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Fast wie bei DisneyKölner Studentin entpuppt sich als indonesische Prinzessin

Lesezeit 5 Minuten
Eine junge Frau sitzt an einem Laptop und lernt.

Die Geschichte einer Kölner Studentin ähnelt auf den ersten Blick einem Disney-Film.

Sie ist eine 35-jährige Doktorandin aus Köln und Mitbewohnerin der Autorin. Jetzt ist sie Prinzessin. Eine ihrer möglichen Aufgaben: Babys segnen.

Es ist wie aus einem Märchen. Oder einem Disney-Film, in dem die Protagonistin nach etlichen Jahren von ihrer adeligen Herkunft erfährt und in ein Königreich reist, das weit entfernt liegt. Königliche Etikette muss erlernt, Protokolle befolgt werden. Ummantelt wird das alles von einer rosaroten Wolke Kitsch.

Statt Schloss und Diadem – Prinzessin lebt in Studentenwohnheim

So ist es in diesem Fall nicht. Was stimmt: Die 35-jährige Mitbewohnerin der Autorin hat sich als indonesische Prinzessin entpuppt. Erst kürzlich erzählte sie abends ihre Familiengeschichte – in Jogginghose und mit der Hand in einer Tüte mit salzigen Sonnenblumenkernen. „Hab ich dir das nie gesagt?“ Tatsächlich muss sie das in den rund eineinhalb Jahren gemeinsamen Wohnens irgendwie vergessen haben.

Mega entstammt mütterlicherseits der Nebenlinie einer echten Königsfamilie. Eigentlich heißt sie anders, soll in diesem Text aber nur mit dem offiziellen Titel – Mega – beschrieben werden. Denn ihre Identität will die junge Frau geheim halten. „Ich habe mich entschieden, noch nicht an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt sie. „In Deutschland möchte ich einfach ein normales Leben verbringen und ungestört an meiner Doktorarbeit schreiben.“

Trotz Prinzessinnentitel muss Mega Bücher wälzen.

Megas Vater ist ein normaler Bürger. Durch die Heirat mit ihm gab ihre adelige Mutter Aufgaben auf, die mit ihrem Titel verbunden waren. Die Familie lebt zurückgezogen auf dem Land. Zwar hat die Mutter nie in einem Palast gelebt. Allerdings besitzt sie immer noch einen Adelstitel, mit dem sie auch angesprochen wird. „In Tempeln meiner Familie wird meine Mutter geehrt.“ Wie sich das äußert? „Die Wachen verbeugen sich vor ihr“, sagt Mega knapp. Vor ihr jedoch nicht. Jedenfalls bis jetzt. Denn kürzlich erhielt die 35-Jährige den offiziellen Titel einer Prinzessin.

Beim Wort Prinzessin denken manche an ein Diadem oder weiße Kleider, an Prunk oder Schlösser. Eher selten hat man die Bilder eines Studentenwohnheims mit wackelndem Wasserkocher und jeder Menge Bücher vor Augen. An eine stressgeplagte Studentin in Jogginghose denkt man erst recht nicht.

Als die royalen Anwälte mich anriefen, sagte ich ihnen, sie hätten sich verwählt und legte auf
Mega, Prinzessin und Doktorandin

Für Mega entspricht das jedoch ihrem Alltag. Die 35-Jährige lebt bescheiden in einem Wohnheim in Deutz und promoviert an der Universität zu Köln. Dorthin fährt sie übrigens mit der Bahn und nicht mit einer für sie vorbereiteten Kutsche. Denn trotz royalen Hintergrunds lebt die Familie nicht etwa in Prunk und Protz. „Wir sind nicht reich. Eher in der Mittelschicht.“ Nicht unbedingt das, was man von jemanden mit einem solchen Titel erwartet hätte.

Die Küche eines Studentenwohnheims mit Geschirr, Obst und Blumen.

Statt Schloss und Diadem – Prinzessin Mega wohnt im Studentenwohnheim.

