AboAbonnieren

„Habe wichtigere Sorgen“Kölner Schulleiterinnen kritisieren Maskenpflicht vor Schulen

Lesezeit 4 Minuten
Schulunterricht_in_S_66366025

Nicht nur im Unterricht, sondern auch vor der Schule gilt Maskenpflicht. (Symbolbild)

  1. Eine Verfügung der Stadt sieht vor, dass im Umkreis von 150 Metern rund um eine Schule Masken getragen werden müssen.
  2. Kölner Schulleiterinnen kritisieren einen falschen Fokus der Behörden und haben andere Forderungen.

Köln – „Schüler und Lehrer haben im Umkreis ihrer Schule mit einem Radius von 150 Metern eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen.“ Die neueste Verfügung der Stadt sorgt bei vielen Kölner Schulen für Kopfschütteln. Er habe „gerade viele wichtigere Sorgen, als mich um so etwas zu kümmern“, sagt der Schulleiter einer Hauptschule leicht genervt. Ähnlich reagieren viele.

„Es gibt jeden Tag etwas Neues, ich habe die Ansage überflogen und schnell ad acta gelegt“, sagt Christa Dohle, Leiterin der Gesamtschule Holweide. „Ich halte eine solche Überprüfung für unrealistisch und glaube auch nicht, dass das sinnhaft ist: Es ist kaum zu kontrollieren – damit Ansammlungen verhindert werden, müsste das Ordnungsamt die Schülerinnen und Schüler von den Haltestellen bis zur Schule begleiten.“

Zum durchgehenden Präsenzunterricht verpflichtet

Auch das wäre aus Sicht der Schulleiterin nicht hilfreich: „Vor dem Hintergrund, dass jeder Vorstoß von uns, die Klassenstärke zu halbieren, rigoros abgelehnt wird, verstehe ich die Regelung noch weniger“, sagt Dohle. „Auch unsere Anfrage, ob wir an den letzten beiden Schultagen vor den Weihnachtsferien Distanzunterricht anbieten könnten, um Kontakte zu reduzieren und das Risiko von Infektionen in der Familie an den Feiertagen zu senken, wurde abgeschmettert. Das wundert mich – große Unternehmen wollen das so handhaben – aber wir werden zum durchgehenden Präsenzunterricht verpflichtet.“

Das könnte Sie auch interessieren:

An der Gesamtschule sei eine Lehrerin, die zur Risikogruppe zählt, den ganzen Tag damit beschäftigt, Kontakte zu verfolgen und so das Gesundheitsamt zu unterstützen. Es gebe also gute Gründe dafür, den Unterricht zu entzerren. Die 150-Meter-Regelung werde dagegen eher nicht zu einer Reduzierung von Infektionen beitragen.

Masken als so ziemlich einziger Schutz

„Zwar ist das Tragen von Masken so ziemlich der einzige Schutz, den wir uns gegenseitig anzubieten haben, aber das Tragen von Masken 150 Meter rund um die Schule erhöht die Sicherheit meiner Ansicht nach nicht“, sagt Erika Nausester-Hahn, Schulleiterin des Hansa-Gymnasiums. „Die Hauptgefahr für Schülerinnen und Schüler entsteht – abgesehen von Risiken durch den ÖPNV – doch durch Unterricht zu Gruppen von 30 und mehr Schülerinnen und Schülern, die dicht gedrängt im Klassenraum sitzen und wo eine Alltagsmaske nur sehr begrenzt schützt, außerdem in den Pausen, wenn die Masken abgenommen werden, sobald die Schüler und Schülerinnen essen.“

Dagmar Castillo, Leiterin der Wilhelm-Busch-Realschule in Zündorf, versteht zumindest die Intention der Regelung: „Natürlich ist ein Achten auf Abstand und Masken-Tragen jenseits des Schulgeländes für uns nicht machbar“, sagt sie. „Weil es im Umkreis der Schulen auch viele Gruppenbildungen gibt, verstehe ich die Idee. Ob es sinnvoll und realistisch ist, mit dem Ordnungsamt zu patrouillieren und das zu überprüfen, ist eine andere Frage.“

Gute Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt

Castillo betont, dass die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt „sehr gut funktioniert“ und sie in der Zusammenarbeit mit dem Kollegium und den Behörden eine „große Solidarität“ spüre. Jeder versuche, „seiner Verantwortung bestmöglich gerecht zu werden, dazu zählen auch Regelungen, deren Nutzen nicht direkt auf der Hand liegen“.

Ihre Schule liege in einem Brennpunkt – „Distanzunterricht funktioniert auf nicht gut, viele Schüler haben dafür zu Hause nicht die Voraussetzungen“, sagt Castillo. „Trotzdem wäre ich auch für eine Entzerrung des Unterrichts – zum Beispiel, indem die Schüler nur jeden zweiten Tag in die Schule kommen. Das würde auch die Anspannung etwas lösen, die derzeit herrscht.“

Zufällig durch eine Presseanfrage erfahren

Grundsätzlich findet auch Gerhard Jansen, neuer Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft, die neue Weisung gut. „Sie dient dem Schutz unserer Kinder. Nur ist es erschreckend, dass wir so etwas erst Tage später, zufällig durch eine Presseanfrage erfahren und die Schulleitungen dies größten Teils auch noch nicht wissen. Wie das ganze durchgesetzt werden soll, ist auch nicht klar.“

Das Ordnungsamt kontrolliert stichprobenartig. So wurden am vergangenen Dienstag vor den Berufskollegs an der Lindenstraße, am Zugweg und an der Richard-Wagner-Straße rund 200 Schülerinnen und Schüler auf Abstandsregelungen und Maskenpflicht angesprochen worden, teilt die Stadt mit. Erlassen worden sei die 150-Meter-Regel, weil die Abstände „auf dem Weg zur Schule und beim Verlassen der Schule schnell eng werden, wenn zum Teil Hunderte Schüler gleichzeitig kommen und gehen“.