnsituation, die Wirtschaft und die wichtigsten größten Bauprojekte.
- Das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Klimaschutzes macht sich in der Stadtplanung deutlich bemerkbar. Das Auto verliert in Köln seine Vorrangstellung. Wir werfen einen Blick darauf, welche Maßnahmen greifen und welche Symbolpolitik sind.
- Außerdem präsentieren wir die Gewinner und Verlierer des Quartals.
Köln – Der Stadtrat hat für Köln den Klimanotstand ausgerufen, die Leverkusener Politiker den Klimanotstand für Leverkusen, der Bund Deutscher Forstleute den Klimanotstand für den Wald in Deutschland sowie der Bund Deutscher Forstleute Nordrhein-Westfalen selbigen noch einmal ausdrücklich für den Wald in Nordrhein-Westfalen. Das Thema dominiert zur Zeit alle Debatten. Mancher Kritiker sagt: Es überlagert alle anderen Themen. Soziale Spaltung, Friedenspolitik, Wohnungsnot, Bildungsgerechtigkeit – es ist einfach sich dem allgemeinen Trend anzuschließen, wenn gleichzeitig andere, ebenfalls drängende Probleme in den Hintergrund gedrängt werden, bei denen man keinen Blumentopf gewinnen kann.
Die Politik vermittelt den vielen Demonstranten, die für einen konsequenteren Klimaschutz auf die Straße gehen, die Botschaft: Ja, wir haben verstanden, auch wir sind jetzt sehr besorgt. Doch was heißt das für die praktische Politik in einer Stadt. Der „Notstand“, den die Ratsfraktionen ausgerufen haben, verschafft der Stadt keine zusätzlichen Durchgriffsrechte. Wohl aber dient er der Rechtfertigung, wenn es darum geht, dem Umweltschutz zuliebe mit den Möglichkeiten einer Kommune stärker in das Alltagsleben der Bürger einzugreifen.
Das betrifft beispielsweise die Verkehrspolitik. Die über Jahrzehnte gepflegte Vorrangstellung des Autos dürfte früher oder später ihr Ende finden, die Planer im Rathaus werden den Straßenraum zugunsten der Fußgänger und Fahrradfahrer neu aufteilen. Und wenn die Stadtspitze erwägt, die aus 13 Ford-Mondeos bestehende Dienstwagenflotte umzurüsten, ist auch das durchaus auch ein Anzeichen für den sich anbahnenden Bewusstseinswandel.
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Das ist das Köln Barometer
Viermal im Jahr wirft der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in Form einer Bestandsaufnahme einen Blick auf Entwicklungen, den Stand von wichtigen Bauprojekten, politische Trends und Herausforderungen des vergangenen Quartals. Die Vierteljahresbilanz prüft, was aus politischen Absichtserklärungen, Planungen und Beschlüssen geworden ist, und zeigt, wie die Stadt mit ihren Zukunftsaufgaben umgeht.
Die erste Ausgabe des Köln-Barometers erschien vor rund dreizehn Jahren, im April 2006. Es erscheint immer am ersten Samstag nach dem Ende des jeweiligen Quartals. Die Schwerpunkte der regelmäßigen Analyse können wechseln. Fester Bestandteil des Barometers ist die Darstellung des Fortschritts der zehn wichtigsten Bauprojekte der Stadt.
Wenn eines fertiggestellt ist oder Planungen beendet werden, werden neue Projekte ins Ranking aufgenommen. Außerdem präsentiert die Redaktion regelmäßig die Gewinner und Verlierer des jeweiligen Quartals.
Was sind wirkungsvolle Maßnahmen? Und wo geht es nur um Symbolpolitik zur Beruhigung der Gemüter? In der Debatte um die Ausbaupläne des 1.FC Köln im Äußeren Grüngürtel hat die allgemeine Stimmungslage dazu geführt, dass die Oberbürgermeisterin riskiert, dass Dinge auf der Strecke bleiben, die ebenso wichtig für eine gute Stadtentwicklung sind. Kritiker der OB sagen: Indem Reker die Ausbaupläne in Frage stellt, die sie selbst im letzten Wahlkampf verteidigt hat, präsentiert sich die Stadt als unzuverlässiger Partner. Außerdem dürfte es 18 000 städtische Bedienstete nicht gerade motivieren, wenn die Chefin in Frage stellt, woran Mitarbeiter seit Jahren in ihrem Auftrag arbeiten.
