Köln früher und heuteMakabere Menschenaustellungen in Kölner Vergnügungspark
Allzu viel zu lachen gab es in den 1920er Jahren eigentlich nicht, angesichts der zahlreichen wirtschaftlichen Verwerfungen, mit denen die Deutschen zu kämpfen hatten. Wahrscheinlich hatte der Amerikanische Vergnügungspark in Riehl gerade deshalb so großen Erfolg: Er bot für ein paar Stunden Abstand zu den Zumutungen des Alltags.
Allein 1921 kauften sich zwei Millionen Menschen eine Eintrittskarte für das Amüsierquartier zwischen Riehler Straße, Frohngasse, Neusser Glacis und Florastraße. Flora und Zoologischer Garten sorgten direkt nebenan für gepflegten Zeitvertreib, im Vergnügungspark indessen ging die Post etwas derber ab.
Gebäude aus Holz für den Verteidigungsfall
Los ging es schon 1908 mit einer großen Rodelbahn auf dem Grundstück der Gaststätte Hohenzollerngarten, die so großen Anklang fand, dass kurze Zeit später eine Wasserrutschbahn und eine Achterbahn folgten.
„Die riesige Holzkonstruktion der Achterbahn mit ihren künstlichen Felsen war auch ein optischer Höhepunkt des Geländes und der Namensgeber des Parks, da der Entwickler ein Amerikaner war“, so der Riehler Stadtteil-Historiker Joachim Brokmeier. Da die von einer privaten Gesellschaft betriebene Anlage im militärischen Rayonbezirk lag, mussten alle Gebäude aus Holz errichtet werden, damit sie im Verteidigungsfall schnell niedergelegt werden konnten. Die Folge waren häufige Brandschäden, 1913 etwa brannte das „Holländische Likörhaus“ ab.
Makabere Menschen-Ausstellungen
Darüber hinaus standen dem Feiervolk eine Münchner Bierhalle, eine „Enzian-Hütte“, eine altkölnische Bierhalle oder das Brauhaus Dünnwald zur Verfügung. Aus heutiger Sicht äußerst zweifel- und klischeehaft waren die Völkerschauen: Chinesen posierten in einem Chinesen-Dorf vor einer „Opium-Höhle“, Afrikaner in einem „Kongo-Kamerun-Neger-Dorf“ und Kleinwüchsige in einer „Zwergstadt“.
Solche Menschen-Ausstellungen nennt Joachim Brokmeier makaber – aber sie seien dem Zeitgeist und der Neugierde der Besucher entsprungen, die noch keinen Zugang zur weiten Welt durch Internet, Fernsehen oder Fernreisen hatten.
Die Party endete 1914 jäh mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Sämtliche Vergnügungsveranstaltungen wurden eingestellt und der Park als Kaserne genutzt. Doch danach ging es weiter. Aus dem Amerikanischen Vergnügungspark wurde der Luna-Park. Einen Musikpavillon gab es ebenso wie ein Spiegelkabinett, einen Tanzpalast und Kino-Vorführungen, die Tiere oder Modeschauen zeigten.
Verlassen der Besatzer der Anfang vom Ende
„Es fanden aber auch andere Veranstaltungen dort statt, wie zum Beispiel Boxkämpfe mit Max Schmeling, Sechsstundenschwimmen auf dem See der Wildwasserrutsche, Damen-Boxkämpfe oder auch Kaninchenausstellungen“, so Joachim Brokmeier. Als Ersatz für das kriegsbedingt fehlende Münzgeld gab der Park eigenes Notgeld aus und wies als Zugeständnis an die englischen Besatzungskräfte die Preise in Englisch aus.
1927 wird in einer Anzeige im „Kölner Stadt-Anzeiger“ noch einmal eine „Original-Araber-Völkerschau“ mit Kaffeeröster, Bauchtänzern oder „Feuerfressern“ in einem orientalischen „Araber-Dorf“ angepriesen. Kurze Zeit später ist es vorbei mit dem Riesenrummel. Die englischen Besatzer verlassen Köln und nehmen eine Menge Kaufkraft mit.
Das könnte Sie auch interessieren:
Die Besucherzahlen gehen zurück. Auch die brandgefährlichen Holzbauten stellen noch immer eine Gefahr dar. Nicht zuletzt will die Stadt den Inneren Grüngürtel bis zum Rhein ausbauen. Arbeitslose reißen Ende 1927 die Attraktion nieder. Geblieben ist eine Grünfläche, die von Amsterdamer Straße, Riehler Straße, Zoobrücke und viel Verkehr gerahmt wird – kein besonderes Vergnügen.