Köln früher und heuteIm Volksgarten herrschten strenge Sitten
- In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
- In dieser Folge geht es um den Volksgarten in der Kölner Südstadt, der Ende des 19. Jahrhunderts angelegt wurde.
- Die abwechslungsreiche Grünanlage war für die Bürger der Stadt dazu da, zu sehen und gesehen zu werden.
Köln – Die Kölner Neustadt, die ab 1881 entsteht, ist eng und kompakt. Die Häuser stehen dicht an dicht, denn die dringend benötigte Stadterweiterung ist auf das recht schmale Band zwischen der neuen Ringstraße und dem Eisenbahnring begrenzt. „Der Druck war so groß, dass man eigentlich die gesamte Stadterweiterungsfläche hätte bebauen wollen“, sagt Joachim Bauer vom Grünflächenamt. Doch die Stadtplaner lassen trotzdem Platz für ein paar grüne Oasen, die schon damals für wichtig erachtet werden. Genauer gesagt sind es vier: der Römerpark am Rheinufer, der Stadtgarten, der heutige Rathenauplatz und der Volksgarten.
Der Volksgarten in der Südstadt, angelegt zwischen 1887 und 1889, ist die größte dieser Neustadt-Oasen und „eine ganz besondere Anlage“, wie Joachim Bauer findet. Weil er sich am Ende einer alten Rheinrinne befindet, die sich weiter nach Süden ausdehnt, liegt der Volksgarten einige Meter tiefer als seine Umgebung. „Das war für die Anlage ein Gewinn, weil man mit den Höhenunterschieden wunderbar arbeiten konnte“, so Bauer.
Ein grünes Fort
Der Entwurf für die Parkgestaltung stammt von Gartenbaudirektor Adolf Kowallek, der im Volksgarten etwas umsetzt, was bis dahin noch keiner tat, später im äußeren Grüngürtel oder im Friedenspark aber gängige Praxis wurde: Er lässt das militärisch nicht mehr benötigte Fort IV in die Parkanlage integrieren. „Das Fort wurde in ein grünes Fort umgewandelt“, so Joachim Bauer. Teile der Festungsbauten sind noch heute zu sehen.
Restaurant am Eifelplatz
Die Wegeführung ähnelt der Form einer Brezel, in der Mitte entsteht ein großer Weiher. Am Eifelplatz wird ein stattliches Restaurant mit Biergarten gebaut, in dem sich die Kölner an den Sonntagen vergnügen, wenn sie nicht gerade spazieren gehen oder eine Bootstour unternehmen. „Man hat sich fein angezogen, schlenderte auf den Brezelwegen und genoss die gestaltete Natur“, so der stellvertretende Leiter des Grünflächenamts. Im standesbewussten ausgehenden 19. Jahrhundert ist die Südstadt-Anlage dazu da, zu sehen und gesehen zu werden. Der Volksgarten war eine bürgerliche Bühne mit strengen Sitten: Auf die Idee, auf die Rasenflächen zu treten, wäre damals niemand gekommen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Darüber wachte auch Adolf Kowallek, der in der Orangerie des Volksgartens seine Wohnung hatte. Das Restaurant ist im Zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wiederaufgebaut worden, die Orangerie, in der früher Zierpflanzen überwinterten, dient heute als Theater.
Erholung im Vorgebirgspark
Einige Jahre nach dem Volksgarten entstand südlich von ihm der Vorgebirgspark. Hier durften die Wiesen betreten werden, außerdem gab es eine Spielwiese und ein Planschbecken. Die Zeiten hatten sich geändert: War der Volksgarten angelegt worden, um zu repräsentieren, war der Vorgebirgspark ein Ort aktiver Erholung. Aber diesen Zweck erfüllt der Volksgarten mittlerweile auch ganz gut.