Vermacht wurde er ihr von einem Verwandten, der ihr bis zum Zeitpunkt des Anrufs noch gänzlich unbekannt war. „Als mich die royalen Anwälte anriefen, sagte ich ihnen, sie hätten sich verwählt und legte auf“, erinnert sich Mega. Die Anrufe rissen allerdings nicht ab. „Sie haben mich sowohl auf meiner indonesischen als auch auf meiner deutschen Nummer kontaktiert.“ Erst dann, so Mega, habe sie erkannt, dass es kein Versehen sein konnte. Und so wurde aus einer Doktorandin plötzlich und beinahe über Nacht eine Prinzessin.

Ob sie den Titel einfach hätte ablehnen können? Mega schüttelt den Kopf. „Es war beinahe unmöglich, Nein zu sagen.“ Der Druck sei groß gewesen. Immerhin handelte es sich um den letzten Willen ihres Verwandten und der habe sich bindend auf sie ausgewirkt.

Mega plant mit ihrem Team gemeinnützige Projekte

Für Mega selbst bedeutet der Titel Verantwortung: Zwar gibt es für sie in Indonesien keinen Thron zu besteigen oder administrative Aufgaben zu bewältigen. Jedoch werden von ihr wohl künftig gewisse repräsentative Aufgaben erwartet, sollte sie in ihr Heimatland zurückkehren. „Es kann schon vorkommen, dass Leute wollen, dass ich ihre Babys segne. Oder dass ich einen Streit schlichten muss.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Es ist eine Monarchie und man muss tun, was von einem verlangt wird.“ Klingt nicht nach Disney.

Künftig könne von Mega auch erwartet werden, dass sie in der Öffentlichkeit steht. Da sie allerdings keine Ahnung vom Protokoll oder der Etikette hat, wurde ihr ein Team zur Verfügung gestellt, das ihr in solchen Fällen hilft. Ein Prinzessinnen-Team, bestehend aus fünf Personen, die Experten in den Bereichen PR und digitale Kommunikation sind. „Aktuell planen wir Projekte für Waisen. Wir wollen Geld sammeln und ihnen ein Stipendium ermöglichen, damit sie Zugang zur Bildung erhalten“, sagt Mega. Das sei ganz im Sinne ihres verstorbenen Verwandten gewesen. „Ich denke, er wusste, dass ich seine Arbeit fortsetzen werde.“ Deswegen, so vermutet es die 35-Jährige, habe er gewollt, dass sie den Titel erlangt. Das Team helfe ihr bei der Organisation und spreche für sie bei öffentlichen Auftritten. Somit könne sie weiterhin anonym bleiben. 

Eigene Familie weiß noch nichts von dem Titel

Was nach dem Anruf folgte, waren Aufregung und Unglauben. „Meine Eltern wissen das noch nicht.“ Denn die Anwälte hatten Mega direkt kontaktiert und nicht etwa ihre Mutter – so hatte es im Testament des verstorbenen Verwandten gestanden. „Es wird eine Überraschung für alle werden, wenn ich wieder nach Indonesien reise.“ Was bald passieren wird, denn Mega plant bereits, ihre Heimat wieder zu besuchen. Allerdings nur für eine kurze Zeit.

Eine junge Frau wäscht Geschirr ab.

Butler gibt es in dem Studentenwohnheim keine – den Abwasch muss auch eine Prinzessin selber bewältigen.

Ein Diadem gibt es nicht, dafür aber Urkunden, die den Titel bestätigen und nun darauf warten, unterschrieben zu werden. Diese Dokumente bewahrt Mega allerdings nicht in einer Schreibtischschublade im Studentenwohnheim auf. „Sie befinden sich bei den royalen Anwälten in Indonesien“, sagt sie. „So viel Bürokratie“, fügt sie hinzu und lacht. Eben jene Anwälte zeigten sich wenig begeistert über ihren Entschluss, ihre Geschichte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu erzählen. „Sie halten mich für verrückt“, sagt Mega und lacht. „Auf der einen Seite will ich anonym bleiben und auf der anderen Seite steht meine Geschichte in der Zeitung.“ Der genaue Name der Königsfamilie oder auch die Provinz, aus der sie stammt, sollen aber nicht erwähnt werden. Das unterbinden Megas Anwälte.

Sie möchte in Deutschland bleiben, denn gerade Köln und die hier gelebte Vielfalt gefallen ihr sehr. Und: „Hier sind meine Titel egal.“