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Ausbreitung offenbar auch in KölnDas steckt hinter der niederländischen Drogenkriminalität der „Mocro-Mafia“

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In dieser Villa in Rodenkirchen beendete ein SEK der Polizei am Freitagabend (5.7.2024) eine Geiselnahme.

In dieser Villa in Rodenkirchen beendete ein SEK der Polizei am Freitagabend (5.7.2024) eine Geiselnahme.

Nach einer Geiselnahme sitzen sieben Männer in Untersuchungshaft. Sicherheitskreise verfolgen mit Sorge, dass sich die Mocro-Drogenmafia auch in Köln auszubreiten scheint.

Samstagvormittag, 11 Uhr. Jörg Neuhoff (Name geändert) steht in der Küche seiner Wohnung in der Brandenburger Straße hinter dem Breslauer Platz, als er einen heftigen Knall hört. Im selben Moment jagt ein Luftzug durch seine Wohnung, das Fenster zur Straße steht offen. Neuhoff verfolgt durch die Scheibe, wie ein paar Häuser weiter Trümmerbrocken und Kunststoffteile auf die Fahrbahn regnen. „Ich dachte spontan an eine Gasexplosion“, erzählt Neuhoff zwei Tage später. Doch dann erkennt er vermummte Personen mit „Polizei“-Armbinden: ein Spezialeinsatzkommando (SEK).

Am Montag sind die Trümmerteile längst von der Straße geräumt, aber die Spuren sind noch zu erkennen. Ein Fenster in der dritten Etage ist zerbrochen, dahinter stapelt sich Schutt. SEK-Beamte haben offenbar die Wohnung aufgesprengt, um einen Tatverdächtigen im Zusammenhang mit einer Geiselnahme in der Drogenszene festzusetzen. Sieben Männer sitzen inzwischen in Untersuchungshaft, weil sie einen Mann und eine Frau gekidnappt haben sollen.

Ein SEK stürmte am (6.6.2024) die Wohnung oben rechts in diesem Mehrfamilienhaus in der Brandenburger Straße in der Nähe des Breslauer Platzes.

Ein SEK stürmte am (6.6.2024) die Wohnung oben rechts in diesem Mehrfamilienhaus in der Brandenburger Straße in der Nähe des Breslauer Platzes.

Seit zwei Wochen schwelt ein Drogenkrieg in der Unterwelt. Mit hierzulande nicht gekannter Brutalität überzieht mutmaßlich die niederländische „Mocro-Mafia“ eine gegnerische Rauschgiftbande mit Sprengstoffanschlägen und Geiselnahmen. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Ermittlerkreisen erfuhr, soll ein geplatzter Drogendeal im Wert von circa 1,5 Millionen Euro den gewaltsamen Konflikt ausgelöst haben. Holländische Großhändler sollen demnach 300 Kilogramm Marihuana nach Hürth nahe Köln geliefert haben. Dort bunkerte man den Stoff in einer Lagerhalle. Vor kurzem wurden die Wächter des Verstecks überfallen und gefesselt. Die Polizei befreite die Männer, das Marihuana ist bis heute verschwunden.

Die niederländischen Täter sollen sich auf die Spur der mutmaßlichen Diebe begeben haben, heißt es. Sie vermuteten die Diebe in Kreisen, die möglicherweise zur arabischen Clanszene gehören könnten – sicher ist das noch nicht. Nachdem die Verdächtigen nicht reagiert hatten, sollen die holländischen Bandenmitglieder Sprengsätze vor den Türen von Personen gezündet haben, die aus ihrer Sicht in den Drogendiebstahl verwickelt waren. Die Anschläge richteten vor etwas mehr als einer Woche in der Kölner Keupstraße, in Mülheim, im Stadtteil Buchheim sowie in Engelskirchen und Duisburg enormen Sachschaden an.

