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Aus dem 19. JahrhundertFrauen-Netzwerk spendet 2000 Euro für Restaurierung einer Akte über Kölner Gebärhaus

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Zwei Frauen stehen vor einer Akte

Sibylle Esser (l.), Präsidentin Zonta Club Köln 2008, mit Vizepräsidentin Juliane Kuhn und der restaurierten Akte im Archivgebäude.

Die mehr als 200 Jahre alte Akte eines Kölner Gebärhauses wurde aufwendig restauriert und sagt viel über die damaligen Rollenverhältnisse.

Verfärbungen, Verschmutzungen, Beschädigungen durch den Einsturz des Stadtarchivs 2009: Die mehr als 200 Jahre alte Akte mit Verwaltungsdokumenten zur Errichtung eines Gebärhauses in Köln war bis vor Kurzem in keiner guten Verfassung. Das hat sich mittlerweile geändert: Beim Frühjahrsempfang der Kölner Frauenserviceclubs im neuen Archivgebäude am Eifelwall lag eine frisch restaurierte Akte zur Besichtigung aus.

Die Kosten für die aufwendige Behandlung des aus französischer und preußischer Zeit stammenden Konvoluts betrugen 2000 Euro – Geld, das der Verein „Zonta Köln 2008“ durch eine Spendensammlung aufgebracht hat. Zonta kümmert sich um sozial benachteiligte Frauen und Mädchen, fördert deren Bildung und unterstützt Künstlerinnen. In diesem Jahr richtete der Verein das Treffen mehrerer Kölner Frauen- und Charity-Clubs dort aus, wo die Akte mit 91 Blättern aus den Jahren 1812 bis 1821 in rund 40-stündiger Expertenarbeit ihre Wiederauferstehung feierte.

„Alles, was Frauen gut konnten, wird von Männern dominiert.“
Claudia Tiggemann-Klein, Historisches Archiv

Rund 130 Frauen lauschten im Archivgebäude Vorträgen, vernetzten sich und bewunderten das Ergebnis der Restaurierung. Aus gutem Grund sei dieses Projekt für die Spende ausgewählt worden, sagte Zonta-Vizepräsidentin Juliane Kuhn. Einerseits sei das Gebärhaus errichtet worden, um unverheiratete Frauen kostenlos bei der Geburt und im Wochenbett zu unterstützen: „Andererseits wurden Frauen, die fit waren, verdrängt und klein gemacht.“

Höhere Sterblichkeit in Entbindungshospitälern

Hauptzweck der Entbindungshospitäler war nämlich die Ausbildung von Ärzten und Chirurgen zu Geburtshelfern, auch Accoucheure genannt. „Viele Regierungen und die Öffentlichkeit waren im Zuge der Aufklärung überzeugt, dass studierte männliche Mediziner eine bessere Geburtshilfe leisten könnten als die traditionellen Hebammen“, so das Historische Archiv.

Dabei sei die Müttersterblichkeit in den von Ärzten geleiteten Entbindungshospitälern wesentlich höher gewesen als bei Hausentbindungen, um die sich vor allem die Hebammen kümmerten. „Männer haben sich über die Frauen hinweggesetzt“, so Kuhn. Ein Phänomen, das sich für Claudia Tiggemann-Klein vom Archiv durch das gesamte 19. Jahrhundert zieht: „Alles, was Frauen gut konnten, wird von Männern dominiert.“