In unserer Serie „Köln früher und heute“ stellen wir wichtige Kölner Bauwerke, Plätze und Siedlungen vor. Diesmal: das Alpinum.
Köln früher und heuteWissenschaft und Freizeit in den „kölschen Alpen“ im Botanischen Garten

Das Alpinum im Botanischen Garten, ca. 1925.
Copyright: Sammlung Gulich
Ein Schwarz-Weiß-Foto wird dem Botanischen Garten natürlich kaum gerecht. Gerade jetzt, im Frühjahr, bringt er seine Farbenvielfalt explosionsartig zur Geltung. Aber so war nunmal der technische Standard Ende der 1920er Jahre: Man lernt den Botanischen Garten, hier speziell das Alpinum mit dazugehörigem Weiher, also in verschiedenen Grautönen kennen.
Das Alpinum, auch als „Kölsche Alpen“ bekannt, ist die Felslandschaft, die den Botanischen Garten im Norden wirkungsvoll abschließt. Das Alpinum gehört zum Originalbestand des vor 111 Jahren in unmittelbarer Nachbarschaft zur Flora und zum Zoo angelegten Pflanzenparadieses. Da sich zumindest in diesem Bereich seitdem wenig verändert hat, ist die Beschreibung des „Kölner Local-Anzeigers“ vom 29. Juni 1914 noch immer gültig: „Wir wenden uns jetzt nach rechts und gehen über einen wohlgepflegten Weg zu der großartigen Alpenpartie, durch die sich der Garten wohl hauptsächlich von den übrigen Anlagen unterscheidet. Der Hauptfelsen, der eine Höhe von nahezu acht Metern erreicht, ist an jeder Seite von zweifelsigen Hügeln umgeben. Hoch oben entspringt ein anmutiger Gebirgsbach, der über die Felsen herunter steil zu Tal rauscht und den vor der Partie gelegenen Weiher mit Wasser versorgt. Die Bepflanzung der Partie ist die denkbar schönste. Fast alle Alpenpflanzen gedeihen hier in seltener Pracht.“
Alpine Pflanzen haben es im Rheinland nicht leicht
Es waren italienische Baumeister, die große und mittelgroße Kalkstein-Brocken aus Steinbrüchen nahe Wülfrath mithilfe von Mörtel zu einem künstlichen Gebirge formten. Hier gedeihen robuste Pflanzen, wie sie sonst nur in höheren Lagen zu finden sind, säuberlich sortiert nach Herkunftsregionen. Die Pyrenäen-Gamander (Teucrium pyrenaicum) ist hier ebenso zu Hause wie der winterharte „Stolz der Berge“ (Penstemon kunthii) aus Mexiko oder der immergrüne und ebenfalls winterharte Zwerg-Jasmin (Jasminum parkeri) aus dem Himalaya.

Die 'Kölschen Alpen' existieren seit 111 Jahren unverändert.
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Die Palmen ganz in der Nähe fühlen sich wohl, während es Enzian, Edelweiß und Co. nicht leicht haben. „Es war noch nie einfach, im Rheinland alpine Pflanzen zu zeigen“, sagt Kirsten Finkel, Gärtnermeisterin des Botanischen Gartens. Unter einer konstanten Schneedecke fühlten sich die Gewächse am wohlsten, garantiere sie doch gleichbleibende Temperaturen und optimale Feuchtigkeitswerte.
Doch Schnee ist selten hierzulande. Zum Glück könne den Pflanzen als Ausgleich mit mineralischem Boden etwas Gutes getan werden, so die Expertin: „Das Wasser läuft hier schnell ab.“ Ein wenig Luftfeuchtigkeit spendiert derweil der vorgelagerte Weiher, bei besonderer Trockenheit können die kölschen Alpen zusätzlich mit einer Sprühnebelanlage aus den 1950er Jahren befeuchtet werden. Aber der Klimawandel lässt sich nicht komplett aus der Welt schaffen: Konnten anfangs noch Pflanzen aus Hochgebirgen in Riehl überleben, mussten sie in den vergangenen 20 Jahren zunehmend durch Arten aus mittleren Regionen ersetzt werden.
Menschen suchen „Belehrung und Erquickung“
Der Botanische Garten dient nicht nur der Erholung, sondern auch Forschung und Lehre. In der „Grünen Schule Flora“ unterrichten Lehrkräfte pro Jahr rund 7500 Schüler in botanischen und umweltrelevanten Themen. In Köln wird der erste Garten für wissenschaftliche Zwecke schon im Jahr 1530 zwischen der Zeughausstraße und der Gereonstraße angelegt.
Ab 1801 gibt es einen botanischen Garten am Dom, der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder aus dem Stadtbild verschwindet, weil an dieser Stelle der Central-Personen-Bahnhof als Vorgänger des heutigen Hauptbahnhofs gebaut wird. Ab 1892 entsteht auf Veranlassung des Botanikers Peter Esser an der Vorgebirgsstraße ein 2,2 Hektar großer „Zentralschulgarten“, der später auf vier Hektar erweitert wird. Mit dem Ausbau der Eisenbahn verliert auch er wieder an Fläche, woraufhin die Stadt neben der Flora, dem „Zier- und Lustgarten“, für Ersatz sorgt.
Hier ist längst eingetreten, was der „Kölner Local-Anzeiger“ vor 111 Jahren prophezeite: „Zeigt sich also der Garten schon in diesem Jahre in seinem besten Gewande, so wird er wohl in ein bis zwei Jahren, wenn Bäume und Sträucher ausgewachsen sind, das Ziel vieler Menschen werden, die dort Belehrung und Erquickung suchen.“