Köln: Polizei befreite zwei Geiseln in Rodenkirchen

In den vergangenen Tagen erhöhten die Drogenlieferanten dann offenbar den Druck. In Bochum sollen sie einen Mann und eine Frau entführt und nach Köln-Rodenkirchen verschleppt haben. Dort soll das Paar gefoltert worden sein, um das Versteck des gestohlenen Marihuanas zu verraten. Die Familie der Vermissten schaltete die Polizei ein. Durch umfangreiche Nachforschungen in der Drogenszene gelangten die Ermittler an die Informationen zu niederländischen Drahtziehern. Auch erhielt man Infos zum Aufenthaltsort der Geiseln. Am Freitagabend befreite das SEK die Gefangenen in Rodenkirchen und nahm vier mutmaßliche Entführer in der Villa fest.

Ob die zwei Geiseln einer kriminellen Großfamilie angehören, ist noch unklar. In einem Foltervideo, das die „Bild“-Zeitung veröffentlichte, ist von einem bundesweit operierenden Clan die Rede. Allerdings glauben die Ermittler, dass die Spur woanders hinführt.

Hiesige Sicherheitskreise verfolgen mit Sorge, dass sich die Mocro-Drogenmafia auch an Rhein und Ruhr auszubreiten scheint. Schon befürchtet man niederländische Verhältnisse, in der selbst das Königshaus durch die marokkanisch stämmigen Drogen-Gangs bedroht und Journalisten wie Peter R. de Vries auf offener Straße erschossen wurden.

Wir haben jetzt die holländische Mafia hier, die jenseits der Grenze bereits die Demokratie untergräbt
Oliver Huth, NRW-Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK)

Oliver Huth, NRW-Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), hat schon lange vor der Entwicklung gewarnt. Die wochenlangen Anschläge und Geiselnahmen, „zeugen von einer neuen Qualität der Gewalt durch die Drogen-Gangs aus den Niederlanden. Wir haben jetzt die holländische Mafia hier, die jenseits der Grenze bereits die Demokratie untergräbt“.

Der Experte für die Organisierte Kriminalität im Landeskriminalamt in NRW fürchtet: „Auf uns kommt dank des Lauterbach-Liberalisierungsgesetzes eine riesige Schwemme illegaler Cannabis-Lieferungen vor allem aus Holland zu, denn die Nachfrage explodiert derzeit, also kommen die illegalen marokkanischen Großdealer aus Holland ins Spiel – und dann eskaliert wie im Nachbarstaat die Gewaltspirale.“ Denn wer in den Niederlanden den Drogenbanden etwas schuldig bleibt, wird unter Druck gesetzt. Ein beliebtes Warn-Mittel sind Sprengstoffanschläge. „Das geschieht in den Niederlanden mehrere hundert Male im Jahr“, sagt der BDK-Chef.

Auch Mord gehört zum Geschäft. „In den Niederlanden sind wir mittlerweile bei 20 bis 30 Liquidationen im Jahr auf offener Straße“, berichtete Robin Hoffmann, Kriminologe an der Uni Maastricht, bereits in einem früheren Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Aufstieg der Mocro-Mafia hängt nach Ansicht des Kriminologen vor allem mit der liberalen Drogenpolitik zusammen. In den 70er Jahren billigte die niederländische Regierung den Konsum von Haschisch und Marihuana, immer mehr Coffee-Shops wurden eröffnet, die Dealer bauten ein gut organisiertes Vertriebsnetz auf.

In den Niederlanden führte dies dazu, dass die Coffee-Shops am Tresen die Ware legal verkauften, die illegal durch die Hintertür eingeschleust worden war. Großzügig schauten die Behörden darüber hinweg. In den 90er Jahren stiegen die Cannabis-Schmuggler auf härtere Drogen um. Der Koks-Handel versprach weitaus höhere Renditen. Mit den steigenden Gewinnen wuchs auch die Macht der Rauschgiftbanden im Nachbarstaat. Und nun – wie es scheint – auch in Deutschland.