„Leuchtturm der Medizin“Klinikverbund Köln soll laut Studie großes Potenzial haben
- Die erste Machbarkeitsstudie für die Zusammenlegung von Uniklinik Köln und städtischen Kliniken fällt extrem positiv aus.
- Der so geschaffene Klinikverbund wird bereits jetzt als „Charité des Westens“ bezeichnet.
- Kommt der Zusammenschluss der Kliniken für Köln? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Köln – Nicht weniger als ein „Leuchtturm der Medizin“ könnte in Köln entstehen, zudem einer der größten universitär-medizinischen Klinikstandorte Deutschlands, ausgestattet mit dem Potenzial, sich zu einem europaweiten Spitzenstandort weiterzuentwickeln: Es ist eine extrem positive Bilanz, mit der jetzt die erste Verhandlungsstufe für den Zusammenschluss der landeseigenen Universitätsklinik Köln mit den Kliniken der Stadt Köln beendet wurde.Gestern wurde das Ergebnis der rund einjährigen Untersuchungen den Fraktionsvorsitzenden der großen Ratsfraktionen vorgestellt, heute wird das umfassende Betriebskonzept erstmals von den Ratspolitikern im Gesundheitsausschuss diskutiert. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ stellt die wichtigsten Ergebnisse vor.
Was ist die zentrale Botschaft der Studie?
„Die Ergebnisse belegen die Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit des geplanten Klinikverbundes“, heißt es gleich am Anfang. Dabei sei die Wirtschaftlichkeit „nicht Ziel, aber Voraussetzung für die Durchführung“ des Verbundes. Im Einzelnen haben die Experten, zu denen neben Vertretern der beiden Häuser auch die Kanzleien und Berater Luther und Clairfield International (auf Seiten der städtischen Kliniken) sowie Seitz und Boston Consulting (für die Uniklinik) gehörten, ein Synergiepotenzial von rund 42,7 Millionen Euro pro Jahr ermittelt.
Damit, so die Meinung der Fachleute, könnten die beiden Kliniken gemeinsam nach einer Anlaufphase von fünf Jahren ein „deutlich positives operatives Ergebnis“ erzielen. Das wiederum sei die Voraussetzung für die Bereitstellung von Spitzenmedizin, für eine nachhaltig gesicherte medizinische Gesundheitsversorgung in Köln sowie für die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen.
Würden die Häuser dagegen so weitermachen wie bisher, komme es bereits 2025 zu einer Ergebnislücke von rund 28 Millionen Euro für beide Kliniken, der weitaus größte Teil davon bei den traditionell defizitären städtischen Kliniken. „Diese Ergebnislücke kann nur durch einen Klinikverbund geschlossen werden“, so die Untersuchung.
Welche Vorteile sieht der Bericht außerdem?
Der Klinikverbund würde nach Meinung der Experten bei der Krankenversorgung die jeweiligen Schwerpunkte gegenseitig stärken, dabei den links- und rechtsrheinischen Versorgungsbedarf bedienen, aber auch Wachstumschancen nutzen. Das könnte zu einer Inbetriebnahme von bis zu 112 weiteren Betten führen, allein dafür wird ein Erlöspotenzial von rund 40 Millionen Euro im Jahr berechnet.
Doch auch Forschung und Lehre würden deutlich profitieren: Allein wegen der künftigen Größe werde sich der Verbund zu einem „europäischen Spitzenzentrum für klinische Studien“ entwickeln. Daraus, so die Studie, böten sich unmittelbare Chancen für die Patienten, weil sie frühzeitig von neuen Therapieformen profitieren würden. Zudem hätte ein Klinikverbund dieser Größe hohe Anziehung auf die besten Forscherinnen und Forscher sowie auf weitere finanzielle Mittel von Unternehmen und aus der Forschungsförderung (die so genannten „Drittmittel“) in zweistelliger Millionenhöhe.
Die Studie rechnet dafür mit bis zu 59 Millionen Euro pro Jahr, womit wiederum 350 weitere hochqualifizierte Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Zudem würden rund 100 zusätzliche Studienplätze eingerichtet – ein Anstieg um rund 26 Prozent. Vorgesehen ist auch die Errichtung eines „Ausbildungszentrums von bundesweiter Sichtbarkeit“ für Krankenpflegeberufe mit mindestens 2300 Plätzen in Merheim.
