AboAbonnieren

„Rapido“ durch KölnFahrradkuriere sind im dichten Verkehr oftmals die schnellsten

Lesezeit 4 Minuten

Er bleibt garantiert nicht im Stau stecken: der Chef des Fahrradkurierdienstes „Rapido“, Thomas Kehr.

Köln – Es gibt derzeit nicht viele Verkehrsteilnehmer in Köln, die für die Verkehrspolitik der Stadt ein Lob übrig haben. Thomas Kehr ist einer von ihnen. „Köln ist nicht zu groß, hier ist es flach, und die Situation für Fahrradfahrer auf den Straßen hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert“, sagt der Gründer und Chef des Kölner Fahrradkurierunternehmens „Rapido“ mit Sitz an der Maastrichter Straße. „Es gibt viel mehr Fahrradwege und entgegen der Fahrtrichtung durfte man in eine Einbahnstraße früher grundsätzlich auch nicht fahren“, sagt er. Er muss es wissen, denn seinen Beruf übt der heute 60-Jährige bereits seit 1986 in Köln aus.

Aus dem kleinen Büroraum in einem Hinterhof nahe des Brüsseler Platzes schallt Rockmusik aus einer Stereoanlage, ein veralteter Computerbildschirm steht neben zwei Telefonen auf einem Schreibtisch. Es riecht nach Gummi und Öl, denn der Hauptraum nebenan in der Zentrale der Rapidos geht nahtlos über in einen Materialraum mit Werkstatt. Fahrradfelgen, Schläuche und ganze Rahmen liegen und stehen dort. An einer Wand, unter einer Reihe an Haken aufgehängter Transportrucksäcke- und Taschen, stehen ein altes Ledersofa und ein Wohnzimmertisch. „Das ist unsere Kommandobrücke“, sagt Kehr mit einer ausladenden Armbewegung durch sein Reich.

100 bis 140 Fahrten am Tag

Der 60-Jährige überlässt auch heute noch nicht alle der 100 bis 140 Fahrten pro Tag seinen vier Angestellten. „Mittlerweile bin ich aber hauptsächlich Disponent und verteile von hier aus die Aufträge, die reinkommen“, sagt Kehr.

Das Geschäft mit Postdienstleistungen aller Art boomt – kaum eine Ware, die nicht noch am selben, spätestens aber am Folgetag an den gewünschten Zielort geliefert werden kann. Das macht das Kuriergeschäft zwar hart und umkämpft, trotzdem behaupten sich Thomas Kehr und seine Kollegen bei Rapido seit mehr als 30 Jahren. Ihr Erfolgsrezept: Ihre Logistik ist kaum von Verkehrsproblemen wie Baustellen und Staus beeinträchtigt. Die glorreiche Ära der Fahrradkuriere ist zwar vorbei“, räumt Kehr ein.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Die Digitalisierung wirkt sich auch auf unser Geschäft aus, viele Sendungen müssen nicht mehr physisch, sondern können per Internet übermittelt werden.“ Trotzdem sind es vor allem Stammkunden, die auf die Dienste des 60-Jährigen setzen. So liefern die Rapidos regelmäßig Medikamente für und von Apotheken, Proben aus Krankenhäusern für Labors und zurück, aber auch persönliche Steuerunterlagen finden häufig Platz in den großen Rückentaschen der Kuriere. „Ich kenne fast alle Kunden persönlich“, sagt Kehr.

Ohne Preis kein Fleiß. Nach diesem Grundsatz arbeitet und lebt Thomas Kehr. Seine Mitarbeiter verdienen ein festes Gehalt und sind alle versichert. Das hält den Leistungsdruck für sie zwar in Grenzen, verursacht aber auch unabhängig von der Auftragslage Kosten. „Wir sind nicht die günstigsten Radkuriere dieser Stadt, aber das ist in Ordnung so“, sagt Kehr.

Ihre Fahrten führen die Rapidos vor allem zu Zielen links des Rheins, auf der rechten Seite werden nur gelegentlich Mülheim, Deutz, Kalk oder Poll angesteuert. „Weiter raus zu fahren lohnt sich von unserem Standort aus nicht mehr“, sagt Thomas Kehr.

Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, Motivation und Effektivität seien wichtig, wenn man Erfolg haben will, so der Rapido-Chef. Dazu Pünktlichkeit und Individualität. „Der Kunde kann Ort, Zeit und Ziel der Lieferung festlegen. Und bei Bedarf sind auch spontane Änderungen unproblematisch.“ Eigenschaften, die gefragt sind – und nach mehr als 30 Jahren haben sich die Rapidos in Köln einen Namen erarbeitet.

Edelsteine oder Medikamente

Edelsteine, Methadon für Arztpraxen und sogar Bratenspezialitäten für eine Feiergesellschaft gehören zu den Kuriositäten, die Kehr und seine Mitstreiter im Lauf der Zeit bereits ausgeliefert haben. Für große Fracht steht notfalls auch ein Anhänger in der Kurier-Zentrale bereit – und wenn es mal weit und zeitlich eng wird, haben alle Rapidos auch ein Ticket für die S-Bahn bei sich. Unfälle hat es dabei natürlich auch gegeben, dreimal hat Kehr selbst schwere Crashs erlebt.

Das Image vom „Rambo der Straße“ ist Kehr zufolge aber ein veraltetes Vorurteil. „Wir lieben die Geschwindigkeit und das Hochgefühl, dass sich einstellt, wenn Du mit dem Rad eine Einheit bildest und überall glatt durchkommst.“ Diese Leidenschaft werde ausgelebt, aber natürlich gehe Sicherheit vor und es werde nicht rücksichtslos gefahren. Kehr selbst ist überzeugter Helmträger. „Der Verkehr in Köln ist schon aggressiv, die Stadt sollte auch noch fahrradfreundlicher werden, besonders in der Innenstadt“, sagt er.

So lange auf den Straßen aber nicht alles flüssig läuft, gibt es auch weiterhin Bedarf an den Diensten, die Thomas Kehr und seine Kollegen auf ihren Rennrädern anbieten. Darum gilt für die Rapidos auch weiterhin das Motto: Geliefert wird alles, was in die Tasche eines Fahrradkuriers passt.