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Serie

Der Moment
„Mama, ich will ins Kloster eintreten“ – Kölnerin wird mit 19 Jahren Ordensschwester

Lesezeit 6 Minuten
Schwester Maria steht im Garten des Benediktinerinnen-Klosters in Köln.

Schwester Maria lebt im Benediktinerinnen-Kloster in Köln.

Schwester Maria erzählt von dem Moment, als sie sich entschloss, Ordensschwester zu werden. Sie war 13 Jahre alt.

„Mama, ich will ins Kloster eintreten.“ Mit 13 Jahren äußert Schwester Maria zum ersten Mal, dass sie Ordensschwester werden möchte. Trotz einer nicht-religiösen Erziehung erwächst der Wunsch in ihr während der Firmvorbereitung, als sie beginnt, den Glauben intensiver zu hinterfragen. Ordensschwester zu sein, war „der Ruf Gottes, dem ich nicht entkommen konnte und wollte“, sagt sie. Nicht alle aus ihrer Familie konnten ihre Entscheidung zuerst verstehen.

Mit 13 Jahren beginnt sie ihr Leben nach dem Glauben auszurichten, betet regelmäßig und geht in die Kirche zur Messe. Trotzdem fühlte sie sich unvollständig. „Ich hatte immer das Gefühl, mir fehlt noch etwas, ich kann mich noch nicht ganz geben, wie ich will.“

Der Weg ins Benediktinerinnen-Kloster

Ihr Mutter unterstützte sie von Anfang an bei ihrem Wunsch, Ordensschwester zu werden. Sie versuchten gemeinsam herauszufinden, wie das funktionieren kann. „Ich wusste ja gar nicht, wie man im Kloster lebt und welche Unterschiede es bei den Klöstern gibt“, sagt Schwester Maria. Deshalb besuchte sie zunächst viele Klöster, um unterschiedliche Orden und das Leben dort kennenzulernen.

2017 ist sie im Benediktinerinnen-Kloster in Köln-Raderberg zu Gast, der Ort und die Gemeinschaft gefallen ihr auf Anhieb. Ursprünglich stammt sie aus der Nähe von Frankfurt. Ein Jahr später steht für die zu diesem Zeitpunkt 18-Jährige fest, dass sie noch immer Ordensschwester werden möchte, und das im Benediktinerinnen-Kloster Köln. Als sie ihre endgültige Entscheidung trifft, sagt sie ihrer Mutter: „Mama, nächstes Jahr trete ich ins Kloster ein.“

Von da an bereitete sie sich auf den Abschied vor, sie fing an, ihr Zimmer Stück für Stück leerzuräumen – sie wollte nicht, dass ihre Mutter auf Sachen von ihr sitzen bleibt. Im selben Jahr lernt sie die Benediktinerinnen-Gemeinschaft weiter kennen. Ein Jahr später tritt sie dort ein. Am Tag der Aufnahme ins Kloster lässt sie bewusst ihren Haustürschlüssel zu Hause liegen. „Das war ein sehr komisches Gefühl, das habe ich doch sonst nie gemacht.“

„Erfüllung“ und „Gefühl des Ankommens“: Schwester Maria ist Benediktinerin

Mit ihrem Eintritt ins Kloster begann die Zeit des sogenannten Postulats. Ein halbes Jahr lang lebte sie im Klosteralltag der Schwestern, ohne Ordensgewand, aber im Klausurbereich. Der Begriff Klausur bezeichnet den abgegrenzten Bereich eines Klosters, der den Ordensangehörigen vorbehalten ist. Mit ihrer Einkleidung begann das zweijährige sogenannte Noviziat, sie erhielt den Habit (Ordensgewand), einen weißen Schleier und ihren Ordensnamen Schwester Maria. Ihren bürgerlichen Namen legte sie ab.

Die Ordensschwester Maria steht im Flur des Benediktinerinnen-Klosters in Köln.

Schwester Maria lebt seit sechs Jahren im Benediktinerinnen-Kloster in Köln.

Den Moment, in dem sie offiziell Schwester Maria wurde, beschreibt sie als „Erfüllung“, sie sei „ihrer Sehnsucht gefolgt“ und ein „Gefühl des Ankommens“ überkam sie. Nach dem Noviziat bat sie, sich für drei Jahre an die Gemeinschaft zu binden, was ihr ermöglichte, die sogenannte erste Profess abzulegen. In dieser Zeit vertiefte sie ihre Bindung an die Gemeinschaft und die benediktinische Lebensform.

Derzeit bereitet sie sich auf die ewige Profess vor. Entscheidet sie sich weiterhin für das Leben als Benediktinerin, wird sie nach weiteren drei Jahren die ewige Profess auf Lebenszeit ablegen und den schwarzen Schleier erhalten, der ihre endgültige Bindung zur Gemeinschaft symbolisiert.

Schwester Marias Alltag im Benediktinerinnen-Kloster

Für Schwester Maria beginnt der Tag früh, um 5.30 Uhr steht sie auf, um 6 Uhr wird zum ersten Mal gebetet, eine halbe Stunde lang. Anschließend folgt eine Stunde Bibelmeditation. Um 7.30 Uhr ist die Heilige Messe, gefolgt von Frühstück und Arbeitszeit ab 8.45 Uhr. Sie kümmert sich um Versicherungen und Renovierungen im Kloster.

