Köln – Henning Krautmacher zitiert Wolfgang Niedecken: „Wie flöck dat jeht – dat et ding Jlöck nit mieh deit.“ Die Zeile aus dem BAP-Song von 1982 hat sich beim Höhner-Sänger eingebrannt. Dem Schlaganfall nämlich, den Niedecken 2011 erlitt, ist Krautmacher vor gut zwei Wochen nur knapp entkommen. Er hatte, das sagt er selbst, Glück und gute Ratgeber, die die Symptome richtig deuteten. So kam es dank rechtzeitiger Behandlung nicht zum Äußersten.Dass er mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ darüber redet, hat nur einen Grund: „Ich möchte, dass jeder die Symptome kennt – und dass man auf jeden Fall zum Arzt geht, auch wenn man sich nicht ganz sicher ist.“ Denn nur dann lässt sich das Schlimmste vermeiden, so hat es Krautmacher erlebt.
Was war genau passiert? „Ich hatte eigentlich nur Kopfschmerzen“, schildert er. „Doch die gingen einfach nicht mehr weg.“ Zunächst schob er die Schmerzen auf die Pollenallergie, unter der er wie jeden Frühling leidet. Aber es wurde immer schlimmer. Heute weiß er: „Das war das erste Anzeichen.“ Das zweite Anzeichen ließ nicht lange auf sich warten. Doch selbst als ihm die Kollegen bei einem der Corona-bedingt seltenen Auftritte, einem Livestream in Saarbrücken, darauf hinwiesen, dass sein Augenlid ungewöhnlich hänge , schob Krautmacher das ebenfalls auf die Allergie, auf die lange Anreise, auf Müdigkeit, kurz: „Ich habe dem keine Bedeutung zugemessen.“
Krautmacher: „Ich dachte, hier wird aber mit Kanonen auf Spatzen geschossen“
Genau das aber tat sein HNO-Arzt, als Krautmacher ihn eine Woche nach dem Auftritt aufsuchte. „Der sagte sofort: »Wir machen jetzt ein MRT«“, schildert der Musiker. „Ich dachte, hier wird aber mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Aber weil meine Familie auch schon mit Hirntumoren zu tun hatte, habe ich doch zugestimmt.“ Das Ergebnis sei zunächst beruhigend gewesen, so Henning Krautmacher. „Doch dann ist der Radiologin etwas an meiner Halsschlagader aufgefallen.“ Außerdem war sein Blutdruck inzwischen ziemlich in die Höhe gegangen. „Das war das dritte Anzeichen.“
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Dann ging es ziemlich schnell – und zwar in die Uniklinik. Dort gab es dann die Diagnose: Krautmacher hatte eine so genannte „Karotisdissektion“, einen Riss in der Halsschlagader. „Das Wort kannte ich bis dahin gar nicht“, sagt der Musiker. „Inzwischen könnte ich es fast einem Medizinstudenten erklären. Die Halsschlagader besteht aus mehreren Schichten. Das sorgt dafür, dass nicht gleich die ganze Ader platzt, wenn mal was passiert. Dann schützt nämlich die nächste Schicht.“
Schlaganfall erkennen
Die Karotisdissektion ist eine häufige Ursache von Schlaganfällen bei Menschen unter 50 Jahren, sie kann aber auch ältere Personen treffen. Die häufigsten Symptome eines Schlaganfalls sind Sehstörungen, Sprachstörungen, Lähmungen und Taubheitsgefühle, Schwindel mit Gangunsicherheit sowie sehr starke Kopfschmerzen.
Eine Ansteckung mit dem Coronavirus erhöht – wie viele andere Infektionen – das Schlaganfallrisiko. Detaillierte Informationen über Prävention und Notfallhilfe bei der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe .
Trotzdem ist ein solcher Riss ein echter Notfall, weil er dafür sorgen kann, dass das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt wird. Weil in der Ummantelung der Halsschlagader auch ein Nervenstrang liegt, der zum Auge führt, kommt es zu dem hängenden Augenlid, dem so genannten „Horner-Syndrom“. Ist der Riss einmal gefunden, kann er im besten Fall noch mit Medikamenten behandelt werden, die die Verstopfung beheben. So war es bei Henning Krautmacher – dennoch musste er einige Tage in der Uniklinik bleiben, zunächst sogar auf der Intensivstation.
Riss in der Halsschlagader
„Wenn Du das aber alles nicht weißt, wenn Du die ganzen Symptome nicht kennst, dann ist die Gefahr groß, dass du das auf die leichte Schulter nimmst“, sagt Krautmacher. „Und dann passiert es auf einmal – dann geht das Licht aus.“ Doch wie kommt es überhaupt zu einem solchen Riss in der Halsschlagader? „Das kann ganz schnell gehen – eine kleine, ruckartige Bewegung reicht schon.“ Und: „Es hat nichts mit dem Alter zu tun. Das trifft ganz oft gerade Menschen zwischen 30 und 50 Jahren.“
Deswegen ist Krautmachers Fazit nun zugleich auch eine dringende Bitte: „Passt auf euch auf, hört in euch rein – und geht lieber einmal zu viel zum Arzt als zu wenig! Und denkt daran: Wie flöck dat jeht...“