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„Erwarten Bekenntnis zur Industrie“Kölner Wirtschaftsakteure kritisieren Ratsbündnis und wollen mitbestimmen

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Uwe Vetterlein (IHK), Dirk Wasmuth (Arbeitgeber), Witich Roßmann (DGB), Garrelt Duin (Handwerkskammer) bei einer Pressekonferenz

Uwe Vetterlein (IHK), Dirk Wasmuth (Arbeitgeber), Witich Roßmann (DGB), Garrelt Duin (Handwerkskammer) (v.l.)

Zur Halbzeit des Ratsbündnisses kritisieren Wirtschaftsverbände die Politik scharf. Köln versinke im Klein-Klein und im Mittelmaß.

Kölner Wirtschaftsverbände kritisieren das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt scharf. Anlässlich der Amtshalbzeit des Bündnisses formulierten die Kölner Handwerkskammer, der Arbeitgeber-Verbund, die Industrie- und Handelskammer und der Deutsche Gewerkschaftsbund Forderungen an Politik und Verwaltung. Der Tenor: Wirtschaft und Industrie müssen in alle Entscheidungen mehr eingebunden und mitgedacht werden.

Ford vs. Lufthansa: Akteure beklagen mangelnde Reaktion der Stadt

Es werde oft vergessen, dass die Wirtschaft das Geld in die Stadt bringe und für Arbeitsplätze sorge. „Wir erwarten ein klares Bekenntnis der Stadt zur Industrie. Wenn die abwandert, beraubt sich die Stadt ihrer wirtschaftlichen Grundlage“, sagte Dirk Wasmuth, seit drei Monaten Geschäftsführer der Arbeitgeber Köln und des Unternehmens Kölnmetall. Wasmuth, der von Porsche kommt, kenne aus Stuttgart eine ganz andere Wertschätzung für die Unternehmen der Stadt.

Dirk Wasmuth vom Arbeitgeber-Verband Köln spricht bei der Pressekonferenz.

Dirk Wasmuth vom Arbeitgeber-Verband Köln.

Die Wirtschaftsakteure kritisierten, dass auf einige Entwicklungen in der Stadt, wie den angekündigten Stellenabbau bei Ford oder den Wegzug der Lufthansa, nur mit einem Schulterzucken von Politik und Verwaltung reagiert worden sei. Dabei müsse man sich vor allem darum bemühen, bereits in Köln ansässige Unternehmen auch hier zu halten. Dass Firmen und Einzelhandel beispielsweise erst in den Fokus von Verkehrsversuchen gerückt würden, sobald etwas nicht funktioniere - nicht aber in der vorangehenden Planung - sei nicht nachvollziehbar.

Wirtschaft fordert mehr Wohnraum und Schulplätzein Köln

Zumal die reine Konzentration bei der Mobilitätswende auf den Fahrradverkehr und den ÖPNV nicht zielführend sei, sagte Gewerkschafter Witich Roßmann vom DGB. „Der Autoverkehr nimmt nur wenig ab, die meisten Menschen nutzen mehrere Verkehrsmittel und werden nicht strikt vom Auto- zum Radfahrer. Wir müssen daher dafür sorgen, dass der Autoverkehr emissionsfrei wird und die Stadt eine Infrastruktur für E-Mobilität bekommt.“

Aus der Stärkung des Wirtschaftsstandortes ergäben sich aber auch soziale Komponenten, um die die Stadt sich kümmern müsse, erklärte Garrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer. „Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir eine wachsende Stadt sein wollen. Die Firmen brauchen dringend Fachkräfte, die aus dem Um-, aber auch aus dem Ausland kommen müssen. Die Menschen müssen aber auch eine Wohnung finden.“ Bezahlbarer Wohnraum, ausreichend Schul- und Kitaplätze seien daher auch im Interesse der Wirtschaft. Bezogen auf das Handwerk brauche es ebenfalls eine größere Aufmerksamkeit für die Berufsschulen, die sich in einem teils desolaten Zustand befinden würden.

Grundsätzlich vermissen die Wirtschaftsakteure ein umfassendes Konzept für die Stadt, das Bündnis verliere sich oftmals im Klein-Klein. Köln versinke im Mittelmaß. „Um einen Fußballvergleich zu ziehen: Wir stehen jetzt vor der zweiten Halbzeit. Und eine Traineransprache hat schon manches Mal etwas herausgerissen“, begründete Roßmann den Vorstoß des Wirtschaftsbündnisses.

„Uns geht es dabei aber nicht um das Bashing einzelner Parteien oder Dezernenten“, betonte Duin. „Wir wollen auch Politik und Wirtschaft nicht gegeneinander ausspielen. Aber sie tragen alle Verantwortung in dieser Stadt. Und wir wollen in Entscheidungen mit eingebunden werden.“