Köln – Der Verkehr von Mülheim nach Riehl lief damals keineswegs so reibungslos wie es auf dem historischen Foto den Anschein hat. Es handelte sich um eine der letzten Postkarten, die von der Mülheimer Schiffbrücke verschickt wurden. Datiert ist sie auf den 7. Juli 1927, da gab es die hölzerne Überfahrt schon fast drei Wochen lang nicht mehr. „Der Bau der ersten Mülheimer Hängebrücke hatte zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen“, sagt der Riehler Stadtteil-Historiker Joachim Brokmeier.
1929 wurde diese Hängebrücke feierlich in Betrieb genommen. Endlich schwankte der Boden nicht mehr, wenn Autofahrer und Fußgänger die Rheinseite wechseln wollten. Doch schon 15 Jahre später, der Zweite Weltkrieg neigte sich seinem Ende entgegen, wurde das elegante Bauwerk bei einem Luftangriff zerstört. 1951, nach nicht einmal zweijähriger Bauzeit, war die zweite Mülheimer Brücke fertig. Sie steht nun seit 70 Jahren, ist wegen der laufenden Sanierung aber nur eingeschränkt nutzbar.
Ordnungsgemäßer Betrieb kaum möglich
Über solche Probleme hätten sich die Kölner zur Zeit der Schiffbrücke wohl regelrecht gefreut. „Teile dieser Brücke mussten, wenn ein Schiff die Stelle passieren wollte, ausgefahren werden“, sagt Joachim Brokmeier: „Da das bis zu 30 Mal täglich geschah, war ein ordnungsgemäßer Betrieb kaum möglich.“ Immer wieder bildeten sich an den Zufahrten Staus. Auch bei Hochwasser war die Passage unmöglich.
Dabei bedeutete die Schiffbrücke für die Mülheimer bereits eine deutliche Verbesserung. Jahrhunderte lang hatte es zwischen der damals noch selbstständigen Stadt Mülheim und dem linksrheinischen Ufer nur Fährverbindungen gegeben. Wegen des gestiegenen Fahrgastaufkommens kaufte die Stadt Mülheim der Stadt Mainz 1885 eine gebrauchte Brücke ab, legte sie in Höhe der Stöckerstraße an und nahm sie drei Jahre nach etlichen Hindernissen später in Betrieb.
Überquerung kostete vier Pfennig
Vierzig im Rhein verankerte Schwimmkörper (Pontons) hielten die Holzkonstruktion über Wasser. Musste ein Schiff passieren, wurden bis zu vier motorisierte Pontons ausgefahren. Eine ähnliche Konstruktion verknüpfte von 1822 bis 1915 die Altstadt mit Deutz. 1859 ging zusätzlich die Dombrücke in Betrieb – der Vorgängerbau der Hohenzollernbrücke war die erste feste Rheinüberquerung seit der Römerzeit.
Die Mülheimer gaben sich mit weniger zufrieden. Vorerst jedenfalls. Inklusive Transport und anderer Vorbereitungen ließen sie sich ihre Pontonverbindung 175 000 Mark kosten, umgerechnet etwa 1,3 Millionen Euro. Die Nutzung kostete zunächst für Fußgänger vier Pfennig. Für Kleinvieh waren drei Pfennig zu bezahlen, für Rindvieh und Esel zehn Pfennig und für beladene Zweispänner 60 Pfennig. Wegen der Brandgefahr war das Rauchen streng untersagt.
Der Rhein als ständiges Problem
Feuer war allerdings das geringste Problem: Schon am Eröffnungstag beschädigte ein durchfahrendes Schiff die Neuerwerbung und machte sie tagelang unbrauchbar. Immer wieder funkte auch der Rhein dazwischen. Ende 1919 zum Beispiel wurde der Brückenkopf bei Hochwasser überflutet. Mitte der 1920er Jahre erlitt die Brücke bei Eisgang starke Beschädigungen. „Einige Pontons wurden abgetrieben und kamen erst mit einigen Besatzungsmitgliedern führungslos in Merkenich an Land“, so Joachim Brokmeier.
Dabei wurde die Rheinüberführung dringend gebraucht. Allein 1910 nutzten rund 755 000 Fußgänger das anfällige Bauwerk, dazu kamen 100 000 Wagen und Karren. Im Eingemeindungsvertrag von 1914 ließen sich die Mülheimer von den Kölnern deshalb eine feste Brücke zusichern. Wegen des Ersten Weltkriegs ging der Wunsch zwar verspätet in Erfüllung. Aber 1927 wurde die erste Mülheimer Hängebrücke endlich gebaut und die Epoche der Pontons nahm ein Ende.