Wer hätte künftig das Sagen im Klinikverbund?
Ein durchaus kompliziertes Stiftungsmodell soll die Mitsprache aller Beteiligten (Stadt Köln und Land NRW, den städtischen Kliniken und der Uniklinik) sichern. Allerdings – und da wird das Betriebskonzept deutlich – würde die Uniklinik sowohl die operative als auch die wirtschaftliche Verantwortung für die Kliniken Köln übernehmen. Das führe zu einer „Letztentscheidungsbefugnis“ für die Vertreter der Uniklinik auch in den Gremien der städtischen Kliniken. Anders als bei einer Fusion hätten die Kliniken Köln jedoch im Stiftungsmodell weiterhin einen eigenen Vorstand und Aufsichtsrat sowie eine eigene Personalvertretung.
Die Stadt Köln hätte zudem umfangreiche Vetorechte, etwa im Falle eines Verkaufs des Geschäftsbetriebs der Kliniken Köln. Beide Häuser und die Stiftung selbst sollen jedoch eine öffentlich-rechtliche Rechtsform besitzen. Zudem sollen die Kliniken Köln den Status eines Universitätsklinikums bekommen. Der Klinikverbund soll sich außerdem mit weiteren Partnern im Rahmen eines „universitären Gesundheitsclusters Köln“ vernetzen können.
Was würde ein Zusammenschluss für das Personal bedeuten?
„Betriebsbedingte Kündigungen sind ausgeschlossen“, lautet ein zentraler Satz des Personalkonzeptes, das für „die bestehenden Mitarbeitenden der Kliniken Köln einen umfassenden Bestandsschutz vorsieht“. So sollen etwa erworbene Dienst- und Beschäftigungszeiten angerechnet werden, bestehende Tarifbindungen und Tarifwerke fortgeführt und Betriebsvereinbarungen fortgeführt werden. Der Erhalt des bisherigen Besitzstandes der Mitarbeitenden der Klinken Köln sei damit rechtlich abgesichert, heißt es in der Studie.
Wie geht es weiter?
Das Land NRW prüft das Betriebskonzept bereits und wird danach in einer zweiten Verhandlungsstufe weitere, eigene Prüfungen durchführen. Wie lange das dauert, ist unklar. Die künftigen Verbundpartner in Köln legen dem Land jedenfalls „einen möglichst zügigen Beratungs- und Entscheidungsprozess im Laufe dieses Jahres nahe“ – auch mit Verweis auf eine vergleichbare Großfusion der Unikliniken Heidelberg und Mannheim (siehe „Die Wettbewerber des Kölner Klinikverbundes“). Die finale Entscheidung über das Zusammengehen liegt am Ende jedoch beim Rat der Stadt Köln.
Die Wettbewerber des Kölner Klinikverbundes
Der Kölner Klinikverbund, in dessen Einzugsbereich rund 6,6 Millionen Menschen leben, würde mit den drei großen Zentren für Gesundheitsversorgung, Forschung und Lehre in Deutschland im Wettbewerb stehen:
Das Universitätsklinikum Heidelberg hat die längste Tradition – die medizinische Fakultät der Uni Heidelberg besteht seit dem Jahr 1388. Zur Zeit gibt es dort knapp 2000 Betten und mehr als 13000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Allerdings gibt es aktuelle Pläne für eine Fusion mit der Universitätsklinik Mannheim, womöglich bereits im Jahr 2022. Der Verbund mit dann rund 3300 Betten und 18000 Mitarbeitern soll das Herzstück eines neuen Gesundheitsnetzwerks in der Metropolregion Rhein-Neckar werden. Für rund 800 Millionen Euro soll in Mannheim zudem eine völlig neue Klinik gebaut werden. Der Einzugsbereich umfasst rund 3,7 Millionen Menschen.
Die Berliner Charité umfasst ist mit rund 3000 Betten eine der größten Universitätskliniken in Europa, für die 15000 Mitarbeiter tätig sind. Im Einzugsbereich der Charité leben rund 4,6 Millionen Menschen.
Das Klinikum der Uni München ist mit zwei Standorten in der Innenstadt und in Großhadern (mehr als 2000 Betten und rund 10000 Mitarbeiter) das zweitgrößte Krankenhaus in Deutschland. Der Einzugsbereich umfasst rund 3,2 Millionen Menschen.