SPD-Politiker Martin Börschel sollte neuer Stadtwerke-Boss werden, stolperte aber über die gleichnamige Affäre. Nun hat Michael Theis den Job.
Starker Mann in Köln?Neuer Stadtwerke-Chef sieht sich nicht als Christian-Lindner-Kopie
Herr Theis, Was sind Ihre Aufgaben bei den Stadtwerken Köln?
Michael Theis: Als hauptamtlicher Geschäftsführer der Stadtwerke Köln GmbH verantworte ich direkt die Bereiche Finanzen, Controlling, Steuern und Konzernrevision. Mit mir arbeiten in der SWK-Geschäftsführung nebenamtlich drei weitere Kollegen. Herr Feicht als Vorsitzender der Rhein-Energie, Frau Haaks als Vorsitzende der Kölner Verkehrs-Betriebe und Herr von Lepel als Geschäftsführer der Netcologne. Meine Kollegin und Kollegen bringen die operative Expertise aus der jeweiligen Unternehmensleitung ihrer Häuser und ich bringe den neutralen und finanziell geprägten Blick mit.
Was heißt das konkret?
Unser Stadtwerke Köln Konzern gehört zu den größten kommunalen Unternehmensverbünden in Deutschland und wir sind für große Bereiche der Daseinsvorsorge in Köln und zum Teil in der Region verantwortlich. Unsere Gesellschaften kümmern sich um die Energie- und Wärmeversorgung, das Trinkwasser, den ÖPNV und die Logistik, die Abfallentsorgung und Recycling, aber auch um Telekommunikation oder um Stadtentwicklung, um nur einige Geschäftsfelder zu nennen. Daraus ergibt sich das Ausmaß unserer Arbeit für Köln und natürlich auch für mein Aufgabenspektrum. Als Geschäftsführer der Finanzholding SWK GmbH organisiere ich die Finanzen unseres Konzerns.
Das heißt unter anderem, ich kümmere mich darum, für unsere vielfältigen Aufgaben das erforderliche Geld bereitzustellen, ich sichere also den Cashflow. Zudem gehört das Beteiligungscontrolling zu meinen Hauptaufgaben. Außerdem beschäftigen wir uns gerade im gesamten Konzern mit einem Strategiecheck, mit dem Ziel, unsere Unternehmensstrategie an die aktuellen und zukünftigen Erfordernisse anzupassen, die Maßnahmen zu definieren und deren finanziellen Auswirkungen zu bewerten. Dieser Strategiecheck erfolgt gemeinsam mit den Unternehmen des Stadtwerke Köln Konzerns. Dabei geht es vor allem um die Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer Infrastrukturen und Dienstleistungen für die Stadt und die Region. Der Stadtwerke Köln Konzern ist solide aufgestellt und ich kenne in Deutschland keinen Stadtwerke-Verbund, der heute so gut dasteht wie in Köln.
Vorher haben die angesprochenen drei Vorsitzenden Ihren Job gemeinsam erledigt. Warum braucht es nun Ihre Stelle?
Die Stadt wächst und damit wachsen auch die Aufgaben, mit denen sich der Stadtwerke Köln Konzern beschäftigt. Die Gestaltung der Energie- und Mobilitätswende, der Ausbau der digitalen Infrastruktur oder der Ausbau bezahlbaren Wohnraums in Köln erfordern unsere gesamte Aufmerksamkeit und bedeuten für die SWK-Geschäftsführung einen gegenüber den Vorjahren deutlich höheren Koordinierungs- und Steuerungsaufwand. Allerdings sind in der Vergangenheit die Strukturen nicht mitgewachsen. Meine Kollegin und meine Kollegen in der Geschäftsführung haben die nötigen Koordinierungsaufgaben nebenamtlich mit übernehmen müssen, was weit über deren Jobbeschreibung hinausging.
Als hauptamtlicher Geschäftsführer der SWK habe ich größere Zeit- und Koordinierungskapazitäten. Ich nehme eine neutrale Position zwischen den Gesellschaften ein und habe den Auftrag als Schnittstelle zwischen den SWK-Unternehmen einerseits und als Schnittstelle zur Stadt Köln andererseits zu agieren. Das gemeinsame Ziel – wir wollen jetzt das Tempo erhöhen, wenn wir die Transformationsaufgaben umsetzen wollen. Also: Koordination ja, aber wir mischen uns nicht in das operative Geschäft der Unternehmen ein, weil die Firmen dafür zu unterschiedlich sind. Die KVB hat andere Herausforderungen zu lösen als die Rhein-Energie.
Da Sie für die Finanzen zuständig sind: Sind Sie der Christian Lindner der Stadtwerke?
Auf die Frage habe ich gewartet, aber so sehe ich mich nicht. In erster Linie möchte ich im Geschäftsführungsteam in unterschiedlichen Rollen die Transformationsaufgaben angehen, die vor uns liegen.
Was heißt Transformation konkret?
Wie ich eben bereits sagte, vor uns liegen gewaltige Aufgaben: dazu gehören unter anderem Klimaneutralität bis möglichst 2035, Verkehrswende, Digitalisierung. Das sind immense Herausforderungen für die Stadtwerke-Unternehmen und die Stadt Köln, für die wir in den nächsten zehn, 15 Jahren sehr viel Geld benötigen. Da müssen die Unternehmen nun jeweils schauen, wie sie ihre Ziele erreichen können. Und dann müssen wir das zusammen mit unserer Eigentümerin in eine ausgewogene Balance bringen.
