Ein völlig aus dem Ruder gelaufener Einsatz könnte fünf Polizisten für mehrere Jahre ins Gefängnis bringen. Seit Donnerstag läuft der Prozess.
Prozessauftakt am LandgerichtKölner stirbt nach Polizeieinsatz – fünf Beamten droht Gefängnis
Es sind Vorwürfe, von denen sich der scheidende Kölner Polizeipräsident Falk Schnabel „erschüttert“ gezeigt hatte. Ab Donnerstag müssen sich fünf Polizisten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten. Die Beamten sollen im April 2021 einen Familienvater in Bickendorf bei einem Routineeinsatz schwer misshandelt haben. Der 59-Jährige zog sich Rippenbrüche zu – er verstarb zwei Monate später an den Folgen seiner Verletzungen.
Köln: Anklage spricht von massiver Gewalt ohne Legitimation
Streifenbeamte wollten an jenem Tag nur einen Fall von Unfallflucht klären, eine Spur hatte zur Tochter des späteren Opfers geführt. Die war noch an der Wohnanschrift ihres Vaters in der Vitalisstraße gemeldet und nicht vor Ort. Das Missverständnis hatte sich schnell geklärt, doch dann soll der Wohnungsinhaber sich auf der Straße lauthals über die Beamten und den Einsatz beschwert haben, angetrunken und mit einer Bierdose in der Hand.
Die Anklageschrift der Kölner Staatsanwaltschaft wirft den Polizisten vor, nicht etwa deeskalierend auf den Mann eingewirkt und sich von der Wohnanschrift entfernt zu haben. Im Gegenteil, stattdessen soll der Hauptangeklagte unter dem Stichwort, es gebe Stress, Verstärkung angefordert haben. Ohne, dass es nach dem Strafrecht oder Polizeigesetz gerechtfertigt gewesen sei, hätten die Polizisten den Bickendorfer dann zu Boden gebracht und diesen geschlagen und getreten.
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Kölner verstirbt zwei Monate nach dem Polizeieinsatz
Im Ehrenfelder St. Franziskus-Hospital stellten die Ärzte bei dem Bickendorfer zwei gebrochene Rippen im Brustbereich fest. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus soll der Verletzte seine Hausärztin aufgesucht und sich Schmerzmittel besorgt haben. Danach soll er der Mann aber trotz erheblicher Beschwerden auf weitere Behandlung verzichtet haben. Etwa acht Wochen nach dem Polizeieinsatz verstarb der 59-Jährige an einer Blutvergiftung aufgrund einer Lungenentzündung.
Die Rechtsmedizin sah zwar einen kausalen Zusammenhang zwischen Verletzung beim Polizeieinsatz und dem Eintreten des Todes. Allerdings hätte die Lungenentzündung womöglich verhindert werden können, hätte der Mann sich mit Schmerzmitteln und Antibiotika weiter behandeln lassen. Die Polizeibeamten wurden daher letztlich nicht wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt – ein schwerer Straftatbestand, der im Regelfall mit Gefängnis nicht unter drei Jahren bestraft wird.
In einer Mitteilung hatte die Witwe des Mannes den Darstellungen der Gerichtsmediziner aber widersprochen: „Mein Mann hat alles getan, wozu die Ärzte im Krankenhaus und seine Hausärztin ihm geraten haben, um wieder gesund zu werden.“ Dieser Punkt wird somit im anstehenden Strafprozess ausführlich behandelt werden müssen. Überhaupt gilt der ganze Sachverhalt als äußerst strittig. Das Landgericht hat zunächst zehn Verhandlungstage bis zum 30. November angesetzt.
Verteidiger weist Vorwürfe zurück und nennt sie „absurd“
Weiteren Beamten wird „Verfolgung Unschuldiger“ vorgeworfen, da sie mit falschen Angaben eine Anzeige gegen das Opfer geschrieben haben sollen, wegen Widerstands, Bedrohung und Beleidigung. „Gerade einen umgeklatscht“, so sollen Beamte in Textnachrichten geprahlt haben. Anwalt Christoph Arnold vertritt den Hauptbeschuldigten, er wies die Vorwürfe bereits entschieden zurück. Der Bickendorfer habe den Beamten Prügel angedroht, sie wüst beschimpft. „Hier von einem ungerechtfertigten Einsatz und übertriebener Polizeigewalt zu sprechen, ist absurd“, so Arnold.
Die Vorwürfe gegen die Polizisten stünden „im krassen Widerspruch zu den Werten, für die die Polizei Köln steht. Sollten sie sich bestätigen, haben die Angeschuldigten sich in gefährlicher Weise von Recht und Gesetz entfernt und den Opfern sowie dem Ansehen der Polizei schweren Schaden zugefügt“, hatte der Polizeipräsident Schnabel erklärt. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe seien „unsere Strukturen intensiv überprüft und ein Interventionskonzept erarbeitet“ worden, so Schnabel.