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Verbindung zu Grauen WölfenSpezialkräfte durchsuchen Kölner Räume von türkischem Verein

Lesezeit 3 Minuten
10.12.2024, Köln: Razzia beim Deutsch - Türkischer Kulturverein e.V. in Mülheim, Clevischer Ring. Foto: Arton Krasniqi

Der Kulturverein soll mit Corona-Testzentren betrogen haben.

Die Ermittler gehen davon aus, dass in den Räumen Corona-Testzentren betrieben und 750.000 Euro illegal abkassiert wurden.

Staatsschützer und Spezialkräfte der Kölner Polizei haben am Dienstagmorgen die Räume des Deutsch-Türkischen Kulturvereins am Clevischen Ring in Mülheim durchsucht. Es geht um den Verdacht des Betrugs mit zwei Corona-Testzentren, die in den zwei türkischen Kulturvereinen betrieben wurden. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, sollen diese Zentren mehr als 750.000 Euro bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein abkassiert haben.

Laut der Kölner Staatsanwältin Stefanie Beller sollen die Durchsuchungen helfen, die exakte Schadensumme zu beziffern. Demnach wird gegen vier türkische Beschuldigte im Alter von 34, 46 und 51 Jahren ermittelt. Der Vorwurf lautet Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen.

Vorwurf: Vereinsmitglieder als Testpersonen abgerechnet

Am Dienstagmorgen durchstöberten die Strafverfolger auch die Privatobjekte der Tatverdächtigen. Ermittelt wird gegen drei Geschäftsführer des Vereins sowie einen Vermittler. Die Masche war denkbar simpel: Die Funktionäre sollen Vereinsmitglieder aus den Karteilisten als Corona-Testkandidat abgerechnet haben, obwohl diese nie untersucht wurden. Seit anderthalb Jahren gehen die Kölner Staatsschützer dem Betrugsverdacht nach. Ausgelöst wurden die Nachforschungen durch anonyme Anzeigen.

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Der Deutsch-Türkische Kulturverein ist bei der Kölner Polizei seit Jahren bekannt – steht die Vereinigung doch im Verdacht, der rechtsradikalen sogenannten Ülkücü-Bewegung (Graue Wölfe) nahezustehen. Wie diese Zeitung weiter erfuhr, legen die Nachforschungen enge Verbindungen zwischen dem Kulturverein und den türkischen Extremisten nahe. Für eine Stellungnahme war der Verein am Dienstag nicht zu erreichen.

Das Erkennungszeichen der Ülkücü-Strömung ist der „Wolfsgruß“: Den rechten Arm ausgestreckt, formen türkische Faschisten ihre Finger zu einem Wolfskopf. Deshalb werden die Anhänger hierzulande auch Graue Wölfe (Bozkurt) genannt. Die Rechtsradikalen der Ülkücü-Bewegung hetzen gegen Christen, Kurden und Juden. Der Völkermord an den Armeniern durch das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg wird geleugnet.

Bis heute träumen die Grauen Wölfe von einem türkischen Großreich. Allein in Nordrhein-Westfalen sympathisieren 3700 Menschen mit der Ülkücü-Bewegung. 2000 Mitglieder sind laut Verfassungsschutz in 70 Vereinen organisiert. Bundesweit verbreiten Funktionäre unter drei Dachverbänden mit 300 Vereinen ihre extremistische Ideologie. Die Sicherheitsbehörden rechnen den Grauen Wölfen hierzulande rund 12.000 Anhänger zu. In der Türkei unterstützt die Mutterpartei MHP den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Kemal Bozay, Kölner Professor für Sozialwissenschaften, stufte die türkischen Rechtsextremisten in einem Interview mit dieser Zeitung als genauso gefährlich ein „wie deutsche Neo-Nazis. Die Grauen Wölfe folgen denselben Leitbildern: Rassismus, eine Überhöhung des eigenen Volkes, Homophobie, die Leugnung des Völkermordes an Armeniern und Juden, Gewalt als politisches Mittel, Führerkult“. Einzig die religiöse Komponente unterscheide beide Strömungen, so Bozay. „Während deutsche Faschisten das Christentum ablehnen, gehört eine erzkonservative Islam-Ideologie zum Weltbild der Grauen Wölfe.“ Die Ülkücü-Bewegung ist mit ihrer rechtsextremistischen Ideologie gerade auch in türkischstämmigen Milieus in den vergangenen Jahren sehr viel stärker geworden.

Bisher sei noch nicht klar, heißt es in Ermittlerkreisen, ob die mutmaßlichen Corona-Testbetrug-Fälle der Finanzierung der Grauen Wölfe im Rheinland dienten.