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HauptuntersuchungJüngste Rheinquerung – So ist der Zustand der Kölner Zoobrücke

Lesezeit 5 Minuten
Hauptuntersuchung Zoobrücke am 8. Oktober 2024

Die Brückenprüfer stemmen an einem Pfeiler der Zoobrücke den Beton auf, um den genauen Zustand der Stahlbewehrung zu bewerten. Der Schaden ist beträchtlich.

Bauwerksprüfer werden im Dezember nach einem Jahr zum Ende kommen. Die Ergebnisse sollen im Frühjahr vorliegen.

„Das können wir nicht so lassen. Das hier ist keine Betonkosmetik mehr“, brüllt Lukasz Ludewig, während er mit dem Bohrhammer seine zerstörerische Arbeit an einem Pfeiler unterhalb der Fahrbahn der Zoobrücke Richtung Innenstadt fortsetzt.

Seine Kollegin Tanja Kantler gibt alles, damit die abplatzenden Betonbrocken nicht geschätzte zehn Meter tief auf den Gleisen landen, die in den Rangierbahnhof Deutzerfeld führen. Beide stehen auf einer Arbeitsbühne, die von einem Spezialfahrzeug zentimetergenau in die Lücke zwischen den beiden Brückenbauwerken herabgelassen wurde. Der Bohrhammer leistet ganze Arbeit. Zum Vorschein kommt die Spindelbewehrung, die den Pfeiler wie ein Korsett zusammenhält. Ludewig lässt den Bohrhammer sinken.

„Hier kann man sehr schön erkennen, wie das Streusalz den Stahl zersetzt“, sagt der Chef des Bauwerksmanagements beim Amt für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau. „Es verwandelt ihn in Eisenoxid. Ich gehe mal davon aus, dass sich dieser Schaden einmal um den Pfeiler herumzieht.“

Das werden die Bauwerksprüfer in 24 Stunden wissen, wenn sie um neun Uhr morgens wieder mit einer ganzen Kolonne den rechten Fahrstreifen der Brücke blockieren und die Autofahrer fluchen, weil sie im Stau an einer Baustelle vorbeischleichen, auf der kein einziger Arbeiter zu sehen ist.

Hauptuntersuchung steht alle sechs Jahre an

Ihr sollt die Brücke untersuchen, aber nicht zerstören, möchte man den Bauwerkprüfern zurufen, die seit Januar die Zoobrücke der Hauptuntersuchung unterziehen, die alle sechs Jahre vorgesehen ist. Aber erstens dröhnt der Bohrhammer schon wieder und zweitens will sich der Reporter nicht komplett blamieren, weil er zwar mit auf der Arbeitsbühne unter der Fahrbahn stehen darf, aber im Grunde ähnlich ahnungslos ist wie die Autofahrer über ihm.

War es das jetzt? Ist der Pfeiler hinüber? Ludewig beruhigt. „Der Patient ist noch zu retten. Wir müssen hier zerstörend rangehen. Das ist wie beim Zahnarzt. Man sieht den Zahn, aber die Fäule erstmal nicht.“

Schäden wie diese sind für die Brückenprüfer nichts Außergewöhnliches. Zumal bei einem Bauwerk wie der Zoobrücke, die 1966 eröffnet wurde und damit im Vergleich zu den anderen Rheinbrücken als eher unproblematisch gilt.

Hauptuntersuchung Zoobrücke am 8. Oktober 2024

Bauwerksprüferin Tanja Kantler klopft den Brückenpfeiler auf Hohlstellen ab.

„Die Zoobrücke ist unsere jüngste Rheinquerung und steht bei der Frage der Grundsanierung schon deshalb hinten an, weil unsere anderen Rheinbrücken sanierungsbedürftiger sind“, sagt Sonja Rode, Leiterin des Brückenamts, das sich neben den vier Rheinbrücken mit 170 Mitarbeitenden noch um 18 Straßentunnel, 36 Kilometer U-Bahntunnel, 43 U-Bahn- und 130 oberirdische Haltestellen kümmern muss. 20 Ingenieursstellen seien derzeit unbesetzt.

Der Sanierungsplan sieht vor, dass nach der Sanierung der Mülheimer Brücke die Severinsbrücke oder die Deutzer Brücke folgen werden. In welcher Reihenfolge hängt von den Ergebnissen der anstehenden Nachuntersuchungen ab. Bei der Deutzer Brücke müsse man einkalkulieren, dass die KVB künftig mit 90 Meter Langzügen über die Brücke fahren werden.

