Nach 80 Jahren könnte die Kölner CDU die erste Frau an der Parteispitze bekommen: Serap Güler kann sich das Amt nun doch vorstellen.
Obwohl sie erst nicht wollteSerap Güler soll neue Kölner CDU-Parteichefin werden

Serap Güler soll neue Vorsitzende der Kölner CDU werden.
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Am späten Montagabend nach der Vorstandssitzung der Kölner CDU ist klar: Die Partei soll eine neue Vorsitzende erhalten, die das bis zuletzt eigentlich ausgeschlossen hatte. Denn Serap Güler (44), einzige CDU-Bundestagsabgeordnete aus Köln, wollte sich auf ihren Job in Berlin konzentrieren. Das hat Güler schon am 5. März gesagt, dem Tag, als der frühere Parteichef Karl Mandl genug hatte, sich nach knapp zwei Jahren aus dem Amt verabschiedete.
Berlin, dazu der Wahlkreis in Köln, Vizevorsitzende der Kölner CDU: mehr als genug zu tun für Güler. So sah sie das selbst. Am Dienstag sagt sie nun aber: „Gerne bin ich bereit, mich dieser anspruchsvollen Aufgabe zu stellen.“ Güler wäre die erste gewählte Vorsitzende der Kölner CDU seit Bestehen der Partei im Jahr 1945. Die damalige Bundestagsabgeordnete Ursula Heinen-Esser hatte nach Richard Blömers Rücktritt 2003 den Vorsitz mal interimsweise inne.

Der kommissarische Vorsitzende Florian Braun.
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Güler will aber nicht, dass die ganze Arbeit des ehrenamtlichen Jobs an ihr hängen bleibt, deshalb soll der Landtagsabgeordnete und kommissarische Vorsitzende Florian Braun (35) politischer Geschäftsführer werden – ein Amt, das bisher so nicht existiert in der Satzung. Ob das alles rechtmäßig ist, prüft die Partei derzeit mit der Landes-CDU.
Bislang sind Güler und Braun beide Vize-Parteichefs und Vertraute. Güler sagt: „Für mich ist klar: Das kann ich als Bundestagsabgeordnete mit der notwendigen Präsenz in Berlin nicht allein. Dafür brauche ich jemanden an meiner Seite, der die Erfahrung und Fähigkeiten mitbringt, um die Parteiarbeit zu organisieren.“

Auf dem Parteitag 2023: Karl Mandl (links) löst Bernd Petelkau als CDU-Parteichef ab.
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Es ist, das berichten mehrere Mitglieder, eine Lösung auf den allerletzten Metern. „Wir sind davon überrumpelt worden“, ist zu hören. Oder: „Das hat uns überrascht.“ Und: „Die CDU Köln schafft einfach keinen Neuanfang.“
Seit 2014 sind Güler und Braun stellvertretende Vorsitzende, ihr Aufstieg in der Partei fällt in die Zeit des langjährigen Parteichefs Bernd Petelkau. Güler ist damals als erste Kandidatin mit türkischen Wurzeln in die Parteispitze gewählt worden. Demnach wäre sie nun auch die erste Parteichefin der Kölner CDU mit türkischer Herkunft.
Kölner CDU-Vorsitz: Wahltermin am 5. April
Mandl hatte Petelkau im März 2023 nach elf Jahren im Amt abgelöst. Doch trotz der Aussagen über die „Überrumpelung“ fällt das Stimmungsbild am Montagabend in der Sitzung letztlich sehr positiv aus, es gibt kaum Gegner der Lösung, der Vorstand spricht sich für sie aus. Am 5. April soll ein Parteitag die neue Doppelspitze und den neuen Vorstand sowie die neue Satzung wählen. Das hat der Vorstand am Montag beschlossen. Turnusgemäß stehen die Vorstandswahlen dieses Jahr an.
Dass Güler jetzt neue designierte Parteichefin ist, hat auch mit Braun zu tun, der zunächst als Favorit für den Parteivorsitz galt. In den Tagen nach dem 5. März zeigt sich aber: Braun als möglicher Mandl-Nachfolger auf Dauer stößt nicht nur auf Gegenliebe, aus einigen der neun Stadtbezirks-Verbände ist in Hintergrundgesprächen zu hören: Den wollen wir nicht. Das bleibt auch so, als der Vorstand ihn am 6. März zum kommissarischen Vorsitzenden benennt, bis ein Parteitag den neuen Vorstand wählen soll.

