In CoronakriseKölner Kliniken loben Bundesregierung – und fordern weitere Hilfen
Köln – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will „das Gesundheitswesen stützen, damit es noch besser schützen kann“. Stützen bedeutet bezogen auf die Kliniken: mehr Geld. Der erste Entwurf zur Zusatzfinanzierung für die besonderen Maßnahmen während der Corona-Pandemie sorgte bei den Krankenhäusern für einen Sturm der Entrüstung. Rasch wurde nachgebessert.
Die wesentlichen Eckpunkte des neuen Entwurfes sind: Die Krankenhäuser erhalten als finanziellen Ausgleich für verschobene planbare Operationen und Behandlungen für jedes Bett, das dadurch im Zeitraum von 16. März bis 30. September nicht belegt wird, eine Pauschale von 560 Euro pro Tag; 50.000 Euro gibt es für jedes zusätzlich geschaffene Intensivbett; der so genannte „vorläufige Pflegeentgeltwert“ wird auf 185 Euro erhöht und führt zu Zusatzeinnahmen der Kliniken; pro Patient gibt es 50 Euro, um Mehrkosten zum Beispiel für Schutzausrüstungen aufzufangen.
Dies betrifft zunächst den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni. Wie reagieren Kölner Kliniken auf die neuen Regelungen? Wie viele Intensivplätze gibt es aktuell?
Kliniken der Stadt Köln
„Der erste Vorschlag war indiskutabel“, sagt Professor Dr. Horst Kierdorf, klinischer Direktor der Kliniken der Stadt Köln, „es ist aber gut, dass das Bundesgesundheitsministerium schnell gehandelt hat. Wir haben alle elektiven, also verschiebbaren, Operationen abgesetzt. Das heißt, wenn wir keine Patienten behandeln, bekommen wir auch kein Geld. Die klare Zusage, 560 Euro pro Bett und Tag zu bezahlen, geht absolut in die richtige Richtung.
Auch die Regelung, dass die Krankenkassen alle Rechnungen innerhalb von fünf Tagen bezahlen müssen, hilft uns. Dazu zählt meiner Einschätzung nach ebenso, dass das angehobene Pflegeentgelt bei uns bleibt. Wir verfügen an allen drei Standorten – in Merheim, in Holweide und im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße – zusammen derzeit über 82 Intensivbetten, können aber innerhalb weniger Tage 44 zusätzliche Intensivplätze einrichten. Mit etwas längerer Vorlaufzeit noch einmal mindestens 30 Betten.
Krankenhaus Kalk
Eher kritisch beurteilt Marcus Kirchmann, Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses Kalk, die Pläne des Gesundheitsministers. „Herr Minister Spahn hat den Umfang der medizinisch und gesellschaftlich notwendigen Maßnahmen mit »whatever it takes« zusammengefasst. In den Krankenhäusern wurden auf Vertrauen in die Bundesregierung und in Anbetracht der großen Herausforderung umfassende Maßnahmen eingeleitet. Im Prinzip wurde die komplette klinische Versorgung umstrukturiert.
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Die Leistungen auf einen Notfallmodus zurück-, Vorhalteleistungen auf Intensivstation und Notaufnahme hochgefahren, Mitarbeiter von peripheren Stationen intensivmedizinisch geschult. In welchem Kontext der Minister »whatever it takes« gemeint hat, kann ich nicht beurteilen, an Krankenhäuser und die vielen Mitarbeiter, die zur Stunde Übermenschliches leisten, hat er nicht gedacht.“
St. Elisabeth-Krankenhaus Hohenlind
Frank Dünnwald, Geschäftsführer des St. Elisabeth-Krankenhauses Hohenlind, möchte „den Kopf frei haben, um mich in dieser Extremsituation um die Organisation des Krankenhauses kümmern zu können. Das Corona-Virus als Gegner reicht mir, auf zusätzlichen ökonomischen Druck kann ich verzichten.“
Hohenlind hat seine 14 Intensivplätze mit Beatmungsmöglichkeiten auf 27 aufgestockt. „Wir haben drei OP-Säle und eine Station geschlossen, zudem zwei weitere Stationen als Isolierbereiche für Patienten mit Corona-Verdacht eingerichtet.“
Krankenhaus St. Hildegardis
Carsten Jochmann, Geschäftsführer des Krankenhauses St. Hildegardis, ist froh, dass „Minister Spahn sich in einigen Punkten von den Krankenhausgesellschaften hat überzeugen lassen“ und den Entwurf nachgebessert habe.
