Die „LeseWelten“ sind in 90 Kitas und Schulen aktiv. Jetzt werden keine Ehrenamtlichen mehr ausgebildet – obwohl ein Viertel der Viertklässler nicht richtig lesen können.
„Fatal für die Kinder in Köln“Stadt streicht Geld für Vorlese-Initiative
Die Kölner Leseförderung bangt angesichts des von der Stadt angesetzten Rotstifts um ihre Existenz. Seit 20 Jahren gibt es die LeseWelten. Die Vorlese-Initiative der Kölner Freiwilligen Agentur erreicht jede Woche 600 Kinder in 90 Kölner Kitas und Grundschulen. „Jetzt ist das alles bedroht“, erklärt die Leiterin von LeseWelten Simone Krost. Die Stadt Köln hat die regelmäßige Förderung in Höhe von 50.000 Euro im Haushalt für das kommende Jahr gestrichen. Schon jetzt sind die Auswirkungen deutlich spürbar: Das Vorzeigeprojekt der Kölner Freiwilligen Agentur kann derzeit keine neuen Ehrenamtlichen mehr ausbilden und musste einen Aufnahmestopp verhängen.
Bereits 44 Kölner, die sich engagieren wollen, stehen auf der Warteliste. Die Förderung der Stadt stellt nämlich die Basisfinanzierung von LeseWelten dar. Dabei geht es nicht nur um die Gehälter der hauptamtlichen Kräfte, sondern auch um das Qualifizierungsprogramm, das die Ehrenamtler durchlaufen. Dort werden sie von Literaturpädagogen und Psychologen auf ihre Arbeit vorbereitet und lernen etwa die Technik des dialogischen Lesens mit den Kindern und des Sprechens über die Bücher. 170 ehrenamtliche Vorleserinnen und Vorleser zwischen 18 und 84 Jahren sind derzeit jede Woche im Rahmen der LeseWelten aktiv.
Kölner Kitas sind mit dem Leseangebot sehr zufrieden
Ohne den städtischen Zuschuss können nach Angaben der Freiwilligenagentur keine neuen Ehrenamtler in zusätzliche Einrichtungen vermittelt werden. „Wir werden perspektivisch schrumpfen und das ist für die Kinder dieser Stadt fatal“, so Krost. Eine gerade erst fertig gestellte Evaluation der Freiwilligenagentur hat eine hohe Zufriedenheit in den Kitas und Schulen mit dem Projekt ergeben. „Dort sehen wir schwarz auf weiß, wie wichtig wir gerade für die Kitas sind, die das für ihre Vorschulkinder als wöchentliches Angebot nutzen.“ Die LeseWelten appellieren an die Stadt, die geplanten Kürzungen im Haushalt 2025/26 zurückzunehmen und die Förderung in Höhe von 50.000 Euro fortzusetzen. Nur so könne dieser wichtige Beitrag zu Bildung und Chancengerechtigkeit weiter geleistet werden.
Die Initiative fördert die Sprach- und Lesekompetenz von Kindern. Gerade bei Kindern, denen zuhause nicht vorgelesen wird – nach Angaben der Stiftung mehr als ein Drittel der Familien –, trägt das zur Erweiterung des Wortschatzes bei. Auch für Kinder mit Deutsch-Defiziten ist das Vorlesen und über das Gelesene sprechen eine wichtige Förderung, um schulfähig zu werden. Wem vorgelesen wird, der tut sich später auch mit dem Lesenlernen leichter. Außerdem entlastet die Vorlese-Initiative durch ihre wöchentlichen Einsätze die stark überlasteten Kitas. „Unser Projekt ist ein Gewinn für die ganze Stadt: die Kinder profitieren von fantasievollen Geschichten, die ihre Sprachentwicklung und Lesefähigkeit fördern“, sagt Simone Krost. „Kinder, die gut lesen können, haben bessere Bildungschancen und stärken langfristig die Gesellschaft.“
Jeder vierte Viertklässler kann nicht mehr richtig lesen
Die aktuelle Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) hatte ergeben, dass ein Viertel der Schüler am Ende der vierten Klassen nicht mehr richtig lesen kann. Das heißt, sie schaffen nicht, selbst einfachen Texten die relevanten Informationen zu entnehmen. Nach Angaben von Grundschulleitungen liegt dies auch daran, dass viele Kinder mit einem sehr kleinen Wortschatz in die Schule kommen und die Wörter, die sie lesen sollen, nicht kennen. Ein Kind, das in der Grundschule das Lesen nicht richtig lernt, dessen schulisches Scheitern ist vorprogrammiert.