Simone Baum war von der Stadt Köln fristlos entlassen worden, nachdem sie an einem Geheimtreffen in Potsdam teilgenommen hatte.
Potsdamer GeheimtreffenAnwalt von Simone Baum nennt Berichterstattung „erstunken und erlogen“
Vor dem Kölner Arbeitsgericht gab es am Mittwoch beim Gütetermin zwischen der Stadt Köln und ihrer ehemaligen Mitarbeiterin Simone Baum kein Ergebnis. Rechtsanwalt Marcus Michels, der die Stadt Köln vertritt, lehnte eine gütliche Einigung ab. „Das kommt für uns nicht infrage“, sagte er vor Gericht. Die Stadt Köln hatte Baum fristlos gekündigt, nachdem bekannt geworden war, dass sie am rechtsextremen Geheimtreffen in Potsdam teilgenommen hatte. Baum hatte gegen ihre Kündigung geklagt.
Dass die Stadt eine gütliche Einigung ausschließt, heißt, dass sie die Kündigung von Baum in jedem Fall juristisch durchsetzen und keinen Vergleich schließen will. Bei Vergleichen vor dem Arbeitsgericht zahlt der Arbeitgeber oftmals eine Abfindung, damit der Arbeitnehmer das Anstellungsverhältnis verlässt. Stattdessen setzte Richterin Stephanie Hölscher aber einen Kammertermin vor dem Arbeitsgericht an, bei dem weiterverhandelt werden soll. Dieser soll am 23. Mai stattfinden.
Simone Baum ist Vorsitzende der NRW-Werteunion
Mitte Januar hatte Correctiv berichtet, dass am 25. November 2023 in Potsdam rund zwei Dutzend Menschen an einem geheimen Treffen teilgenommen haben. Zentrales Thema war, wie Geflüchtete, aber auch Deutsche mit Migrationsgeschichte, „remigriert“, also in ihre vermeintlichen Herkunftsländer abgeschoben werden könnten. Dazu referierte unter anderem Martin Sellner, zentrale Figur der Identitären Bewegung in Österreich.
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An dem Treffen nahmen neben AfD-Politikern auch der Jurist Ulrich Vosgerau teil, der an der Universität zu Köln mehrere Jahre als Privatdozent gelehrt hatte. Eine weitere Teilnehmerin war Simone Baum aus dem oberbergischen Engelskirchen, Vorsitzende der NRW-Werteunion, Mitglied der CDU-Oberberg und Mitarbeiterin der Stadt Köln im Amt für Umwelt und Verbraucherschutz.
AfD-Geheimtreffen in Potsdam: Anwalt von Simone Baum: „Erstunken und erlogen“
Nachdem Baums Teilnahme an dem Treffen öffentlich geworden war, kündigte die Stadt Köln ihr fristlos – und das gleich viermal. Richterin Hölscher gab zwei Kündigungen vom 29. Januar und zwei Kündigungen vom 31. Januar zu Protokoll. Da Baum seit dem Jahr 2000 bei der Stadt beschäftigt war und tariflich damit eigentlich unkündbar ist, habe die Stadt die Kündigungen außerordentlich und fristlos ausgesprochen. Rechtsanwalt Michels konnte zur Begründung der Kündigung am Mittwoch noch nichts sagen, da er das Mandat erst vor wenigen Tagen übernommen habe. „Formal werden wir da aber nicht straucheln“, sagte Michels. Bis zum 22. März soll die Stadt dem Gericht gegenüber zu den Kündigungen nun ausführlich und schriftlich Stellung beziehen.
Der Rechtsanwalt von Simone Baum, Rainer Thesen, sagte: „Wir wären bereit, in der Sache zu verhandeln. Aber wenn der Kollege noch nicht im Bild ist, machen wir das nicht.“ Aufschlussreicher war dann, was Anwalt Thesen und Simone Baum nach dem Gütetermin vor dem Gerichtssaal sagten. „Ich halte die Kündigung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für begründet“, sagte Thesen. Offensichtlich kenne die Stadt die Begründung selbst noch nicht, denn üblicherweise würde im Kündigungsschreiben der Grund zumindest schon angedeutet. Es werde im Zusammenhang mit der Kündigung immer wieder von dem Geheimtreffen gesprochen, so Thesen. Die Berichterstattung zu dem Treffen in Potsdam hält er aber für „erstunken und erlogen“.
Demonstrationswelle in Deutschland nach Geheimtreffen – auch in Köln
Simone Baum sagte, sie habe den Äußerungen ihres Anwalts „nichts hinzuzufügen“. Sie verwies auf eine eingerichtete Webseite der Teilnehmenden des Potsdamer Treffens. „Da steht alles drauf“, sagte Baum. Auf besagter Webseite sind Stellungnahmen einiger der Teilnehmenden veröffentlicht, darunter von Veranstalter Gernot Mörig, von Jurist Ulrich Vosgerau und Gerrit Huy, die für die AfD im Bundestag sitzt. Von Baum ist keine Stellungnahme zu finden. Auf der Seite wird die Correctiv-Berichterstattung als „Das Märchen von Potsdam“ betitelt, dazu ist zu lesen: „Correctiv manipuliert und lügt“.
Die Teilnehmenden räumen zwar ein, dass über „Remigration“ gesprochen wurde, von „Vertreibungen“ und „Deportationen“ sei aber nicht die Rede gewesen. Anwalt Rainer Thesen bezeichnet auf seiner eigenen Webseite Correctiv als „linksradikale NGO“ und nennt den Verfassungsschutz eine „Gedankenpolizei“.
Die Enthüllungen von Correctiv hatten in Deutschland nicht nur Entsetzen in der Politik ausgelöst, so nannte Bundeskanzler Olaf Scholz das Treffen einen „Fall für den Verfassungsschutz“. Auch in der Zivilgesellschaft führten die Recherchen über die Pläne für die millionenfachen Abschiebungen zu einer Protestwelle. In zahlreichen deutschen Städten gingen in den vergangenen Wochen Hunderttausende auf die Straße, in Köln bei der größten Kundgebung an der Deutzer Werft 70.000 Menschen.