Köln – Das sei hier keine Spaßveranstaltung, stellte der Vorsitzende Richter Thomas Beenken klar, nachdem im Berufungsfall um Freiheitsberaubung, Raub und Körperverletzung vor dem Landgericht ein unwilliger Zeuge immer wieder gemauert hatte. Beenken griff zum Äußersten, verhängte ein Ordnungsgeld und drohte mit Beugehaft. Der Vorgang ist gerade deshalb bemerkenswert, als dass sich der Richter der Vorinstanz, Frank Altpeter, noch über das Verhalten des Zeugen amüsiert hatte.
Kölner Zeuge sagt immer wieder: „Ich erinnere mich nicht“
„Ich erinnere mich nicht“, hatte der Dachdecker im Zeugenstand gefühlte 50-Mal gesagt. Dabei hatte er bei der Polizei ausgesagt, einen brutalen Angriff in der Keupstraße beobachtet zu haben. Ein Bekannter sei geschlagen und getreten und unflätig beleidigt worden. Davon wollte der Zeuge nichts mehr wissen, überhaupt wolle er sich nicht mehr einmischen und gar nicht aussagen, wie er dem Richter vergangene Woche per Brief mitgeteilt hatte. Beenken ordnete darauf die polizeiliche Vorführung an.
Ein Freund habe den Brief ans Gericht verfasst, sagte der gebürtige Iraker, da er mit der deutschen Sprache nicht ganz firm sei. „Welcher Freund?“, wollte der Richter wissen. Der Verdacht stand im Raum, der Zeuge könnte beeinflusst worden sein. Denn bei den Angeklagten handelt es sich, wie bei dem mutmaßlichen Opfer, allesamt um ehemalige Arbeitskollegen. Der Zeuge weigerte sich zunächst, die Identität des Verfassers preiszugeben. Das nahm der Richter nicht hin.
„Ich gebe Ihnen jetzt noch einmal die Gelegenheit, den Namen des Freundes zu nennen“, sagte der Richter. „Nein“, war die Antwort. Daraufhin verhängte der Vorsitzende 200 Euro Ordnungsgeld. „Werden Sie den Namen jetzt nennen?“, fragte Beenken und gab dem Zeugen den Hinweis, sich einmal umzudrehen. „Da hinten stehen schon die Wachtmeister“, erklärte der Richter, der Zeuge sei nun ganz kurz davor, abgeführt zu werden. Er könnte bis zu sechs Monate in Beugehaft verbringen.
Da knickte der Familienvater ein und nannte den Namen. Es sei ein Nachbar seines Bruders. Zu seinen Erinnerungslücken bezüglich des Falls stand der 29-Jährige aber. Vielmehr beschuldigte er den Geschädigten, sich auch selbst verletzt und den möglichen Angriff somit dramatisiert zu haben. Aufgrund dieser gravierenden Abweichung zur Polizeiaussage leitete Staatsanwalt Benno Schmitz ein Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen wegen falscher Verdächtigung oder Falschaussage ein.
Staatsanwalt will keine Einstellung des Verfahrens
Verteidiger Roland Rautenberger regte an, das laufende Verfahren gegen die drei Angeklagten gegen eine Geldzahlung an das Opfer einzustellen. Staatsanwalt Schmitz lehnte das ab. Der Prozess soll somit mit einem rechtmäßigen Urteil zu Ende gehen. Übernächste Woche geht es weiter.
Amtsrichter Frank Altpeter hatte das Verfahren in erster Instanz ohne weitere Befragung des Zeugen und ohne Plädoyers mit den Worten „Akte zu, Affe tot“ mit Freispruch beendet. Gegen Altpeter, der inzwischen nicht mehr im Strafbereich tätig ist, wurde danach eine Disziplinarmaßnahme verhängt.