Die meisten, die demonstrieren, werden sich mit solchen Dingen nicht lange aufhalten wollen. Sie fordern, dass etwas passiert. Im September beteiligten sich allein in Köln Zehntausende zusammen mit den Aktivisten von „Fridays for Future“ am weltweiten Protesttag. Die Veranstalter sprachen von 70 000 Teilnehmer. So etwas hat es seit dem Arsch Huh-Konzert 1992 nicht mehr gegeben.
Die wichtigsten Bauprojekte
Gerling-Quartier: Das ehemalige Quartier der Gerling-Versicherung hat sich Schritt für Schritt in ein modernes Wohn- und Büroviertel mit Hotel verwandelt. Bis Ende 2021 soll alles fertig sein.
Archäologische Zone: Die Stadt und der Landschaftsverband Rheinland haben sich auf einen Nutzungsvertrag für die Archäologische Zone geeinigt. Das „Miqua“ genannte Projekt soll bis 2021 abgeschlossen sein.
Messe-City: Als weiteren Mieter haben die Investoren Strabag und ECE den Kautschukhersteller Arlanxeo gewonnen, der sich in Deutz mit 350 Beschäftigten niederlässt. Demnächst beginnt der Einzug der Zurich-Versicherung.
Porz-Mitte: Die neuer Porzer Innenstadt auf dem ehemaligen Hertie-Areal wächst heran. Im 1. Halbjahr 2021 soll das Haus 1 mit Einzelhandel und Wohnungen fertig sein. Die Häuser 2 und 3 folgen danach.
Rudolfplatz: Zwei neue Bürogebäude entstehen zurzeit am Rudolfplatz. Zwar handelt es sich um zwei getrennte Projekte, wesentliche Bereiche werden aber gemeinsam genutzt. Das erste Bürohaus soll 2021 fertig sein.
Stadtarchiv: Zur Umzugsvorbereitung des Rheinischen Bildarchivs hat der Kulturausschuss 970 000 Euro bewilligt, so für Verpackungen und Dokumentation. Das Gebäude soll trotz erneuter Verzögerung 2020 vollendet werden.
Nord-Süd-Stadtbahn: Die Sanierung des 2009 beim Einsturz des Stadtarchivs zerstörten U-Bahn-Bauwerks soll Mitte 2020 beginnen. Die neue U-Bahn zwischen Breslauer Platz und Bonner Wall fährt frühestens 2027.
Sanierung Oper/Schauspiel: Die Bühnen haben erstmals die Gesamtkosten für das Vorhaben veröffentlicht. Einschließlich aller Baunebenkosten und der Bankzinsen wird die Stadtkasse mit 841 Millionen Euro belastet.
Stadtmuseum Roncalliplatz: Die Stadt und die Hohe Domkirche haben sich darauf geeinigt, eine gemeinsame Gesellschaft für den Bau der Historischen Mitte zu gründen. Eine Eröffnung gibt es frühestens Ende 2028.
Erweiterung Wallraf-Richartz-Museum: Im Jahr 2020 soll die Baugenehmigung beantragt werden, für 2022 ist der Baubeginn geplant. Das Projekt soll seit mehr als 18 Jahren umgesetzt werden.
Verkehr: Mehr Mut für die Wende
Die Verkehrswende in Köln hat zwar an Fahrt aufgenommen, das aber nur sehr langsam. Vor der Stadtverwaltung liegt noch ein weiter Weg, um den Anschluss an vorbildliche Städte wie Kopenhagen und Amsterdam zu schaffen. Überall in der Stadt entstehen zwar neue, großzügig angelegte Radspuren – so auch auf Hauptverkehrsachsen wie der Nord-Süd-Fahrt und den Ringen. Doch bislang handelt es sich beim Kölner Radwegenetz lediglich um Stückwerk.
Als positiv muss die Entwicklung auf den Ringen betrachtet werden. Die Stadtverwaltung musste sich zwar von der Bürgerinitiative „Ring frei“ zum Jagen tragen lassen, wird aber in absehbarer Zeit davon profitieren, auf den Ringen konsequent mehr Raum für die Radfahrer geschaffen zu haben. Die Autofahrer werden sich an die weggefallene Spur und an die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde gewöhnen – der Verkehr ist deshalb bislang nicht zusammengebrochen und das wird auch in Zukunft nicht passieren. Der Prozess, sich von liebgewonnenen Gewohnheiten zu verabschieden ist nie leicht, aber notwendig, wenn Köln nicht im Verkehrschaos versinken will.
