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„Verfall droht“Kölner Künstler kämpfen für einzigartiges Stadtkunstprojekt

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Kämpfen weiter für ihre Projekt: Marc Leßle und Anja Kolacek

Köln – Elf Jahre lang haben Marc Leßle und Anja Kolacek mit zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern am „Deutzer Zentralwerk der schönen Künste“ gearbeitet. Oder besser: An einem Vorschlag dafür, was das ehemalige Areal von Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD), auf dem einst die erste Gasmotorenfabrik der Welt entstand, heute sein kann. Die Antwort: Ein einzigartiges Stadtkunstprojekt, für das die alte Industriebrache sorgfältig aufbereitet wird und wo Theater, Musik und bildende Kunst stattfindet.

Seit der Räumung im April 2021, die der ehemalige Besitzer des Geländes initiiert hat, liegt das Gelände brach. Dabei gehört es inzwischen der Stadt Köln. Leßle und Kolacek suchen nach Möglichkeiten, wieder reinzukommen – und das, was sie einst behutsam als Vision entwickelt haben, endlich umzusetzen. „Wir sind optimistisch, dass wir das hinbekommen“, sagt Marc Leßle. „Die Stadt Köln hat diesem Ort einen Wert gegeben, 21 Millionen Euro für die Hauptverwaltung sind ein stolzer Preis.“ Es ist der Preis, den die Stadt zahlte, um die ehemalige KHD-Hauptverwaltung, den vorderen Teil des Geländes, zu kaufen.

Kölner Künstler über Industriebrachen: „Es droht weiterer Verfall“

Doch der Wert drückt sich bislang nicht darin aus, wie mit dem Gelände umgegangen wird. „Frustrierend ist, dass diese Räume schimmeln und weiterer Verfall droht“, sagt Leßle. „Und dass wir uns seit mehr als einem Jahr nicht um den Erhalt dieses historischen Inventars kümmern dürfen. Was wir jahrelang mit Restauratoren und vielen ehrenamtlichen Helfern gemacht haben.“ Das, sagt er, tue am meisten weh. „Wir möchten diesen Ort so schnell wie möglich wieder öffnen.“

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Die Künstler haben im Stadtrat fraktionsübergreifend Unterstützer hinter sich versammelt

Auch die Politik hat daran ein Interesse. Unterstützer aus unterschiedlichen Fraktionen haben sich am Freitagabend vor dem Gelände getroffen, um zu diskutieren, wie raum13 zurück an die Schlüssel kommen kann. „Es ist die letzte Fläche, auf der wir als Bürgerinnen und Bürger im Mülheimer Süden noch einen Zugriff haben. Alles andere ist dem Boden gleich gemacht worden“, sagt Anja Kolacek mit Blick auf die umliegenden ehemaligen Industrieareale, die inzwischen in Investorenhand und nicht mehr wiederzuerkennen sind.

Kölner Stadtrat: Braucht es weitere Beschlüsse?

Unter Druck steht vor allem das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt. Ist die Beschlusslage klar, der Auftrag an die Verwaltung deutlich genug? Bislang hat der Rat einer Vorlage zugestimmt, die eine gemeinwohlorientierte Entwicklung des Geländes vorsieht. Ob raum13 zurückkehren kann, ist weiterhin nicht final geklärt. Doch Derya Karadag (Grüne) verspricht: „Das Ob ist unstrittig, wir diskutieren über das Wie.“ Das Bündnis wolle, dass das Deutzer Zentralwerk der schönen Künste wiederbelebt wird. „Wir haben ein Umsetzungsproblem, es gibt eben noch keinen Mietvertrag“, so Karadag weiter, die den Knackpunkt bei der Verwaltung sieht.

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Wie bekommen wir die Tore geöffnet? Noch ist für raum13 keine Antwort in Sicht.

Maria Helmis (SPD) fordert ein „klares Bekenntnis für die Initiative“, aus ihrer Sicht reicht die politische Beschlusslage nicht aus. Auch Lorenz Deutsch (FDP) sagt, er sehe bislang keinen Konsens dafür, dass raum13 einziehen darf. „Wir brauchen einen Ratsbeschluss, der sagt: Das machen wir“, fordert er. Michael Weisenstein von den Linken sieht hingegen einen „großen Konsens“ darüber, dass die Initiative zurück auf das gekaufte Gelände darf.

Seiner Ansicht nach besteht der eigentliche Konflikt in der Frage, ob raum13 eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des gesamten Otto-und-Langen-Quartiers, das die Stadt womöglich günstiger als bisher gedacht erwerben könnte, spielen soll. „Darum müssen wir richtig streiten, dafür müssen wir kämpfen.“ Schließlich seien es die Akteure von raum13, die sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Gelände auseinandergesetzt haben – nicht die Stadt.

Stadt Köln hält sich weiterhin bedeckt

Das Kulturamt der Stadt hält sich derzeit eher bedeckt. Referent Benjamin Thelen betont, die Stadt spiele „als Vermieterin eine Rolle, die sie nicht gewohnt ist.“ Zuletzt scheiterte eine Genehmigung unter anderem an Sicherheitsbedenken aus dem Bauamt. Thelen setzt auf einen vermittelnden Dialog. Er hat das Kulturraummanagement, das in den kommenden Wochen offiziell starten und künstlerische Initiativen vonseiten der Stadt unterstützen soll, mit aufgebaut.

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Der Vorschlag von raum13: Die Stadt kauft den gesamten Boden, alles darüber wird an unterschiedliche Institutionen, Investoren, Baugruppen, Genossenschaften und Entwickler vergeben. Die Künstlerinnen und Künstler haben konkrete Vorschläge dafür entwickelt, wo getanzt, gewohnt, gewerkelt, gesungen und wo erinnert werden kann. Wie groß ihr Einfluss auf die Entwicklung sein wird, ist noch nicht klar. Und davor stellt sich die Frage, ob und wann sie auf das Gelände dürfen. „Wir sind gezwungen, abzuwarten“, sagt Marc Leßle.