Der Konsum der extrem scharfen Chili-Chips kann gefährliche gesundheitliche Folgen haben.
Gefährlicher Tiktok-TrendHot-Chip-Challenge sorgt für Zwischenfälle an Kölner Schulen
An den Kölner Schulen wird vor einem neuen Tiktok-Phänomen gewarnt: Bei der sogenannten Hot-Chip-Challenge geht es um den Wettbewerb unter Schülerinnen und Schülern, wer Chips herunterbekommt, die mit dem schärfsten Chili der Welt gewürzt sind. Die entsprechenden Chips sind mit Capsaicin gewürzt, das 500 Mal schärfer sein soll als Tabasco-Sauce. Bei dem Internet-Phänomen werden in der Regel die Reaktionen der Jugendlichen beim Verzehr gefilmt und als Tiktok-Video veröffentlicht.
Dass es sich keineswegs um einen harmlosen Wettbewerb unter Pubertierenden handelt, konnten etwa die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Chorweiler erleben: Dort fuhr der Krankenwagen auf dem Schulhof vor, nachdem ein Sechstklässler einen solchen Chili-Chip verzehrt hatte. Die anschließenden Symptome waren so stark, dass der Junge vorsorglich zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht wurde. Auch am erzbischöflichen Irmgardis-Gymnasium gab es zwei Vorfälle, wobei unter anderem ein Achtklässer, angefeuert von seinen Mitschülern, auf dem Schulhof einen solchen Chip probiert hatte.
Blutdruck kann nach Konsum bedrohlich ansteigen
Dabei setzten die Kölner Schulleitungen sofort offensiv auf Aufklärung. Der Chorweiler Schulleiter Rolf Grisard trommelte sein Kollegium zusammen und sorgte dafür, dass alle Lehrkräfte die Gefahren der Challenge mit ihren Klassen und Kursen besprechen. Parallel dazu wurden alle Eltern informiert, damit auch zu Hause über das Thema gesprochen wurde. Er habe unmissverständlich deutlich gemacht, dass der Schutz der Gesundheit in der Schule für alle das Wichtigste sei, erläutert Grisard. Seither sei nichts mehr vorgefallen.
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Die Schulleiterin des Irmgardis-Gymnasiums, Jacqueline Friker, nutzte die Elternpflegschaftssitzung, um alle Eltern schnellstmöglich über die in den sozialen Netzwerken verbreiteten Mutproben zu informieren und über die gesundheitlichen Risiken der extrem scharfen Lebensmittel hinzuweisen. Außerdem wurde mit Flyern und einer Eltern-Mail auf die Mutproben hingewiesen.
Denn es handelt sich keinesfalls um harmlose Lebensmittel: Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung setzen die Jugendlichen mit dem Verzehr ihre Gesundheit aufs Spiel. Problematisch ist der Inhaltsstoff Capsaicin: In geringen Mengen sorgt dieses für Magenkrämpfe, Erbrechen und Durchfall. In hohen Mengen steigt allerdings der Blutdruck innerhalb kürzester Zeit so stark an, was im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein kann. In den USA starb vor zwei Wochen ein 14-Jähriger im Krankenhaus, nachdem er an der Chip-Challenge teilgenommen hatte. Gleichzeitig ist es gesundheitlich bedenklich, sich etwa ins Gesicht zu fassen, nachdem man den Chip in der Hand hatte: Wer sich Bestandteile des Chili-Pulvers in die Augen reibt, kann seine Augen schädigen.
Neben der Hot-Chip-Challenge warnt die Polizei derzeit in Nordrhein-Westfalen noch vor einem weiteren Tiktok-Phänomen: Bei der Deo-Challenge sprühen sich Jugendliche das Deo so lange auf die Haut, wie sie können. Dabei können die in den Sprüh-Deos enthaltenen Chemikalien schwere Verbrennungen auf der Haut verursachen. Bei einer weiteren Variante sprühen sich die Jugendlichen das Deo in die Atemwege. Auch hier können die Folgen drastisch sein: Bewusstlosigkeit, Atemlähmung, Herzversagen. Im nordrhein-westfälischen Coesfeld ist nach einer solchen Challenge bereits ein Jugendlicher zu Tode gekommen.
Die beiden Challenges sind nur die neuesten Phänomene einer inzwischen langen Reihe solcher Tiktok-Wettbewerbe, die in Köln teilweise über den Wettbewerb hinaus zu Sachbeschädigung und Körperverletzung führten: Bei der Toiletten-Challenge wurden Schultoiletten mutwillig beschädigt, die sogenannte „Arschbohrer-Challenge“ überschritt körperliche Grenzen, indem ahnungslosen Jugendlichen ein Finger in den Po gesteckt und ihre Reaktion gefilmt wurde.
Die Herausforderung sei, immer auch zeitnah mitzubekommen, wenn eine solche neue Challenge umgehe, sagt Schulleiter Grisard. Am Ende sei der Weg, die digitale Medienkompetenz zu stärken, betont Friker. Daher gebe es an ihrer Schule für Acht- und Neuntklässler eine Ausbildung zum Medienscout. Inzwischen gibt es sogar Schulbücher, die im Politik-Unterricht der 8. Klasse den gefährlichen Trend der Tiktok-Challenges aufgreifen.
Fast die Hälfte aller 12- bis 19-Jährigen nutzt Tiktok in Deutschland täglich oder mehrfach pro Woche, so die Ergebnisse der jüngsten Studie „Kinder, Internet, Medien“ (KIM). Dabei scheinen soziale Anerkennung und das Beeindrucken anderer für Jugendliche zentrale Motivationsfaktoren zu sein, an Challenges teilzunehmen. Das ergab eine von Tiktok in Auftrag gegebene Umfrage, bei der die Hälfte der Befragten angab, dass der Wunsch, andere zu beeindrucken ein wichtiger Grund zur Teilnahme sei.