Das Auto wird in den kommenden zehn Jahren in der Innenstadt nicht mehr die dominante Rolle spielen, die ihm seit den 1960er Jahren zugedacht war. Andere Verkehrsmittel werden stärker in den Fokus rücken.Die neue KVB-Chefin Stefanie Haaks wünscht sich etwa mehr exklusive Busspuren auf Hauptverkehrsachsen, damit die Busse schneller vorankommen als Pkw – nur das macht den Umstieg attraktiv. Damit hat die KVB-Chefin völlig recht. Die Fraktionen im Stadtrat sind jetzt gefragt, um das möglich zu machen. Es braucht mehr Mut, um die Verkehrswende schneller voranzutreiben. Die Politiker müssen auch die Vorbehalte in den eigenen Reihen überwinden, damit es weitergehen kann.
Nachdem die Radfahrer und der öffentliche Nahverkehr inzwischen mehr Beachtung finden, fehlen jetzt noch die Fußgänger. Es muss auch attraktiver werden, sich ohne Hilfsmittel durch die Stadt zu bewegen, denn in Köln sind viele Gehwege zu eng und mit den Werbeaufstellern des Einzelhandels zugestellt. In diesem Bereich gibt es noch viel Luft nach oben – eine Chance für die Verkehrsdezernentin, sich zu positionieren.
Wirtschaft: Nicht alle profitieren
Die Zahlen vom Kölner Arbeitsmarkt sind ambivalent: Einerseits sind während der vergangenen Monate fast 11 000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden. Andererseits ist die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im September lag die Arbeitslosenquote bei 7,9 Prozent, vor einem Jahr waren es 0,3 Prozentpunkte weniger. Von der vermeldeten „leichten Herbstbelebung“ profitieren längst nicht alle gleichermaßen. Die Zahl derer, die als Langzeitarbeitslose unter die Hartz IV-Gesetzgebung fallen, ist unverändert hoch: Über 33 800 Menschen gelten als „schwer vermittelbar“. Die Stadt profitiert von einem guten Branchenmix. Doch das heißt nicht, dass schwere Schläge leicht weg zu stecken sind. So schauen die Verantwortlichen gebannt auf die Entwicklung bei Ford. Der Autobauer versucht unter Schmerzen Anschluss an die technologische Entwicklung zu finden. Dass die Stadt prüft, ob sie bei einer anderen Firma ihre Dienstwagen bestellt, ist bezeichnend. Andere sind in Sachen umweltbewussterer Mobilität weiter.
Die Stadt könnte mehr für bessere Rahmenbedingungen tun, findet die Industrie- und Handelskammer, und konstatiert „großen Nachholbedarf“ bei der Verkehrs- und digitalen Infrastruktur. Ein Gutachten zu Gewerbe- und Industrieflächen bescheinigt der Köln große Flächenengpässe für Industrie, Gewerbe und Wissenschaft.
Schule: Warten auf Neubauten
Der neue Schuldezernent Robert Voigstsberger hat das Amt mit Schwung angetreten. Allerdings: Das Aufgabenfeld ist riesig, die Probleme groß – für einen Neuling, der die Stadt nicht kennt, erst Recht. Und leichter wird es nicht: In der vergangenen Sitzung des Schulausschusses berichtete die Verwaltung von den wachsenden Schwierigkeiten, Container-Bauten für schnelle Lösungen in der wachsenden Stadt zu bekommen. Zum leer gefegten Markt kämen neue Anforderungen an den Brandschutz. Die Bürokratie macht es sich selber schwer. Eigentlich müssten gerade jetzt unbürokratische Lösungen her.
„Wir müssen schneller werden“, sagt Voigtsberger. Bis Ende des Jahres soll eine weiteres so genanntes „Beschleunigungspaket“ beim Schulbau auf den Weg gebracht werden. Die Stadt vertraut auf private Partner. Doch ob die es besser und vor allem schneller machen als die städtische Gebäudewirtschaft, ist immer noch ohne Beleg. Erst wenn tatsächlich gebaut wird, kommt die Stadt voran.
An den Gesamtschulen wurden mehr als 700 Kinder abgelehnt. An den Gymnasien kommt man nur über die Runden, weil man die Klassen vergrößert und zusätzliche Klassen bildet, ohne für sie zu bauen. Das will das Land in Zukunft erschweren. Auf den ersten Blick scheint das eine richtige Maßnahme zu sein, weil es falsch ist, sich zu Lasten von Kindern und Lehrern von Provisorium zu Provisorium zu hangeln. Ein echter Beitrag gegen den Notstand ist das freilich nicht.
Zum Schulstart gingen in Dellbrück und in Sülz zwei neue Gesamtschulen an den Start. Ein kleiner Schritt gegen die Not. Richtig überzeugend sind aber auch diese Projekte nicht, weil nichts Neues gebaut wird.
