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„Vieles ist weggebrochen“Max Giermann über Köln, Politiker und die Corona-Pandemie

Lesezeit 6 Minuten

Max Giermann

Köln – Er ist Donald Trump, Klaus Kinski, Stefan Raab oder Torsten Sträter – aber selten mal er selbst: Der Kölner Parodist Max Giermann (45) hat riesigen Erfolg mit anderen Leuten, ihn selbst kennt kaum einer richtig. Das soll sich jetzt ändern. In seinem neuen Buch „Ich bin was, was du nicht siehst“ (Lappan Verlag, 16 Euro) gibt er mit Cartoons und Karikaturen einen Einblick in sein Schaffen. Am 26. Februar stellt er es im „Gloria“ vor.Wenig Text, viele Bilder: „Ich bin was, was du nicht siehst“ ist ein Buch, das man so von Ihnen nicht erwarten konnte. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?Giermann: Alles hat mit der Anschaffung eines Tablets begonnen. Das habe ich in die Maske mitgenommen, in der ich oft vier bis fünf Stunden sitze, um zur anderen Person zu werden. Zum Zeitvertreib habe ich darauf gezeichnet. Plötzlich sprudelte es aus mir raus, und es verselbstständigte sich. Jetzt zeichne ich nicht nur in der Maske, sondern überall, wo es geht – in der Straßenbahn, im Zug oder auf dem Klo.

Hatten Sie vorher schon gezeichnet?

Giermann: Ja, immer schon. Schon als Kind habe ich alles, was ich erlebte, nachgezeichnet. Wenn wir mit der Familie Ski laufen waren, was wir gemeinsam im Fernsehen gesehen haben, unsere Sonntags-Ausflüge – ich habe alles festgehalten. Ich habe es geliebt, fantasierte Kampfszenen oder Motorradrennen zu zeichnen, allerdings musste Action dabei sein. Es gibt noch heute Schubladen voller DIN-A-3-Zeichnungen aus der Zeit.

Es ist ein sehr schönes Buch geworden, aber hin und wieder etwas anstößig ...

Giermann: So etwas zeichne ich, wenn mein Penis die Kontrolle über mich übernimmt (lacht). Aber es gibt auch genug Cartoons, in denen es nicht um Sex geht.

Sie leben in Zündorf. Wie sind Sie da gelandet?

Giermann: Das war reiner Zufall. Wir sind 2009 nach Köln gekommen, haben erst nahe dem Friesenplatz und den Ringen gewohnt und fanden es erst toll, mitten in der Stadt zu sein. Dann wurde uns aber schnell klar, dass es keine langfristige Lösung ist.

Zur Person

Max Giermann (45) hat an der Schauspielschule „Ernst Busch“ in Berlin gelernt und anschließend eine Ausbildung zum Clown durch George Peugot gemacht. Bis 2008 arbeitete er in der Clownsgruppe „Comedy Kids“. Es folgten Theater-Engagements und im Jahr 2011 das erste Live-Programm „Wer denn sonst?“ Seit 2014 ist er in der ARD-Satire-Sendung „Extra 3“ zu sehen, seit 2015 außerdem in „Sketch History“ (ZDF). Weitere Einsätze hatte Max Giermann 2018 bei „Einstein Junior“ (RTL) sowie 2021 bei „LOL: Last One Laughing“, unter anderem mit Anke Engelke, Barbara Schöneberger und Carolin Kebekus. Gastgeber ist Michael Bully Herbig (Amazon Prime Video). Giermann ist verheiratet und hat zwei Kinder. (red)

Was hat Sie in der City gestört?

Giermann: Jedes Wochenende das Erbrochene vor der Tür und der Urin-Gestank. Das wollten wir nicht dauerhaft haben. Wir haben uns daher was Neues gesucht und Zündorf gefunden. Es gefiel uns, dass es etwas ländlich, aber nicht allzu weit von der Stadt ist. Im Sommer vermittelt Zündorf einem das Gefühl, dass man nicht in Köln wohnt.