„Es gibt aber noch weiteren Nachbesserungsbedarf, beispielsweise sind die zusätzlichen Kosten für Schutzausrüstung nicht im Geringsten gedeckt. Wir sind in einer Situation, in der Krankenhäuser zwingend zahlungsfähig bleiben müssen. Durch ausfallende Erlöse, zum Beispiel durch den Wegfall vieler geplanter Eingriffe, entstehen Liquiditätsengpässe. Deswegen benötigen wir dringend und schnell eine unbürokratische Möglichkeit, den Krankenhäusern Gelder zur Verfügung zu stellen – sonst drohen Insolvenzen in einer Zeit, in der jedes Krankenhausbett gebraucht wird.“
Das Hildegardis hat die Zahl von sechs Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit auf neun aufgestockt. „Eine weitere Aufstockung auf 13 (das entspricht der geforderten Verdopplung) ist in der Vorbereitung und kurzfristig umsetzbar.“
Hospitalvereinigung St. Marien
Stefan Dombert, Geschäftsführer der Hospitalvereinigung St. Marien, spricht von einem „mangelhaften Schutzschirm“ und steht dem überarbeiteten Gesetzesentwurf sehr skeptisch gegenüber. „Der nun vorliegende Gesetzestext bietet weder Budgetsicherheit, noch kurzfristige Liquiditätssicherung für die Kliniken. In den angespannten Zeiten der Corona-Pandemie hätten wir uns ein Vertrauen in der Politik gewünscht, das den hohen Einsatz honoriert.
Die derzeitig formulierten Regelungen führen aber in ein kleinteiliges Abrechnungschaos, welches unkalkulierbare Risiken für die Kliniken und die Bevölkerung birgt. Es muss eine schnelle, unbürokratische, solide und beständige Lösung für die Kliniken und insbesondere für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben, sonst droht allen Krankenhäusern ein finanzielles Fiasko. Die Kapazitäten von Intensivbetten und Beatmungsplätzen werden in allen unseren Kliniken in Köln und Wuppertal ausgebaut und für Corona-Patienten freigehalten. Doch es hapert an vielen Ecken und Enden, weil es an Materialien fehlt, wie beispielsweise die Beschaffungsengpässe von Atemmasken zeigen. Außerdem fehlt es an dringend benötigten Desinfektionsmitteln.“
Die Hospitalvereinigung ist Trägerin der katholischen Krankenhäuser der Stiftung der Cellitinnen zur heiligen Maria, zu denen in Köln das Heilig-Geist-Krankenhaus (zwölf Intensivbetten plus sechs Betten auf der Intermediate Care (IMC); St. Franziskus-Hospital in Ehrenfeld (14 Intensivbetten plus acht Plätze auf der IMC), St. Marien-Hospital in der Innenstadt (Intensivstation mit 28 Betten) und das St. Vinzenz-Hospital in Nippes (18 Intensivbetten plus zehn Betten auf der IMC). Auf einer IMC werden Patienten versorgt, die intensiv betreut und überwacht werden müssen, aber keine intensivmedizinische Behandlung benötigen.
Krankenhaus Porz am Rhein
Geschäftsführer Arist Hartjes beurteilt die finanzielle Situation mit Sorge. „Trotz der Zusatzfinanzierung wird diese Pandemie nicht ohne wirtschaftliche Auswirkungen bleiben, und es wird zu Einschränkung bei Investitionen für das Krankenhaus Porz am Rhein kommen. Das Covid-19- Krankenhausentlastungsgesetz ist in sich nicht abgestimmt, sondern ein Versuch, möglichst schnell Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Dabei werden die unterschiedlichen Strukturen zwischen den Krankenhäusern nicht differenziert.
Bereits im letzten Jahr hatten wir die Großschadensübung, an der wir neben der Uniklinik Köln teilgenommen haben, und die Komplettevakuierung aufgrund des Bombenfundes. Beides waren zusätzliche wirtschaftliche Belastungen, die wir selbst tragen mussten.“
Das Krankenhaus in Porz verfügt über 20 Intensivbetten. Dabei wird es zunächst auch bleiben. „Das Krankenhaus Porz am Rhein plant in den nächsten Monaten, eine zusätzliche Einheit mit sechs bis acht Intermediate-Care-Plätzen (IMC) zu schaffen. Ziel ist es, dadurch die Intensivstation zu entlasten und freie Kapazitäten zu schaffen. Mit einer Fertigstellung vor August ist nicht zu rechnen.“