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„Den Smiley füttern“Schmiergelder auf Kölner Wochenmärkten? – Stadt-Mitarbeiterin steht vor Gericht

Lesezeit 4 Minuten

Die Belastungszeugin bot ihre Waren auch auf dem Auerbachplatz in Sülz an.

Die Belastungszeugin bot ihre Waren auch auf dem Auerbachplatz in Sülz an.

In einem kuriosen Bestechungsprozess musste sich eine ehemalige Marktaufseherin vor dem Kölner Amtsgericht verantworten.

Eine ehemalige Aufseherin für die städtischen Wochenmärkte musste sich am Montag wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf der 57-Jährigen vor, mehrfach Schmiergeldzahlungen von einer Markthändlerin eingefordert und erhalten zu haben. „Wir können nicht ausschließen, dass Sie in ein Bestechungssystem eingebunden waren“, sagte der Richter am Ende zur Angeklagten. Bewiesen wurde das im konkreten Fall allerdings nicht.

Köln: Zeugin berichtet von ominöser „Smiley“-Geldbörse

Seit dem Jahr 2004 hatte die Angeklagte für die Stadt Köln gearbeitet, zunächst als Politesse für das Ordnungsamt, später auch in der Meldehalle eines Bürgeramtes und für den Notdienst der Feuerwehr. Zuletzt war die gelernte Bürokauffrau zuständig für die Gebührenerfassung auf verschiedenen Wochenmärkten im Kölner Stadtgebiet, sie kontrollierte die Aufbauten und Standzeiten der Marktbeschicker. Laut Anklage habe sie hier „ihre Machtposition“ ausgenutzt.

Für eine wohlwollende Behandlung auf dem Markt, so die Staatsanwaltschaft, sei es Usus gewesen, dass die städtische Angestellte ihren Schlüsselbund auf den Marktständen abgelegt habe. An dem Schlüsselbund habe sich eine kleine Tasche mit Reißverschluss befunden, in der Form einer Smiley-Figur. Ein Portemonnaie, in das die Händler angeblich Bargeld legen sollten. Taten sie das nicht, sei der Tonfall rauer geworden und der besagte Schlüsselbund auch schon mal „hingeknallt“ worden.

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Köln: Zeugin weicht von Bestechungsvorwurf ab

„Der Smiley muss gefüttert werden“, das sei laut Staatsanwaltschaft ein geflügeltes Wort auf den Märkten gewesen, „um die Marktaufseherin bei Laune zu halten.“ Vier konkrete Fälle listeten die Ankläger auf, betroffen war allerdings nur eine einzige Händlerin. Die Verkäuferin von Olivenöl und Bergkräutern soll bis zu vier Mal „den Smiley gefüttert“ haben, jeweils mit Geldbeträgen von 20 bis 30 Euro. Zuvor habe die Angeklagte, angeblich als Aufforderung, über finanzielle Sorgen geklagt.

Hatte die Händlerin, die ihre Waren etwa auf dem Auerbachplatz in Sülz oder auf dem Wiener Platz in Mülheim angeboten hatte, bei der Polizei noch von einer klaren Bestechungshandlung gesprochen, klang der Sachverhalt bei ihrer Zeugenvernehmung im Amtsgericht viel harmloser. Die Smiley-Geldbörse habe es zwar tatsächlich gegeben und sie habe dort auch Geld hinterlegt. „Das war aber nur geliehen“, meinte die Zeugin. Zurückbekommen habe sie das Geld nie und sich darüber geärgert.

Händlerkollegen sollen von System gesprochen haben

Die Zeugin berichtete davon, ein freundschaftliches Verhältnis zu der Marktaufseherin gepflegt zu haben. Daher habe sie der Angeklagten auch mit kleinen Geldbeträgen ausgeholfen – diese habe etwa ihre Miete oder die Rechnung beim Psychologen zahlen müssen und nicht genug gehabt. Dass die Marktaufseherin womöglich Bestechungsgelder eingestrichen habe, so die Zeugin, das habe sie erst später gemerkt. „So läuft das nun mal“, hätten ihr Händlerkollegen im Nachhinein gesagt.

Nachdem kein Geld mehr geflossen sei, habe die Marktleiterin sie schikaniert, so die Händlerin: „Ich sollte meinen Stand drehen, damit meine Produkte in der Sonne kaputt gehen.“ Nachdem sie trotz zahlreicher Anträge keinen festen Stand auf den Märkten bekommen habe, sei sie schließlich zur Marktverwaltung der Stadt gegangen. Erst hier kamen offiziell die Bestechungsvorwürfe auf. Die Marktaufseherin wurde zur Klärung der Vorwürfe zunächst freistellt. Das war im Jahr 2020.

Ehemalige Marktaufseherin lebt nun von Bürgergeld

Die Olivenölhändlerin hatte von 50 bis 60 Händlern gesprochen, die Schmiergeld an die Angeklagte gezahlt hätten. Namen nannte sie nicht und auch mehrere weitere Händler konnten das im Zeugenstand nicht bestätigen. Verteidiger Udo Klemt sagte, dass sich seine Mandantin gerade nicht an einem angeblich bestehenden korrupten System auf den Wochenmärkten habe beteiligen wollen. Sie habe korrekt ihre Arbeit erledigt und sei deshalb von mehreren Händlern angefeindet worden.

Selbst wenn die 57-Jährige von der Händlerin vereinzelt Geld angenommen hätte, wäre nicht unbedingt ein dienstlicher Hintergrund gegeben, sagte der Staatsanwalt und beantragte einen Freispruch. Dem kam der Richter nach: „Für Gerüchte können wir niemanden verurteilen.“ „Hier wurde ein Mensch zerstört“, erklärte Verteidiger Klemt. Das Arbeitsverhältnis mit der Stadt bestehe nach einer Abfindungszahlung nicht mehr. Mittlerweile lebe die Angeklagte von Bürgergeld.