Um 11.30 Uhr wird erneut gebetet, das Mittagessen folgt um 12 Uhr, anschließend hat sie zum Beispiel Spüldienst. Nach der Mittagspause wird ab 14 Uhr wieder gearbeitet. Die Vesper ist um 17 Uhr, dann folgt Abendessen, Erholungszeit und das Nachgebet. Der Tag endet um circa 19.45 Uhr mit anschließender großer Stille bis zur nächsten Heiligen Messe.

Seit sechs Jahren Ordensschwester – „Materielles ist zweitrangig für mich“

Seit sechs Jahren ist die mittlerweile 25-jährige Schwester Maria bereits Ordensschwester. Ein nicht ganz gewöhnlicher Lebensweg einer jungen Frau. Dennoch sei es ihr nicht schwergefallen, ihr altes Leben zurückzulassen. „Eigentlich konnte ich das meiste gut loslassen. Materielles ist zweitrangig für mich, weil mein Glaube mir zeigt, dass es viel mehr im Leben gibt.“

Das Einzige, was ihr gefehlt habe, war der Kontakt zu ihren Großeltern in Kroatien. „Ich habe sie bis zu meinem Eintritt jedes Jahr besucht, aber als ich ins Kloster eingetreten war, konnte ich sie dreieinhalb Jahre nicht besuchen. Besonders im ersten Sommer hat mir das sehr gefehlt.“

An einem Tag fällt ihr zufällig ihr Kroatien-Handtuch in die Hände. „Als ich es sah, wurde ich plötzlich sehr traurig und fing an zu weinen. Mir wurde klar: Ich muss sie doch besuchen, meine Großeltern. Glücklicherweise konnte ich sie dann im nächsten Jahr wieder besuchen und tue das seitdem jedes Jahr.“

Sie befürchteten, dass ich einer Gehirnwäsche unterzogen wurde, da sie nur die Strenge von kroatischen Ordensschwestern vor 50 Jahren kannten
Schwester Maria

Für ihre Großeltern sei es zunächst schwer gewesen, ihre Entscheidung nachzuvollziehen. „Sie befürchteten, dass ich einer Gehirnwäsche unterzogen wurde, da sie nur die Strenge der kroatischen Ordensschwestern von vor 50 Jahren kannten.“ Erst als sie mit ihren Großeltern im Kloster über Skype regelmäßig Kontakt hatte, hätten sie gemerkt, dass es ihr gut gehe und dass sie glücklich sei. Ins Kloster einzutreten, bereut sie nicht. „Selbst wenn Zweifel aufkämen, bin ich überzeugt, dass Gott mich durch diese Situation trägt.“

Am Ordensschwester-Dasein gefalle ihr besonders gut, dass sie ganz für die Menschen da sein kann, die beispielsweise ins Kloster kämen, und ganz bei Gott zu sein. Dieses Jahr habe sie zudem begonnen, Kurse zur benediktinischen Spiritualität zu geben und Besuchern zu helfen, die einen Tag im Klostergarten mitarbeiten.

Das Zusammenleben im Kloster beschreibt sie so, als wäre man jeden Tag mit seiner gesamten Familie zusammen. Dabei würde es durchaus mal Streit geben. „Es wäre sehr komisch, wenn es nicht so wäre. Wir sind auch nur Menschen, man darf kein überhöhtes Bild vom Kloster haben.“ Aber selbst wenn es Streit gebe, wolle niemand am Ende des Tages da stehen bleiben, sagt sie, und es werde versucht, die Auseinandersetzungen zu klären.

Negatives Bild der Kirche – Plädoyer für mehr Neugier

Schwester Maria stört es, dass die Kirche oft nur negativ dargestellt werde und gesagt werde, was sich alles ändern müsse. „Es wird einseitig kritisiert, aber man muss auch mal sehen, was für tolle Menschen in der Kirche arbeiten, welche Ideen sie haben und wie sehr sie sich engagieren.“

Viele Klöster haben aber ein Nachwuchs-Problem. Im Benediktinerinnen-Kloster sei das glücklicherweise derzeit nicht der Fall, sagt sie. „Es ist aber nicht so, dass hier jedes Jahr jemand anklopft und sagt: Ich würde gerne eintreten.“ Stattdessen kämen die Interessentinnen in einem stetigen, aber weniger regelmäßigen Rhythmus, etwa alle zwei bis vier Jahre.

Auf die Frage, ob es etwas gebe, dass sie sich von der Gesellschaft im Umgang mit Ordensschwestern wünschen würde, sagt sie: „Ich würde mir mehr Neugierde wünschen, dass die Leute zu uns ins Kloster kommen und uns zum Ordensleben fragen.“ Jeder dürfe das Kloster besuchen, ganz egal, ob und welcher Konfession man angehöre.

Ordensschwestern leben in Keuschheit, dürfen nicht heiraten und keine Kinder bekommen. Das Thema Kinderwunsch sei aber immer mal wieder Thema im Kloster, Schwestern im gebärfähigen Alter würden sich damit auseinandersetzen, sagt Schwester Maria. „Es ist schon so, dass man einen bewussten Verzicht eingeht, aber Kinder zu kriegen ist für Frauen nun mal eine biologische Möglichkeit, und da kann man auch im Kloster nicht einfach sagen, das Thema ist nicht mehr da oder Wunsch kommt nie durch.“ Sie sagt: „Momentan habe ich keinen Kinderwunsch, aber es kann sein, dass sich das auch noch ändert.“