Die Stadtwerke brauchten zuletzt einen 400-Millionen-Euro-Kredit der Stadt als Sicherheit, um auf dem Energiemarkt einkaufen zu können. Nun sinken die Preise. Brauchen sie das Geld noch?
Nein, die Kreditlinie war letztlich ein „doppelter Hosenträger“. Wir sind gerade dabei, diese Kreditlinie abzulösen durch Kredite mit verschiedenen Banken. Auch diese dienen aber nur zur Absicherung, falls die Märkte nochmal so verrückt spielen wie im letzten Jahr.
Sie haben Zinsen, Inflation und Krisen angesprochen. Was heißt das für die Gebühren und Ticketpreise der städtischen Unternehmen? Wie viel davon kann man an die Kunden weitergeben?
Das ist keine einfache Frage. Ich kann Hinweise geben und den Finger in die Wunde legen. Aber entscheiden tue ich es nicht. Wir sind eine ergebnissichernde Finanzholding. Es gilt auszutarieren, wie viel Überschuss wir in den städtischen Haushalt abführen und wie viel Geld wir für die Transformation der städtischen Unternehmen brauchen. Das wird spannend – zumal wir gerade steigende Zinsen und einen Fachkräftemangel haben.
Nehmen Sie das 49-Euro-Ticket, das die KVB betrifft. Es stellt sich die Frage, wie lange der Bund das Ticket finanziell unterstützt, wir brauchen diesen Ausgleich. Bis 2025 hat der Bund das Geld zumindest zugesagt. Anders ist es bei den Abfallwirtschaftsbetrieben und der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft. Da sehe ich kurzfristig keine Probleme und keine möglichen Gebührenerhöhungen – allerdings legen Stadt und Politik das fest. Aber klar, irgendwann kommt die Inflation auch bei uns an.
Um die Entstehung Ihres Postens gab es sehr viele Medienberichte, weil der damalige Aufsichtsratschef und SPD-Fraktionschef Martin Börschel ihn ohne Ausschreibung erhalten sollte. Das Vorhaben scheiterte, von Klüngel war die Rede. Haben Sie vor dem Antritt mal gedacht: Oh Gott, was tue ich mir hier an?
Nein, da bin ich ziemlich entspannt. Ich bin jetzt 59 Jahre alt, war in Berlin auch im kommunalen Umfeld tätig und habe viel erlebt. Und die Kölner Politik erlebe ich so, dass alle sich auf die nötige Transformation geeinigt haben. Es braucht keine Grundsatzdiskussionen mehr. Mir macht der Job total viel Spaß. Übrigens eine Position, für die ich einen intensiven Bewerbungsprozess durchlaufen habe. Ich blicke nicht sorgenvoll in die Vergangenheit, sondern freudig auf das, was auf mich zukommt.
Als es damals um den Job ging, war angesichts der möglichen Machtfülle die Rede von einem Oberbürgermeister light. Wie sehen Sie das?
Aus politischer Rhetorik halte ich mich heraus. Natürlich wird sich meine Rolle neu entwickeln, weil die Aufgabe ja komplett neu ist. Aber wir arbeiten hier im Team, das ist mir wichtig.
Sind Sie mehr Berater als Entscheider?
Meine Aufgaben habe ich eingangs beschrieben. Die drei Kollegen in der Geschäftsführung haben immer zwei Hüte auf, ich dagegen vertrete ausschließlich die Interessen der SWK. Am Ende treffen wir in der SWK-Geschäftsführung aber zu viert die Entscheidungen und wir haben bislang immer Einigkeit erzielt.
Im April 2018 hat die Stadtwerke-Affäre (SWK) begonnen, als der damalige SWK-Aufsichtsratschef und SPD-Fraktionschef im Stadtrat, Martin Börschel, den neuen Job als hauptamtlicher Geschäftsführer der SWK übernehmen sollte – allerdings ohne Ausschreibung. Die Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und CDU hatten sich darauf geeinigt, es ging um mehrere Posten in städtischen Firmen. Der Deal wurde öffentlich und platzte, von Klüngel war die Rede.
Börschel verließ später den Stadtrat, Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank musste gehen. Die aktuelle Chefin des Aufsichtsrates, Anne Lütkes (Grüne), hatte von einem „überfallartigen Vorgehen“ gesprochen.
Bis Ende 2022 hatten die Chefs von Rhein-Energie, Kölner Verkehrs-Betriebe und Netcologne die Geschäftsführung der SWK-Holding nebenamtlich erledigt. Seit 1. Januar ist Michael Theis neuer hauptamtlicher Geschäftsführer. Unter anderem war er vorher Finanzvorstand bei der Berliner Stadtreinigung. Die SWK-Holding besteht aus 160 Mitarbeitenden, die sich um die Belange der städtischen Unternehmen kümmern, die unter dem SWK-Dach vereint sind. Dazu zählen unter anderen die Köln-Bäder. Insgesamt arbeiten dort 12.430 Menschen. Der Umsatz betrug 2021 insgesamt rund 6,61 Milliarden Euro. (mhe)