Hinzu kommen neue Rückschläge, wie sie zum Beispiel jüngst in Ostheim verkündet werden mussten: Im November 2018 hatte das Gesundheitsamt Klassenräume einer Grundschule gesperrt. Bis Ende dieses Jahres sollte saniert werden. Nun ist klar: Alle Bemühungen waren umsonst. Ein Trakt muss abgerissen werden. Das wäre nicht ganz so tragisch, würden solche Planänderungen nicht einen Rattenschwanz an Folgen haben. Weil ein Ausweichquartier in Kalk weiter für die Ostheimer gebraucht wird, verzögert sich die Sanierung von zwei Kalker Grundschulen, die ebenfalls unter äußerst schlechten Bedingungen leiden.
Kultur: Viele gute Nachrichten
Die Bausubstanz der städtischen Museen war schon mal besser. Stadtmuseum und Römisch-Germanisches mussten wegen lange aufgeschobener Renovierungsarbeiten sogar ausziehen und suchen ihr Heil bis weiteres im Übergang. Das kann sich erfahrungsgemäß hinziehen, wie auch das Museum für Angewandte Kunst zu beklagen weiß. Immerhin konnte dort die bedeutende Sammlung Winkler mit ihrer besonderen Melange aus Design und Kunst wieder eröffnet werden.
Gute Nachrichten gab es aus dem Museum Ludwig, das unter Direktor Yilmaz Dziewior schon die zweite große Schenkung präsentieren konnte. Im Juli zeigte das Ludwig die Ausstellung „Familienbande“ mit Werken aus dem Kölner Kunstkosmos der 1990er Jahre; etliche Kölner Weltkunststars kamen „nach Haus“. Auch das Museum Schnütgen ließ sich erfolgreich beschenken und präsentiert derzeit seinen Schatz mittelalterlicher Neuzugänge. Mit der DuMont-Kunsthalle machte zudem eine alte Bekannte wieder etwas von sich reden. Da lässt sich glatt verschmerzen, dass es kein wie auch immer geartetes Gerhard-Richter-Museum geben wird.
Musikalisch herrschte vor allem Einklang: Die Philharmonie ist seit Jahren mehr oder weniger ein Selbstläufer, das Gürzenich-Orchester brilliert unter dem umworbenen Generalmusikdirektor François-Xavier Roth, und aus der tapfer im Staatenhaus ausharrenden Oper hört man kaum noch Misstöne; allerdings scheint für die Oper der Weg zurück zu überregionaler Bedeutung nach wie vor weit.
Im Kölner Schauspiel hingegen setzt sich der Aufwärtstrend der vergangenen Spielzeit fort. Und auch Hausherr Stefan Bachmann inszeniert, seit er sich entschlossen hat, das ewige Interim im Mülheimer Carlswerk bis zu dessen – voraussichtlichen! – Ende zu führen, wie befreit: Der Auftakt mit Wajdi Mouawads jüdisch-palästinensischen Romeo-und-Julia-Update „Vögel“ gelang spektakulär.
Gute Nachrichten auch aus dem Pop-Bereich: Am 31. Oktober feiert mit dem Gebäude 9 eine der wichtigsten Kölner Konzert-Locations nach mehrmonatiger Umbaupause seine Wiedereröffnung. Erster Programmpunkt wird die erste Verleihung des „Holger Czukay Preises für Popmusik“ der Stadt an Wolfgang Voigt und Irmin Schmidt sein.
Verwaltung: Reform ohne Tempo
Es braucht seine Zeit, eine Behörde mit gut 18 000 Beschäftigten und mehr als 40 Ämtern zu einem hochmodernen Dienstleister zu machen. Die Reform der Stadtverwaltung kommt auch im dritten Jahr nach ihrem Start nur schleppend voran, Erfolge sind bislang allenfalls vereinzelt wahrnehmbar. Anwohnerparkausweise beispielsweise lassen sich online beantragen und zu Hause ausdrucken. Die wachsende Zahl weißer statt grüner Bescheinigungen hinter den Windschutzscheiben belegt, dass Autofahrer den Service annehmen.
Den Gang zum Bürgeramt überflüssig zum machen, ist eines der Reformziele. Mindestens so wichtig ist es, die internen Bearbeitungszeiten zu verringern. Dafür werden Verfahren digitalisiert und vereinfacht. Die Verwaltung setzt auf die elektronische Akte für Baugenehmigungen, die mit einem Mausklick von Amt zu Amt geschickt werden kann. Das Umweltamt habe seine Bearbeitungszeit für die Prüfung von Bauantragsunterlagen bereits um 25 Prozent reduziert, die Genehmigung von Veränderungen an denkmalgeschützten Gebäuden sei vereinfacht worden.