Letzte Gesamtnote lag bei 3,0

Seit Januar läuft die Hauptuntersuchung auf der Zoobrücke schon. Die Ergebnisse werden erst im Frühjahr 2025 vorliegen. Vor sechs Jahren schloss sie mit einer 3,0 ab. Jeder Quadratzentimeter Beton wird abgeklopft, auf Hohlstellen untersucht, die Schäden markiert und dokumentiert. Und danach entschieden, wie es weitergehen muss.

Hauptuntersuchung Zoobrücke am 8. Oktober 2024

Hauptuntersuchung Zoobrücke am 8. Oktober 2024

Ein Jahr für eine Brücke. Was nach kölschen Arbeitstempo klingt, ist in Wahrheit eine Meisterleistung in Sachen Präzision. Das Bauwerk besteht eben nicht bloß aus der 2,9 Kilometer langen Strombrücke, sondern umfasst insgesamt 40 Einzelbrücken mit 114.000 Quadratmetern Bauwerksfläche. Weil man sich darunter wenig vorstellen kann, hilft ein Vergleich: Alle 338 Brücken, die in der Verantwortung der Stadt Köln liegen, kommen auf eine Gesamtfläche von 300.000 Quadratmetern.

Die Zeiten, an denen überhaupt auf der Brücke gearbeitet werden, sind stark eingeschränkt. Nur außerhalb des Berufsverkehrs, also zwischen 9 und 15 Uhr oder nachts, und dabei muss auch noch Rücksicht auf den Bahnverkehr genommen werden, weil die Gleise, über denen die Brückenspechte mit ihren Hämmern nach Hohlräumen suchen, stromlos geschaltet sein müssen. Am Montag stand der Bauprüfer-Trupp 90 Minuten herum und konnte nichts tun, weil der Zugverkehr nicht unterbrochen werden konnte.

Jeder Einzelschaden wird bewertet

Zwei Teams mit jeweils drei Fachleuten sind für die Kontrollen verantwortlich und entscheiden am Ende darüber, welche Note das Gesamtbauwerk bekommt. Die Skala reicht von 0 bis 4. Die schlechteste Wertung würde bedeuten, dass die Brücke sofort stillgelegt werden müsste.

Lukasz Ludewig schaltet den Bohrhammer ab und erklärt das Bewertungsschema. „Wir bewerten immer jeden Einzelschaden wie diesen hier“, sagt er. „Daraus ergibt sich dann die Note für das Teilbauwerk.“ Und weil die Zoobrücke nun einmal aus 40 Brücken besteht, ergibt das am Ende die Gesamtnote, die aber wenig über den Zustand der einzelnen Bauwerke aussagt. „Wir legen Wert auf hohe Qualität und machen das alles eigenständig mit zertifiziertem Personal, nur bei Spezialproblemen setzen wir auf externe Expertise.“

Sonja Rode, Leiterin des Amts für Brücken, Stadtbahn- und Tunnelbau in Köln

Sonja Rode, Leiterin des Amts für Brücken, Tunnel- und Stadtbahnbau in Köln

Vor sechs Jahren gab es auf der Zoobrücke bereits sieben sogenannte Lose, die nur noch die Note 3,4 oder 3,5 erreichten, darunter die linksrheinischen Abfahrten zum Niederländer Ufer am Zoo, die nördliche Auffahrt und die beiden Abfahrten auf der Schäl Sick zum Pfälzischen Ring. Sie werden, heißt es in einer Bewertung, auf der alle Kölner Brücken mit einer Zustandsnote unter 3 im Mai 2023 aufgeführt sind, wohl vorab saniert werden müssen.

Möglich ist auch, bestimmte Bereiche, an denen die Schäden zugenommen haben, statt bisher alle sechs künftig in einem Drei-Jahres-Rhythmus zu prüfen. Das geschieht automatisch, wenn die Zustandsnote von 3,4 erreicht ist.

Diese Frage hat Amtsleiterin Sonja Rode erwartet. Die nach der im September eingestürzten Carolabrücke in Dresden. Könnte ein solches Szenario auch in Köln eintreten? „Wir müssen erst einmal abwarten, was die Ursache in Dresden war. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Das Schlimme ist, wenn sich das Versagen nicht vorher durch einen Schaden ankündigt. Wir haben die Schadensbilder bei der Zoobrücke genau im Blick. Die wird nicht plötzlich versagen.“