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Klerikale NubbelverbrennungPfarrer Frings spendet Karnevalisten „Aschekreuz to go“

Lesezeit 5 Minuten
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Wenn Pfarrvikar Thomas Frings die Sündenkarten verliest, versucht er Humor mit Tiefgang zu verbinden. 

  1. In Raderthal leitet der katholische Pfarrvikar Thomas Frings eine Nubbelverbrennung. Hier gestehen ihm die Narren ihre Sünden.
  2. Im Brauhaus lassen die Jecken mit dem Pfarrer den Abend ausklinken. Dann kommt es oft zu sehr persönlichen Begegnungen.
  3. 2016 hatte Frings sein Amt als Pfarrer niedergelegt. Was er an der katholischen Kirche kritisiert und warum er wieder ins Amt zurückkehrte.

Köln – Die Beichtstuhl-Pinnwand am Kloster der Benediktinerinnen in Raderthal ist schon gut gefüllt mit von Narren ausgefüllten Sündenkarten. Bis Karnevalsdienstag wird kein Plätzchen mehr sein. Thomas Frings, katholischer Pfarrvikar mit Schwerpunkt in der Pfarrei Herz Jesu, freut sich auf seinen Einsatz vor der benachbarten Klostergaststätte, wenn der Karneval auf die Zielgerade einbiegt.

Denn: normale Nubbelverbrennung kann jeder. Aber hier findet die klerikalste aller Kölner Nubbelverbrennungen statt. Hier wird nicht nur stumpf dem Nubbel alle Schuld zugewiesen. Hier stehen die Narren selber für ihre notierten Sünden gerade und auch die Priester, die sind echt – und noch dazu in geschwisterlicher Ökumene unterwegs.

Geistliche greifen Verfehlungen humorvoll auf

Am Karnevalsdienstag zieht sich der katholische Geistliche gemeinsam mit seinem protestantischen Kollegen der evangelischen Philippus-Gemeinde Raderthal, Klaus Eberhard, mit den gesammelten Sünden zum Beraten und Sortieren ins benachbarte Brauhaus am Kloster zurück. Dann werden in karnevalistischer Manier die Rollen getauscht: Der evangelische Pfarrer zieht das katholische Birett an und der katholische Priester das protestantische Beffchen, eine Art Halsbinde.

„Aber die rote Pappnase, die tragen wir natürlich beide.“ Wenn dann das Feuer prasselt und die Narren „Am Aschermittwoch, ist alles vorbei“ intonieren, werden die Sünden verlesen, von der Geistlichkeit kommentiert und dann dem Feuer übergeben.

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Natürlich sei das Ganze allenfalls halbernst und solle natürlich keineswegs eine echte Beichte ersetzen, meint Frings. Und natürlich handelt es sich bei den notierten „Sünden“ um keine Schwergewichte. Keiner beichtet hier, dass er fremdgegangen ist. Es sind eher harmlose Verfehlungen, die die Geistlichen dann humoristisch aufgreifen. „Aber es liegt dann auch in unserer Hand, dem ganzen Niveau und Gewicht zu geben, indem man das ein oder andere, das auf den Karten steht, auf eine andere Ebene hebt“, erläutert er.

„Ich habe zu viel gebützt“

„Wenn etwa da drauf steht, »Ich habe zu viel gebützt«. Dann erkläre ich, dass Bützen keine Sünde ist und auch kein Grund, eifersüchtig zu sein, denn es ist eine Form der Zuwendung. Symbolische Zuwendung ist im Leben zu wenig, es braucht konkrete Zuwendung. In diesem Sinne kann man gar nicht zu viel bützen.“

Wenn sich dann nach der Zeremonie alle Jecken im Brauhaus versammeln, um den Abend ausklingen zu lassen, bietet das für viele die Gelegenheit, ihn, den Priester, einfach anzusprechen. „Da kommen in dieser ganz besonderen Stimmung oft sehr persönliche Gespräche zustande.“ Auch diese Form des unkonventionellen Gesprächsangebots schätzt er als wichtigen Nebeneffekt an diesem Ritual.

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Pfarrer Klaus Eberhard (l.), Pfarrvikar Thomas Frings und die Benediktinerin Schwester Emmanuela.

Eigentlich war das mit der Sündenverbrennung eine Idee des ansässigen Bürgervereins Raderberg- und thal, der inzwischen schon traditionell vor den Karnevalstagen im ganzen Veedel die Sündenkarten verteilt. „Die sind auf mich und meinen Kollegen zugekommen.“ Und Frings fand die Idee gleich gut. Nicht nur, weil er seit dieser Session Sitzungspräsident der Karnevalsgesellschaft „Die Grosse von 1823“ ist.

2016 legte Frings sein Amt als Pfarrer nieder

Die ganz besondere Nubbelverbrennung passt in sein Verständnis von Seelsorge. Der 59-jährige Großneffe des früheren Kardinals Frings sucht nach neuen Formen, wie Kirche heute lebensdienlich für die Menschen da sein kann. Wie sie ansprechbar sein kann, wenn die Menschen nicht mehr den Weg in die Kirche finden.

Der 58-Jährige hatte 2016 sein Amt als Pfarrer in Münster niedergelegt, weil er wie er sagt, so nicht mehr weiter machen konnte und nicht mehr nur noch den Rückzug verwalten wollte. „Wir bleiben beim Gewohnten und wagen nichts Neues“, kritisierte er damals. Er zog sich für ein Jahr in ein niederländisches Kloster zurück und veröffentlichte seine kritischen Anfragen an die Kirche in dem Bestseller „Aus. Amen. Ende? So kann ich nicht mehr Pfarrer sein“.

Seit seiner Rückkehr nach Köln 2018 lebt er bei den Benediktinerinnen in Raderthal. Seit dem vergangenen Jahr gehört Frings als Pfarrvikar zum Team des neuen großen Seelsorgebereiches Innenstadt mit Schwerpunkt in den Pfarreien Herz Jesu und Sankt Mauritius. In seiner neuen Aufgabe sucht er auch nach neuen Formen der Seelsorge.

„Kneipenpriester“ verteilen Aschekreuze

Da ist es nur konsequent, dass er nicht nur bei der Nubbelverbrennung, sondern auch beim Aschenkreuz neue Wege ausprobiert. Am Feuer nach der Nubbelverbrennung verteilen so manche „Kneipenpriester“ vor Kölner Kneipen Aschenkreuze an die Narren, die sich bereitwillig anstellen und das als Ritual annehmen. Auf den Weg in die Kirche, wo die Menschen das Aschenkreuz als mahnendes Symbol der Vergänglichkeit des Lebens auf die Stirn gezeichnet bekommen, machen sich dagegen nur noch sehr wenige. Dass die Narren sich das Kreuz vor Kneipen abholen, findet Frings keineswegs blasphemisch. „Das ist eher eine Form rudimentären Erinnerns, die sich da zeigt.“

Aber Thomas Frings möchte ein alternatives Angebot machen: Erstmals wird es in diesem Jahr in Köln das Aschenkreuz „to go“ geben. Ein „ganz dezentes Angebot“ werde das. Von 12 bis 13 Uhr und von 16 bis 18 Uhr stellt er sich in Zivil am Zülpicher Platz auf in der Nähe des Portals der Herz-Jesu-Kirche - neben sich einen Aufsteller, der das Angebot erläutert. Dann können sich die Kölner quasi im Vorbeigehen von ihm mit dem Kreuz bezeichnen und sich dann persönlich die uralte Mahnung zusprechen lassen „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehrst.“ Frings ist gespannt, ob sich die Kölner auf das Experiment einlassen.