Pendler brauchen GeduldKölner Hauptbahnhof wird zur Großbaustelle
Köln – Das wird ein Kraftakt und er wird die Pendler, die S-Bahnen und Regionalzüge im Großraum Köln nutzen, über Jahre Nerven kosten. Die Bahn holt nach, was seit einem Jahrzehnt überfällig ist. Für 160 Millionen Euro baut sie an der Maybachstraße in der Nähe des S-Bahnhaltes ein neues elektronisches Stellwerk, um die mehr als 1300 Zugfahrten im Hauptbahnhof für den wachsenden Verkehr fit zu machen.
Die S-Bahn kommt zuerst dran
Die Operation am Herzen des Bahnverkehrs von Köln geschieht in zwei Etappen. Bis Ende 2021 soll der S-Bahnverkehr umgestellt werden, bis Ende 2024 der Regional- und Fernverkehr folgen. „Wir müssen modernisieren“, sagt Christian Golenia von der DB Netz AG. „Mit 45 Jahre alter Technik können wir die Kapazitäten nicht erhöhen.“
Das ist aber dringend nötig. Allein durch den Ausbau der S-Bahn-Linie 11, für den der Hauptbahnhof auf der Seite zum Breslauer Platz um zwei Gleise und einen Bahnsteig erweitert wird, werden sich die Abstände der Züge so verringern, dass sie mit der alten Stellwerkstechnik nicht mehr zu steuern sind. Gleiches gilt den Regional- und Fernverkehr.
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Überdies solle die neue Technik dazu beitragen, dass bei Gleissperrungen zum Beispiel durch Baustellen im Fahrbetrieb flexibler reagiert werden könne, sagt Golenia.
Bauarbeiten sollen am Wochenende und in der Nacht stattfinden
Mit einem neuen Gebäude für das Zentralstellwerk allein ist es aber nicht getan. Die Bahn wird in diesem Jahr in der ersten Baustufe vom 1. März bis 17. April rund um den Hauptbahnhof 200 neue Signale und zehn Signalbrücken aufstellen, fünf Weichen einbauen und 150 Kilometer Kabel verlegen. Weil der S-Bahnverkehr an Werktagen nicht eingestellt werden kann, wird dies überwiegend nachts und an den Wochenenden geschehen. Dazu müssen die S 11 und die S 19 umgeleitet und zum Teil durch Busse ersetzt werden.
Erhebliche Auswirkungen auf Bahnfahrer
Weitere Sperrungen wird es in den Sommerferien zwischen Köln und Bonn geben. Vom 18. Juli bis 10. August gehen die Ausbauarbeiten weiter. Zusätzlich nutzt die Bahn die Zeit, um zwischen Hürth-Kalscheuren und Bonn die Oberleitungen zu erneuern. In den Herbstferien (9. bis 26. Oktober) gehen die Arbeiten weiter, dann wird den Vorbereitungen für ein kleineres neues Stellwerk „Linker Rhein“ begonnen, das aus der neuen Zentrale an der Maybachstraße gesteuert werden soll. Überdies nutzt die Bahn diese Sperrpause, um den Bahnhof Süd zu modernisieren.
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„Das alles hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Kunden“, sagt Norbert Reinkober, Geschäftsführer des Nahverkehr Rheinland. „Es ist aber auch ein Riesenschritt zum Ausbau des Bahnknoten Köln.“ Die Bahn und der NVR wollen Personal aufstocken und „mehr Geld in die Hand nehmen“, um die Folgen erträglich zu gestalten. „Es muss uns gelingen, dass Köln einigermaßen erreichbar bleibt.“
Zugverkehr soll bis zu 30 Prozent erhöht werden
Das neue Stellwerk wird nach Angaben der Bahn technisch so ausgerüstet, dass es jederzeit auf ein neues europäisches Zugkontrollsystem (ETCS) aufgerüstet werden kann, das ein Fahren ohne Signale ermöglicht, weil die Züge untereinander kommunizieren. Mit dem ETCS-System werden in den nächsten Jahren die Strecken Köln-Frankfurt, der Rhein-Ruhr-Express Richtung Norden und die Güterzug-Fernstrecke Rotterdam-Genua ausgestattet, die alle an Köln heranreichen.
Die Bahn geht davon aus, dass sich der Zugverkehr durch die Digitaltechnik um bis zu 30 Prozent erhöhen lässt, ohne zusätzliche Gleise bauen zu müssen. Nach Stuttgart 21 soll für den Kölner Hauptbahnhof eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden.