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„Im Kilogrammbereich“Prozess um bandenmäßigen Handel mit Kokain und Marihuana

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Das Marihuana sei auf Indoor-Plantagen geerntet worden. (Symbolbild)

Das Marihuana sei auf Indoor-Plantagen geerntet worden. (Symbolbild)

Die Drogen sollen zwei Angeklagte von Lieferanten aus Belgien und den Niederlanden, bezogen und an etliche Abnehmer veräußert haben.

Als Polizisten am 27. September des vorigen Jahres ein Gebäude in Düren gestürmt haben, entdeckten sie eine mehrstöckige Plantage mit 280 Cannabispflanzen. Es war nur eins von rund 25 Wohn- und Gewerbeobjekten, die bei einer großangelegte Razzia im Rheinland und in Hessen durchsucht wurden – ein Schlag gegen die organisierte Drogenkriminalität.

Kölner Landgericht: bandemäßiger Handel mit Rauschgift

Gegen zwei Männer, die damals festgenommen wurden, hat am Donnerstag vor dem Kölner Landgericht der Prozess begonnen. Einer ist 38, der andere 42. Ihnen wird unter anderem gewerbs- und bandenmäßiger Handel mit Rauschgift in zahlreichen Fällen vorgeworfen. Das Verfahren gegen vier weitere Männer, die ursprünglich mitangeklagt waren, wurde abgetrennt.

Marihuana sei in Indoor-Plantagen geerntet worden

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft haben die beiden Angeklagten spätestens seit Herbst 2019 bis zu dem Tag, als die Razzia stattfand, Marihuana und Kokain „im Kilogrammbereich“ verkauft, überwiegend im Raum Köln und Dormagen. Die Drogen sollen sie von verschiedenen Lieferanten, etwa aus Belgien und den Niederlanden, bezogen und an etliche Abnehmer veräußert haben. In anderen Fällen sei das Marihuana auf Indoor-Plantagen im Radevormwald und Duisburg sowie später auch in Düren geerntet worden, die die beiden Männer mit weiteren Personen professionell betrieben hätten. Der harte Kern sei eine Gruppierung mit „fester Aufgabenteilung“ gewesen. Der 42 Jahre alte Angeklagte und ein inzwischen verstorbener Mann seien die „Köpfe“ der Bande gewesen, die alle Aktivitäten organisiert hätten. Der 38-Jährige habe deren „Anweisungen“ befolgt und sich als ihre „rechte Hand“ insbesondere um die Anpflanzung und die Ernte der Cannabispflanzen gekümmert.

Ermittler knackten System von „SkyECC“

Die Anklage hält fest, bei der Kommunikation untereinander, mit ihren Lieferanten, Abnehmern und weiteren Mittätern hätten die Angeschuldigten den Kryptohandy-Dienstes „SkyECC“ genutzt, der den verschlüsselten Austausch von Nachrichten ermöglichte. 2021 gelang es belgischen, französischen und niederländischen Ermittlern in Kooperation mit Europol, die Verschlüsselung zu knacken und das System von „SkyECC“ zu infiltrieren; damit hatten sie Zugriff auf die Daten, darunter unzählige Chatverläufe, und konnten die laufende Kommunikation aller Nutzer mitverfolgen. Auch die deutschen Ermittlungsbehörden nutzten diese Daten; daraus ergaben sich zahlreiche Strafverfahren.

Daran machte Ulrich Sommer, einer der zwei Verteidiger des älteren Angeklagten, grundsätzliche Kritik fest: Nach deutschem Recht, das für das Abhören oder das Abgreifen digitaler Daten einen „Anfangsverdacht“ gegen bestimmte Personen voraussetze, seien die Daten illegal erworben worden. Daher dürften sie von einer deutschen Staatsanwaltschaft nicht als Beweismittel verwertet werden – ein immer wieder zu hörendes Argument. Sommer sprach von einem „großen rechtsstaatlichen Skandal“ und fragte rhetorisch, ob man den Skandal „mit diesem Verfahren fortsetzen“ wolle. Die Staatsanwältin, die mit einem Kollegen die Anklage vertritt, zeigte sich davon unbeeindruckt und verwies auf höchstrichterliche Entscheidungen, unter anderem darauf, dass der Bundesgerichtshof die Verwertung der im „EncroChat“-Verfahren erlangten Daten für zulässig erkärt hat.

Sein Mandant werde „vorläufig schweigen“, kündigte Sommer an. Anwalt Gottfried Reims sagte für den anderen Angeklagten, „in den nächsten Wochen“ würden keine Angaben gemacht. Für den Prozess vor der 8. Großen Strafkammer sind 17 Verhandlungstage vorgesehen.