Zu dem Potsdamer Geheimtreffen war auch die Angestellte der Stadt Simone Baum eingeladen. Dafür wurde ihr fristlos gekündigt.
Angeblich „reingestolpert“Kölner Stadt-Mitarbeiterin äußert sich zum Potsdamer Treffen
Der Rechtsstreit zwischen der Stadt Köln und ihrer Mitarbeiterin Simone Baum, der wegen ihrer Teilnahme an einem Treffen mit Rechtsextremen gekündigt worden ist, hat das Arbeitsgericht am Mittwoch im Anschluss an eine mündliche Verhandlung einen Beschluss verkündet. Darin unterbreitet die 17. Kammer auf Anregung der beiden Parteien einen Vergleichsvorschlag, zu dem sie innerhalb von zwei Wochen Stellung nehmen können. Falls kein Vergleich zustande kommt, will die Kammer am 3. Juli ein Urteil verkünden.
Die Stadt hat Baum, die zuletzt im Beschwerdemanagement des Umwelt- und Verbraucherschutzamts gearbeitet hatte, im Januar mehrfach fristlos und außerordentlich gekündigt. Der Anlass: Es war bekannt geworden, dass sie am 25. November des vergangenen Jahres in Potsdam an dem Geheimtreffen von rechtsextremen Aktivisten, Mitgliedern der AfD, der CDU, der ultrakonservativen „Werteunion“, der Baum angehört, und weiteren Personen teilgenommen hatte.
Köln: Arbeitsgericht fällt noch keine Entscheidung zu Simone Baum
Darüber hatte das Recherchekollektiv „Correctiv“ berichtet. Bei dem Treffen stellte der österreichische Rechtsradikale Martin Sellner Gedanken zur „Remigration“ vor. Dieses Wort wird in rechtsextremen Kreisen als beschönigende Bezeichnung für die massenhafte Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund verwendet.
Baum hat seit 2000 bei der Stadt gearbeitet. Gemäß Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ist es nicht möglich, ihr ordentlich zu kündigen. Auf das Vorgehen der Stadt, die den außerordentlichen Weg wählte, reagierte die 64-Jährige mit einer Kündigungsschutzklage. Beim ersten Termin im Arbeitsgericht, einem sogenannten Gütetermin, sahen sich die gegnerischen Parteien nur kurz. Anwalt Marcus Michels, der die Stadt vertritt, erklärte, eine „gütliche Einigungsmöglichkeit“ werde „definitiv ausgeschlossen“. Dass die Fronten verhärtet sind, zeigte sich auch am Mittwoch.
Simone Baum wurde offenbar von Gernot Mörig eingeladen
Eine zentrale Frage ist, ob Baum als Arbeitnehmerin im öffentlichen Dienst einer „gesteigerten politischen Treuepflicht“ unterliegt. Diese gilt uneingeschränkt für Beamte, aber nicht ohne Weiteres für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. Grundsätzlich ist ihnen nur eine einfache Loyalitätspflicht auferlegt, das heißt, sie müssen sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, sind aber nicht verpflichtet, sich jederzeit und aktiv für sie einzusetzen.
Die gesteigerte Treuepflicht kann allerdings auch für Angestellte gelten, je nach Stellung und Aufgabenkreis. Dies sei bei Simone Baum der Fall, sagte Rechtsanwalt Michels. Ihre Posten im Beschwerdemanagement setze ein „erhebliches Vertrauen“ voraus und verlange „absolute Integrität“. Baums Anwalt Rainer Thesen hielt dagegen, seine Mandantin sei „alles andere als eine Führungskraft“. Nach Vorberatung gehe die Kammer eher davon aus, dass Baum keine gesteigerte Treuepflicht habe, sagte Richterin Stefanie Hölscher.
Michels hielt Baum vor, dass sie nicht nur mit ihrer Teilnahme an dem Treffen ihre Dienstpflicht verletzt habe, sondern auch damit, in ihren Stellungnahmen gegenüber dem Dienstvorgesetzten zu dem Vorwurf „wahrheitswidrige Auskünfte“ gegeben zu haben. So habe sie behauptet, sie sei privat in Potsdam und „zum Essen eingeladen gewesen“. Sie habe nicht gewusst, um welche Themen es bei dem Treffen, in das sie angeblich „reingestolpert“ sei, gehen und wer daran teilnehmen würde.
Tatsächlich sei sie persönlich vom als rechtsextrem geltenden Mitorganisator Gernot Mörig eingeladen worden. Thesen betonte, das Treffen sei keine öffentliche oder offizielle Veranstaltung gewesen und die Teilnahme Baums ein „Vorgang aus ihrem Privatleben“; zudem habe sie kein Veranstaltungsprogramm gehabt. Wegen einer „familiären Angelegenheit“ habe sie ohnehin vorgehabt, nach Potsdam zu fahren. Das Privatleben eines Arbeitnehmers sei geschützt, deshalb sei er dem Arbeitgeber keine Auskunft darüber schuldig.
Überdies führte Thesen an, die Stadt habe keinerlei Ermittlungen angestellt, um den „Sachverhalt aufzuklären“. Offenbar habe sie sich „darauf beschränkt“, den „Spiegel“ und die „Zeit“ zu lesen. Stattdessen hätte sie zur Kenntnis nehmen sollen, was der Jurist Ulrich Vosgerau, der ebenfalls an dem Treffen teilnahm, öffentlich und ausführlich darüber berichtet habe, um das Gerücht von „rassistischen Vertreibungsfantasien“ aus der Welt zu schaffen. Michels konterte, Vosgerau sei mit seinen Klagen gegen die „Correctiv“-Berichterstattung weitgehend gescheitert.
Ein Vergleich könnte so aussehen, dass Baum, die im Oktober 2026 regulär in Rente geht, noch einige Monate formal angestellt bleibt, später Arbeitslosengeld bezieht und die Einbußen durch eine Ausgleichszahlung zumindest abgemildert werden. Ein finanzieller Nachteil dürfe ihr nicht entstehen, forderte Thesen.
Schließlich äußerte sich Simone Baum selber: „Bis zum 17. Januar war meine Welt eigentlich in Ordnung“, sagte sie. Was die Medien über das Potsdamer Treffen, das „mit krimineller Energie ausgespäht“ worden sei, berichtet hätten, sei „so nicht gelaufen“. Sie habe immer sehr gerne bei der Stadt Köln gearbeitet. „Es ist sehr schade. Ich würde gerne weiterarbeiten.“ Dass dies schwerlich infrage kommt, hatte ihr Anwalt zuvor so auf den Punkt gebracht: „Das Arbeitsverhältnis muss als vergiftet angesehen werden.“