Stefan Götz von der CDU.
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Weitere Namen als mögliche neue Vorsitzende geistern danach durch den Kölner CDU-Kosmos: Werner Marx, Vorsitzender des Stadtbezirks Porz, also jenes Stadtbezirks, den Güler und Braun in ihren jeweiligen Parlamenten unter anderem vertreten.
Oder Stefan Götz, früherer Geschäftsführer der Kölner Stadtratsfraktion. Oder, wie immer, wenn es um einen Spitzenposten in der Kölner CDU geht: Oliver Kehrl, früherer Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Stadtbezirksverbandes Rodenkirchen.
Kampfkandidatur als Druckmittel?
In den vergangenen Tagen vor der Vorstandssitzung am Montag reden die Beteiligten viel miteinander, es geht um die Frage: Wer soll es machen? Eine Kampfkandidatur um den Parteivorsitz wie im März 2023 gilt als eher unerwünscht. Damals hat Mandl gegen Petelkau gewonnen, der seitdem nur noch Fraktionschef im Stadtrat ist.
Doch falls Braun wirklich durchziehen will, so ist zu hören, signalisieren ihm einige Stadtbezirks-Granden: Dann kommt es zur Kampfkandidatur. Irgendwann kristallisiert sich ein Ausweg heraus: Sollte Güler doch als Parteichefin antreten, hat sie das Zugriffsrecht und andere Interessenten ziehen zurück.
Wettbewerb um Posten als Serap Gülers Stellvertreter
Beispielsweise sagt Götz: „Serap Güler wird eine gute Vorsitzende sein und ist eine gute Wahl.“ Götz verzichtet auf seine Kandidatur. Und Braun sagt: „Gerne bin ich bereit meinen Beitrag zu leisten, damit der Maschinenraum unserer Kölner CDU funktioniert.“
Völlig offen ist, wer die vier neuen Vize-Vorsitzenden werden, Güler und Braun sollen ja aufrücken, ihre Posten werden frei. In den neun Stadtbezirksverbänden gibt es mehrere Interessenten, von bis zu zwölf ist die Rede.
Üblicherweise besteht der geschäftsführende Vorstand aus sieben Mitgliedern: dem Vorsitzenden, den vier Stellvertretenden, dem Schatzmeister sowie dem Kreisgeschäftsführer. Zukünftig könnte der Vorstand also aus acht Personen bestehen, weil der Posten des politischen Geschäftsführers neu dazukommt, wenn der Parteitag zustimmt. Das wirft die Frage auf, was bei einem Stimmen-Patt passiert? Am Dienstag gibt es darauf noch keine Antwort.
Aus dem bisherigen Vorstand haben nur Schatzmeister Sebastian Benz und Vize-Chefin Janina Jänsch erklärt, wieder antreten zu wollen. Der Job des Kreisgeschäftsführers ist aktuell vakant. Im Gespräch als neuer Mitgliederbeauftragter ist Werner Marx, bislang hat Oliver Kehrl das Amt inne.
Zur Person:
Serap Güler ist am 7. Juli 1980 in Marl geboren. Sie ist verheiratet und ist Muslimin. Nach dem Abitur machte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau und studierte Kommunikationswissenschaften und Germanistik.
Von 2007 bis 2012 war sie Referentin in der Landesregierung NRW und von 2012 bis 2017 Mitglied des Landtages in Nordrhein-Westfalen. Danach war sie für vier Jahre Staatssekretärin für Integration im Familienministerium des Landes NRW. Seit 2021 sitzt sie im Bundestag und ist unter anderem Mitglied im Verteidigungsausschuss.