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Kölner „Horror“-VerbrechenTherapeutin in Kiste entführt – Staatsanwältin fordert hohe Gefängnisstrafe

Lesezeit 3 Minuten
Die Angeklagten, dazwischen ihre Verteidiger Petra Wunsch und Salih Kocak, verstecken sich beim Prozessauftakt hinter einer Jacke und einer Mappe vor den Pressefotografen.

Die Angeklagten, dazwischen ihre Verteidiger Petra Wunsch und Salih Kocak, verstecken sich beim Prozessauftakt hinter einer Jacke und einer Mappe vor den Pressefotografen.

Die Verteidiger der beiden Männer beantragten hingegen im Landgericht ein „mildes Urteil“.

Eine Psychotherapeutin wird in ihrer eigenen Praxis angegriffen, betäubt und in eine kleine Kiste gesteckt. Zwei Männer, darunter ein ehemaliger Patient, entführen die Frau in eine Niehler Wohnung, wollen Geld und ein Schuldeingeständnis für eine angeblich falsch verlaufene Therapie erpressen. Oberstaatsanwältin Daniela Fuchs fasste das unfassbare Verbrechen unter diesem Stichwort zusammen: „Horror.“ Fuchs forderte jeweils zwölf Jahre Gefängnis für die Täter.

Köln: Staatsanwältin spricht von „Horror“-Tatort

Das mit Malervlies abgeklebte Badezimmer der Wohnung, in dem die Therapeutin gefangen gehalten wurde, skizzierte die Staatsanwältin als Ort des Grauens. „Ich war selbst in der Wohnung und das war ein Horrorbad“, sagte Fuchs. Ösen an der Wand für mögliche Fesselungen, überall blutverschmierte und medizinische Utensilien. So hatte einer der Täter, ein gelernter Krankenpfleger, dem Opfer mehr oder weniger fachmännisch einen Venenzugang zur Verabreichung von Beruhigungsmitteln gelegt.

Sie habe sich in das Badezimmer gestellt und das Licht ausgemacht, schilderte die Staatsanwältin, um zumindest ansatzweise nachvollziehen zu können, wie sich die Geschädigte in der Situation der Gefangenschaft gefühlt haben musste. Die Therapeutin habe um ihr Leben gefürchtet und auch bereits damit abgeschlossen, nachdem ihr schon früh damit gedroht worden war, in den Rhein geworfen zu werden. Wohl nur ihrer Besonnenheit sei es zu verdanken, wieder freigekommen zu sein.

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Köln: 40-jähriger Angeklagter sei „hochgefährlich“

So hatte die Psychotherapeutin im Verlauf der Tatnacht auf ihren früheren Patienten eingeredet, ihn beruhigt und letztlich ein „Schuldeingeständnis“ unterschrieben. Auch sagte sie dem studierten Juristen zu, nicht zur Polizei zu gehen. Der 40-Jährige hatte sein Opfer am nächsten Tag freigelassen, ihr sogar noch das Handy gebracht, das die Therapeutin in der Wohnung hatte liegen lassen. Die Frau führte die Polizei danach zur Wohnung der Täter, die seit Oktober in Untersuchungshaft sitzen.

Beim Prozess hatten die Beschuldigten, die ein Paar sind und im Vorfeld zunächst alles abgestritten hatten, gestanden und sich entschuldigt. „Ich nehme ihnen die Reue nicht ab, die beiden tun sich vor allem selber leid“, sagte Anklägerin Fuchs. Der Krankenpfleger hatte ausgesagt, von seinem Lebenspartner manipuliert worden zu sein. Laut Fuchs habe der 55-Jährige genau gewusst, was er tat. Den Juristen hielt sie, wie auch ein psychiatrischer Gutachter zuvor, für „hochgefährlich“.

Die Opfer-Anwältin schilderte danach, wie sehr die Therapeutin noch immer unter dem Geschehen leide. Sie habe sichtbare Narben an den Handgelenken von den angelegten Kabelbindern. Doch auch die seelischen Wunden wögen schwer. „Angst ist ihr ständiger Begleiter“, so die Anwältin. Die Therapeutin selbst ergriff danach das Wort und sagte, dass der Prozess ihr dabei geholfen habe sich von dem Gedanken zu distanzieren, dass auch sie eine Mitschuld an dem Geschehen treffen könnte.

Kölner Verteidiger: „Mein Mandant ist kein Monster“

Entsetzt zeigte sich Verteidiger Salih Kocak, der den 40-jährigen Juristen vertritt, von dem Strafantrag der Staatsanwältin: „Mein Mandant ist kein Monster, das man möglichst lange in Ketten legen sollte.“ Dieser habe getrieben von einem falschen Verständnis von Gerechtigkeit einen großen Fehler begangen. Der Mitangeklagte habe aus bedingungsloser Liebe heraus gehandelt, so Anwältin Petra Wunsch. Beide Verteidiger forderten ein mildes Urteil, weit unter den geforderten zwölf Jahren Haft.

Im sogenannten letzten Wort sprach der Krankenpfleger von einem „Mischmasch in meinem Kopf“ zur Tatzeit. Im Gefängnis sei er wieder zu sich gekommen. Er wolle nun eine Ausbildung im Landschafts- und Gartenbau machen. Der mitangeklagte Jurist sagte, seine Zukunft und Karriere seien zerstört, er übernehme die volle Verantwortung. Doch sein Partner habe einen 91-jährigen Vater, Kinder und Enkelkinder. Er flehte den Richter an: „Bitte, lassen Sie ihn frei!“ Das Paar will immer noch heiraten. Ein Urteil soll Montag fallen.