Hunderte unbesetzte Stellen, vor allem in technischen Berufen, erschweren die Reform. Die Gehälter des öffentlichen Dienstes bleiben nun einmal hinter denen der Privatwirtschaft zurück. Die Verwaltung bemüht sich deshalb verstärkt, sich als attraktiven Arbeitgeber darzustellen.
Wohnen: Wirksame Mittel fehlen
Der Kölner Wohnungsmarkt ist angespannt wie nie zuvor. Insbesondere in der Innenstadt und den innenstadtnahen Vierteln ist es schwierig, eine Wohnung zu finden. Sollte das dennoch gelingen, wird es teuer. Der Druck nimmt inzwischen auch in den Außen-Stadtteilen zu. Wer ein Haus bauen will, sieht sich nach geeigneten Grundstücken im weiteren Umland um.Die Stadt hat bislang kein wirksames Mittel gefunden, der Wohnungsknappheit zu begegnen. Weder die Wohnungsbauleitstelle noch Mittel wie das kooperative Baulandmodell, das bei größeren Vorhaben einen 30-Prozent-Anteil an geförderten Wohnungen sicherstellen soll, haben bislang gegriffen.
Auch die Konzeptvergabe, die zum Beispiel Genossenschaften helfen soll, mit einem guten Ansatz städtische Grundstücke zu kaufen und mit Wohnungen zu bebauen, hat noch keine Ergebnisse hervorgebracht, die eine Wende auf dem Wohnungsmarkt herbeiführen konnten.
Baudezernent Markus Greitemann und sein Team haben noch viel Arbeit vor sich, um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Ein Anfang könnte die viel beschworene digitale Bauakte sein, denn es dauert in Köln nach wie vor zu lange, um eine Baugenehmigung zu bekommen. Das frustriert Bauherren und schreckt Investoren ab. Sollte dieser Prozess endlich beschleunigt werden, wäre zumindest eine Hürde im Wohnungsbau vom Tisch.
Gewinnerin: Henriette Reker
Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat sich entschieden, bei der Kommunalwahl in knapp einen Jahr für eine zweite Amtszeit zu kandieren. Das allein ist noch kein Grund, sie zur Gewinnerin der zurückliegenden drei Monate zu küren. Was die parteilose Reker über die bloße Ankündigung hinaus für sich verbuchen kann, ist die Entscheidung der CDU und der Grünen, sie erneut im Wahlkampf zu unterstützen. Mit ihrem Amtsbonus sowie den beiden Parteien an ihrer Seite dürfte die 62-jährige als Favoritin in die Wahl gehen; das gilt umso mehr, da es der SPD schwer fällt, einen Herausforderer mit Zugkraft zu finden.
Im Gegensatz zur FDP und zu den Freien Wählern hält das schwarz-grüne Bündnis an der Idee einer gemeinsamen Bewerberin fest. In der CDU ist der Zuspruch sogar noch geringfügig gewachsen. 97,8 Prozent der Mitglieder stimmten für Reker. Allerdings war die Versammlung diesmal wesentlich schwächer besucht. Was immer der Grund für die schwache Beteiligung gewesen sein mag, Reker darf sich sowohl von der CDU als auch von den Grünen in ihrer Arbeit bestätigt fühlen.
Verlierer: Axel Freimuth
Der Sekt war kaltgestellt; niemand rechnete ernsthaft damit, dass man nicht auch die Korken knallen würden. Doch dann kam völlig überraschend die Nachricht aus dem Bonner Wissenschaftszentrum: Die Kölner Uni ist ihren Titel als „Exzellenz-Universität“ los. Rektor Axel Freimuth, studierter Physiker und seit 2005 Chef der Kölner Uni, musste mit seinem Team ein schwere Niederlage hinnehmen. Die Enttäuschung war groß. Die Uni durfte sich sieben Jahre mit dem Titel schmücken, mit dem rund 15 Millionen Euro pro Jahr an zusätzlichen Fördergeldern verbunden waren. Projekte wie ein Zentrum für Wissenschaftskommunikation oder Projekte im Bereich der Gleichstellung und Internationalisierung können nun nicht durchgeführt werden. Schlimmer als die finanziellen Einbußen ist jedoch der Imageverlust.
Die Uni in Köln gehört nicht mehr zu den besten in Deutschland. Die Exzellenz-Initiative ist ein Förderprogramm von Bund und Ländern. Insgesamt hatten sich 63 Hochschulen beworben. Elf wurden von einem Gremium mit Experten und Wissenschaftsministern ausgewählt.