„Ihr Garten ist zu unordentlich“Kölner Kleingärtner ärgern sich über Vorschriften
Köln – Der Garten strotzt nur so vor Blüten und Grün. Auf der gesamten Fläche verteilt stehen kleine Obstbäume, darunter dicht nebeneinander Salat, Zucchini, Beeren, Kartoffeln, Tomaten, Mangold, Grünkohl. Es gibt keine Rasenfläche, sondern nur kleine Trampelpfade zu den Pflanzeninseln.
Kleingartenpächter Marcus Baban nennt das seinen „essbaren Waldgarten“. „Ich habe mich hier bemüht, alles ökologisch auszurichten und eine Fruchtfolge im Kleinen zu schaffen“, sagt er. Wein rankt sich romantisch über den großen Holzbogen, viele Trauben hängen daran.
Räumungsklage wegen Unordnung
Doch nach Romantik ist Baban schon lange nicht mehr zumute. Der Kleingartenkreisverband hat Baban seine Parzelle in der privaten Flittarder Kleingarten-Anlage „An den Büchen“ gekündigt. Baban hatte das 300 Quadratmeter große Grundstück erst im Sommer 2019 übernommen, im November 2020 kam die Räumungsklage: zu viel Wildwuchs, zu wenige Nutzfläche, herumliegendes Totholz. Verstoß gegen die Vorschriften.
Die Kölner Grünen und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) wollen Baban und andere Kleingärtner nun unterstützen. Robert Schallehn, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Rat, erzählt, dass sich noch nie so viele Menschen bei ihm gemeldet hätten, wie zum Thema Kleingartenordnung.
Abgezirkelte Beete
Schon 2020 hatten die Grünen beantragt, dass die städtischen Vorschriften für die Kleingärten überarbeitet werden sollen, um mehr Ökologie hineinzubringen und den Kleingärtner eine naturnahere Bewirtschaftung zu ermöglichen.
Am 24. August startet nun die Diskussion aller Beteiligten: Kleingartenkreisvorstand, Pächter, das Grünflächenamt und Umweltverbände sind dabei. Zwar gibt es auch ein bundesweit geltendes Regelwerk, jedoch sei dies so weit gefasst, dass auf städtischer Ebene jede Menge verbessert werden könne, so Schallehn.
Blühwiesen und Bäume
Worin sich Baban und die Grünen einig sind: Die bisherigen Gartenregeln seien gar nicht so schlecht, würden aber häufig sehr traditionell und nach überkommenen ästhetischen Gewohnheiten ausgelegt – Nutzfläche bedeute dann eben ein abgezirkeltes Beet. „Ich habe oft zu hören bekommen: Ihr Garten ist zu unordentlich“, erzählt Baban.
Robert Schallehn von den Grünen sagt: „Wir brauchen weniger Heckenschere und mehr Natur. Zu Beispiel müssen auch große und alte Bäume in Kleingärten möglich sein und die Anlage von wilden Bereichen wie Blühwiesen mit einheimischen Pflanzen.“
Gabriele Falk vom Kreisvorstand des BUND Köln: „Wenn wir den dramatischen Artenschwund bremsen wollen, geht es um jeden Zentimeter.“ Immerhin haben die Kölner Kleingarten-Anlagen insgesamt eine Fläche von mehr als sechs Quadratkilometern.
1,5 Meter Abstand vorgeschrieben
Gestrichen werden soll zum Beispiel ein Passus, der den Kleingärtner im wahrsten Sinne des Wortes enge Grenzen setzt. Da heißt es zum Beispiel: „Beim Anpflanzen von einjährigen Hochkulturen ist ein Grenzabstand von 1,5 Meter, bei Beerenobst ein Grenzabstand von 1,5 Meter, bei Spalierobst ein Grenzabstand von 1,5 Meter und eine Höhe von zwei Metern einzuhalten.“ Stattdessen soll es heißen: „Es ist ein so großer Abstand einzuhalten, dass die Pflanze von allen Seiten zugänglich und damit eine vollständige Pflege möglich ist.“
Außerdem soll für Altbäume ein Bestandschutz festgeschrieben werden. Gestrichen werden soll die Vorschrift, dass die Wege zwischen den Parzellen nicht bewachsen sein dürfen. Stattdessen sollten dort „ökologisch wertvolle, krautige Pflanzen“ zugelassen werden.
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Im speziellen Fall von Marcus Baban allerdings steht nun erst einmal am 2. September eine Verhandlung für dem Kölner Amtsgericht zu der Räumungsklage an. Der Kreisverband Kölner Gartenfreunde wie auch der Kleingartenverein „An den Büchen“ halten an der Kündigung fest. „Es ist eine ziemlich verfahrene Sache“, sagte Michael Franssen, Geschäftsführer des Kreisverbands, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bereits vor einigen Tagen. Man sperre sich nicht gegen eine naturnahe Bewirtschaftung. Aber der Pächter habe hier versucht, „sein eigenes Ding einzubringen“.
Das Verhältnis sei „zerrüttet“. Robert Schallehn erzählt, dass er eine Mediation angeregt habe, doch es sei seitens des Vereins keine Reaktion erfolgt.