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Von der Straße in den RingKölner Olympiadritter Nelvie Tiafack lobt Projekt Mitternachtssport

Lesezeit 4 Minuten
Kölner Jugendliche treten beim Box-Event gegeneinander an.

Kölner Jugendliche traten beim Box-Event gegeneinander an.

Das Kölner Sportprojekt ist gratis und bietet Jugendlichen die Chance, sich in verschiedenen Sportarten auszuprobieren.

Getreu dem Motto „Aus dem Veedel in den Ring“ konnten sich Jugendliche aus ganz Köln am Samstagabend beim jährlichen Boxturnier des Mitternachtssports messen. Der Mitternachtssport ist ein bewährtes Programm zur Gewaltprävention für Kölner Jugendliche. Organisiert vom Stadtsportbund Köln und der Sportjugend Köln, bietet die Sportserie jungen Menschen zwischen 16 und 27 Jahren seit über zwei Jahrzehnten eine sichere Plattform, um sich einmal in der Woche in den Freitagabendstunden sportlich zu betätigen. Der deutsche Superschwergewichts-Boxer und Olympia-Bronzemedaillengewinner Nelvie Tiafack eröffnete das Event mit einer Rede.

Mitternachtssport: Mehr als nur Boxen

Der Mitternachtssport entstand, um Kölner Jugendlichen eine sinnvolle Alternative zu bieten und sie von delinquentem Verhalten abzuhalten. Teilhabe steht dabei an erster Stelle: „Wir wollten die Jugendlichen fragen, worauf sie eigentlich Lust haben – und da war schnell klar: die wollen boxen“, sagt Christine Kupferer, Geschäftsführerin des Stadtsportbunds Köln.

Boxer Nelvie Tiafack am Mikrofon

Nelvie Tiafack gewann bei den Olympischen Spielen in Paris die Bronzemedaille im Superschwergewicht.

Die Angebote werden freitags von 22 bis 24 Uhr von einem Sozialarbeiter und einem Übungsleiter durchgeführt. Das Format ist nicht auf bestimmte Sportarten fixiert. Mittlerweile haben sich Fußball, Basketball, Boxen und Tanzen herauskristallisiert, weil die Jugendlichen danach am meisten fragen. Einige der Angebote richten sich gezielt an Mädchen, wie das neu installierte Fußballtraining in Kalk oder Boxen in Chorweiler.

Abend im Zeichen des Fairplay

Das Boxturnier ist ein Jahreshöhepunkt, der Jugendlichen aus verschiedenen Kölner Stadtteilen die Möglichkeit bietet, sich einander im Ring zu begegnen. „Es gibt keine Gewinner und Verlierer – am Ende gehen beide Hände nach oben“, sagt Tom Schulte, Jugendbildungsreferent und Verantwortlicher des Mitternachtssports. Ziel sei es, Pflichtbewusstsein und Gewissenhaftigkeit zu fördern. „Der pädagogische Wert steht im Vordergrund, nicht die Leistung.“

Nelvie Tiafack in Paris mit seiner Bronzemedaille.

Nelvie Tiafack in Paris mit seiner Bronzemedaille.

Profi-Boxer Tiafack zeigte sich ergriffen vom Sportsgeist der Teilnehmenden. „Diese Jungs sind unglaublich talentiert, das sah nach echten Experten aus“, lobte der Kölner Olympiadritte nach den ersten Kämpfen. Beeindruckt zeigte er sich auch von der Disziplin und der Fairness der jungen Sportlerinnen und Sportler.

Erfolgsprojekt mit Zukunft

Skeptiker, die fragen, ob Boxen denn wirklich zur Gewaltprävention geeignet sei, gebe es nur noch wenige, die Erfolge des Programms sprächen für sich, meint Tom Schulte. „Wer einmal gespürt hat, wie es sich anfühlt, einen Schlag einzustecken, wird nicht mehr leichtsinnig austeilen.“ Die Jugendlichen seien nach dem Training ausgeglichener und hätten weniger Energie für Konflikte auf der Straße.

Das Boxturnier sei nicht nur sportlich eine Herausforderung, es eröffne viele auch neue Perspektiven. „Die Jugendlichen kommen so auch mal aus ihren Stadtteilen heraus, das ist für viele nicht selbstverständlich“, fügt Schulte hinzu.

Tom Schulte (Jugendbildungsreferent) und Christine Kupferer (Geschäftsleitung) beim Box-Event

Tom Schulte (Jugendbildungsreferent) und Christine Kupferer (Geschäftsleitung) beim Box-Event

Ein Programm mit Vorbildcharakter

Die Übungsleiter des Mitternachtssports sind oft selbst ehemalige Teilnehmer und entscheidend für den Erfolg des Programms. „Uns ist es wichtig, dass die Trainer authentisch sind und als Vorbilder von den Jugendlichen ernst genommen werden“, betont Tom Schulte. Langfristig hoffe man, dass die Heranwachsenden den Weg in die Vereine finden, auch wenn dies nicht das primäre Ziel des Programms ist.

Jeder kann zu jeder Zeit mitmachen, kostenlos und ohne Anmeldung.Rund 800 Jugendliche nehmen wöchentlich an den verschiedenen Angeboten teil. Die Organisatoren hoffen, dass das Projekt weiterhin von der Stadt Köln unterstützt wird und nicht von Kürzungen betroffen sein wird. „Mit wenigen Mitteln realisieren wir hier ein Erfolgsprojekt. Wir wünschen uns, dass das noch lange möglich sein wird“, sagt Kupferer.

Zum Abschluss des Turniers durften die Teilnehmer ihre Wettkampf-Ausrüstung mit nach Hause nehmen: ein komplettes Outfit, Bandagen, einen individuell angepassten Zahnschutz und ein Springseil. Die Verpflegungsgutscheine für Currywurst, Pommes und Getränke teilten die meisten mit ihren Freunden.

Ich habe nie vergessen, wo ich herkomme
Nelvie Tiafack, Kölner Boxer

In seiner Ansprache an die Jugendlichen erklärte Profi-Boxer Nelvie Tiafack, wie der Sport ihm geholfen habe, seine Ziele zu erreichen. Er ließ seinen Erfolg kurz Revue passieren und erinnerte sich dabei an seine Wurzeln: „Ich habe viel erreicht, aber ich habe nie vergessen, woher ich komme“, sagte der Bronzemedaillengewinner.

Wer beim Mitternachtssport mitmachen möchte, schreibt eine Mail an Tom Schulte oder kann sich auf den Social-Media-Kanälen der Sportjugend Köln nach den Angeboten erkundigen. Zu finden beiInstagram unter „sport_in_koeln“ und bei TikTok unter „sportjugendkoeln“.