Fühlen Sie sich als Kölner?

Giermann: Kölner strahlen immer aus, dass man eine lange Geschichte braucht, um sich so nennen zu dürfen. Deswegen maße ich es mir nicht an, mich Kölner zu nennen. Ich betrachte Köln sowieso nur als mein Zuhause, nicht als meine Heimat – das ist und bleibt Freiburg.

Könnte Zündorf der Ort fürs Leben werden?

Giermann: Ich möchte nirgendwo fest verwurzelt sein. Jetzt fühle ich mich da sehr wohl, aber ich könnte mir vorstellen, dass ich mich noch mal räumlich verändere.

Derzeit sind Sie mit Ihrer Trump-Parodie in der Satire-Sendung „Extra 3“ zu sehen. Wie lange dauert es, bis Sie einen Politiker intus haben?

Giermann: Ich weiß immer sechs Wochen vorher Bescheid, wenn ein neuer kommt. Diese Zeit benötigt die Maske. Ich selbst brauche eine Woche, bis ich weiß, in welche Richtung es bei der neuen Rolle geht und muss noch zwei bis drei Wochen üben, üben, üben.

Wir erleben derzeit ein Kandidaten-Gewusel um den CDU-Vorsitz und den Union-Kanzlerkandidaten. Wen könnten Sie nachmachen?

Giermann: Ich habe mal überlegt, Friedrich Merz zu machen, aber das war optisch sehr schwierig. Er hat eine Art Eierkopf, der spitz zuläuft, das wird bei mir nicht funktionieren. Stimmlich habe ich mich oft vor bayerischen Politikern gedrückt, weil ich des Bayerischen nicht wirklich mächtig bin. Aber Laschet ginge – mal gucken (lacht).

Die Parodien haben den Nachteil, dass alle über Sie lachen, aber dass Sie ohne Maske nicht erkannt werden. Wurmt Sie das?

Giermann: Im Gegenteil, diese Rollen sind ein großer Schutz für mich. Nicht nur, weil ich nicht so oft auf der Straße erkannt werde, was mir entgegen kommt. Sondern auch, weil ich in dem Moment, in dem ich die Figur spiele, selbst nicht mehr da bin. Dann geht es nicht mehr um mich, sondern um die Person, die ich darstelle. Ich selbst trete nie in Erscheinung. Darin liegt eine große Freiheit für mich.

Wie ist es für Sie in diesen Zeiten? Hat Corona Einfluss auf Ihre Arbeit genommen?

Giermann: Vieles ist weggebrochen, abgebrochen und verschoben worden. Aber ich habe auch viel Neues probiert und selbst sogar Einspieler für „Extra 3“ mit dem Handy gedreht. Ich fand es zunächst schwierig, dass ich plötzlich auch für die Kamera und andere technische Fragen zuständig war. Das überfordert mich schnell, weil ich mich auf mein Spiel konzentrieren muss. Aber man lernt auch was. Es ist gut geworden und darauf war ich stolz.

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Für immer wäre es nichts?

Giermann: Ich werde wohl nie ein Youtuber, der seine Sachen selbst produziert. Ich konzentriere mich auf meine Abteilung. Ich bewunderte immer schon Kollegen, die Regie führen und dann auch noch mitspielen – das würde mich total überfordern.

Könnte das Zeichnen eines Tages mehr werden als ein schönes Hobby?

Giermann: Ich mache seit 15 Jahren Leute nach und kann mir nicht vorstellen, das auch noch in den nächsten 15 Jahren zu machen. Da wächst man irgendwann raus. Deswegen bin ich immer neugierig auf das, was es sonst noch gibt, und das ist aktuell das Zeichnen. Das fühlt sich für mich sehr erfrischend an. Vielleicht mache ich ja eines Tages Karikaturen für Zeitungen.