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Prozess am LandgerichtAngeklagter gibt Einblicke in Kölner Drogennetzwerk

Lesezeit 3 Minuten
Auf dem Bild ist der Angeklagte mit verpixeltem Gesicht neben seinem Verteidiger im Gerichtssaal zu sehen.

Der 43-Jährige hat 2020 große Mengen Drogen nach Köln geschmuggelt. Vor dem Landgericht sitzt er auf der Anklagebank neben seinem Verteidiger.

Der Angeklagte soll 2020 knapp 200 Kilo Drogen nach Köln geschmuggelt haben. Der Prozess beleuchtet auch die Strukturen dahinter.

Details über Drogenschmuggel nach Köln, die selbst die Polizei noch nicht kannte – das berichtete ein Angeklagter im Prozess vor dem Kölner Landgericht. Dem 43-jährigen Mann aus Bonn wird vorgeworfen, Teil einer Organisation zu sein, die im großen Stil illegale Drogen nach Köln schmuggelte. Allein er soll 2020 innerhalb weniger Wochen 175 Kilo Marihuana und neun Kilo Kokain über die holländische Grenze gebracht haben. Hinter den Taten steht ein breit vernetztes System.

Ein Waldstück in den Niederlanden, wenige Hundert Meter von der deutschen Grenzen entfernt. Hier seien die Drogen umgeladen worden, berichtet ein 33-jähriger Zeuge vor Gericht, der für seine Beteiligung an den Machenschaften aktuell eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt. Der Angeklagte soll zwischen März und Juni regelmäßig hierhergefahren sein, jeweils zehn bis zwanzig Kilogramm Marihuana sowie ein bis zwei Kilo Kokain entgegengenommen und sich auf den Rückweg nach Köln gemacht haben. So geht es aus der Anklage der Staatsanwältin hervor.

Fluch und Segen der Kryptohandys

Ein bis zwei weitere Fahrzeuge hätten die Fahrt begleitet. Sie fuhren vor, um die Strecke nach Polizeikontrollen zu prüfen, berichtet der Zeuge. Kontakt sollen die Schmuggler dabei über abhörsichere Kryptohandys gehalten haben. Angekommen in Köln, habe der Angeklagte die Drogen an verschiedene Kontaktpersonen ausgeliefert – in der Innenstadt, Kalk und Ehrenfeld. Häufig habe er im Anschluss das Geld – mehrere Zehntausende Euro – zurück nach Holland gebracht.

Die Ermittler konnten den Geschäften auf die Spur kommen, als sie Zugang zu den Kryptohandy-Chats erlangten. Auch im Prozess sind die schriftlichen Aufzeichnungen von Hilfe, etwa wenn der Angeklagte einzelne Taten nicht mehr auseinander halten kann. „Auch uns helfen die Chats immer sehr“, sagt der Richter und freut sich.

Für die Schmuggelfahrten arbeitete eine größere Gruppe Menschen in Deutschland und den Niederlanden zusammen, auch das geht aus den Chats hervor. Aber wie groß war die Rolle des Mannes, der hier vor Gericht steht? In einem schlichten hellen Hemd sitzt der 43-Jährige im Gerichtsaal, das schwarze Haar ist ordentlich zurückgekämmt. Sein Gesicht zeigt im Laufe der dreitägigen Verhandlung kaum eine Regung, seine Hände liegen gefaltet ineinander, nur ab und zu beugt er sich flüsternd zu seinem Verteidiger. Er versucht, seine Rolle kleinzuhalten. Vor Gericht sagt er nur wenige Worte, lässt seinen Verteidiger für ihn sprechen. Zunächst habe er behauptet, nur ein Spähposten, später nur der Kurier gewesen zu sein, berichtet ein Ermittler im Zeugenstand.

Im Laufe der Ermittlung muss der Angeklagte diese Versionen immer wieder ändern. Neben der Kuriertätigkeit hat der 34-Jährige auch weitere organisatorische Aufgaben „wie ein engagierter Mitarbeiter“ ausgeführt, erläutert die Staatsanwältin. Als sich das nicht mehr leugnen lässt, berichtet der Angeklagte den Ermittlern bereitwillig über die Strukturen der Organisation.

Geheime Plantagen in Köln und Umland

Einige der Akteure, die er nennt, sind der Polizei gänzlich unbekannt. Auch konnte er den Beamten helfen „Bunkerwohnungen“ in der Stadt aufzuspüren, die bisher verborgen waren, etwa in Nippes und Mühlheim. Darüber hinaus verrät er, dass die Gruppe neben dem Schmuggel auch Marihuana-Plantagen betrieben hat. Zwei davon in den Randgebieten von Kalk und Grevenbroich, die dritte in Sachsen-Anhalt. Tatsächlich findet die Polizei nach den Angaben des 43-Jährigen Spuren von vorherigem Plantagenbetrieb an den beschriebenen Orten, berichtet der Ermittler.

Vor einer Gefängnisstrafe kann sich der 43-Jährige mit seinen Aussagen am Ende allerdings nicht retten. Zu groß ist das kriminelle Kalkül hinter den Taten und das Fluchtrisiko im offenen Vollzug, meint der Richter. Er wird zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Außerdem wird ihm ein Bußgeld von 59.900 Euro auferlegt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.