AboAbonnieren

Ein Albtraum kommt ins KinoEntführung des Kölners Johannes Erlemann wird verfilmt

Lesezeit 3 Minuten

Vor dieser Bank im Forstbotanischen Garten wurde Erlemann gefangen.

Kölner – Wo waren Sie am 7. März 1981? Johannes Erlemann steckte in einer Holzkiste. Voller Angst und Panik, gefesselt, in Kälte und Dunkelheit, vergraben irgendwo am Nationalpark Eifel, in einem vermeintlich verlassenen Holzverschlag. Der Elfjährige kam frei. Doch die Albträume halten ihn heute noch gefangen. Jetzt will Veronika Ferres das Drama, das Köln und Deutschland bewegte, verfilmen. Zum 40. Jahrestag des spektakulären Entführungsfalls kehrte Erlemann an den Ort des Geschehens zurück. Im „Express“ sprach er über die Todesangst, die sich ganz tief in seine Seele einbrannte.

Nutella als einziger Halt

„Als ich da in der Ortschaft Schmidt bei Nideggen vor dieser Holzhütte stand, in der ich als Kind begraben war, musste ich Rotz und Wasser heulen“, erzählt der Familienvater. „Der ganze Schrecken kam wieder hoch. Da merkte ich: Die Entführer saßen ihre Strafe ab und sind frei. Ich aber habe lebenslänglich. Die haben mir damals solche Angst gemacht.“

DIe Chronologie

6. März 1981: Der elfjährige Johannes Erlemann, Sohn des Ex-KEC-Präsidenten Jochem Erlemann, wird im Forstbotanischen Garten entführt. Männer zerren ihn vom Rad, betäuben ihn, verkleben sein Gesicht und flüchten im Lieferwagen.

10. März 1981: Die Entführer schicken einen Brief mit einer Kassette (mit Erlemanns Stimme darauf) an die Familie. Die Entführer fordern drei Millionen Mark Lösegeld.

21. März 1981: Mutter Gabi Erlemann deponiert das Geld in einem Holzkasten im Dünnwalder Tierpark. Weil die Kiste ohne Boden über einem Schacht zu einem Kanal zum Rhein bei Stammheim steht, können die Täter mit dem Geld im Boot entkommen. Johannes Erlemann setzen die Entführer bei Mönchengladbach aus.

8. Mai 1981: Die Entführer, drei Brüder und ein Helfer, werden verhaftet. Die Polizei findet einen Teil des Lösegelds.

22.9.1981: Prozessbeginn vor dem Landgericht. Der Hauptangeklagte erhält zehn Jahre Haft, seine Helfer müssen acht und drei Jahre Haft absitzen.

Zwei Wochen lang eingepfercht in einer Kiste, in Handschellen, in absoluter Finsternis. Sein einziger Halt: Ein Glas Nutella, das er mit in seinem Verlies hatte. „Ich kratzte da Stücke raus, die gefroren waren, so kalt war es. Ich sprach mit dem Glas, da ich sonst niemanden hatte. Es war wie im Film »Cast Away« mit Tom Hanks, der einsam auf einer Insel war und zu Wilson, einem Volleyball, eine Beziehung aufbaute.“

Erlemann kann über das Verbrechen gelassen sprechen, tat es auch schon in diversen Talkshows – von Maischberger über „XY ungelöst“ bis Jauch. Doch wenn er allein ist und die Augen schließt, ist der Horror im Kopf wieder da: „Es sind blutrünstige Albträume von Mord und Totschlag. Oft muss ich mich im Schlaf aus meinen Träumen schreien. Ich habe Angst, dass ich da sonst nicht rauskomme.“

Film als Therapie

Für Erlemann soll es nun „eine Art Therapie“ sein, einen Film über sein Schicksal zu drehen. Mit der von Veronika Ferres gegründeten „Construction Filmproduktion“, die in München und Beverly Hills (USA) sitzt und nationale und internationale Streifen herausbringt, will er einen biografischen, tiefgründigen Thriller machen: „Schwierig wird es, die Angst in einer dunklen Holzkiste nachzustellen. Wo kein Licht ist, ist ja nichts zu sehen.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Der „Express“ konnte mit dem Entführer, der heute ein erfolgreicher Geschäftsmann ist, telefonieren. Der sagte: „Was Herrn Erlemann widerfahren ist, bedaure ich zutiefst.“ (red)