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Netzwerk etabliertWie die Uniklinik Köln die Versorgung krebskranker Kinder verbessern will

Lesezeit 4 Minuten
Ein erkranktes Kind liegt auf einer Kinderstation eines Klinikums in einem Krankenbett.

In Deutschland erkranken jährlich rund 2000 Kinder an Krebs.

Die Uniklinik Köln ist Teil eines Studienzentrums, das krebskranken Kindern den Zugang zu neuen Therapien erleichtern will.

In der Krebsforschung wurden in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt. Insbesondere in der Kinderonkologie kann der Großteil der Patienten geheilt werden. Doch nach wie vor sterben viele Kinder in Deutschland an den Folgen ihrer Erkrankung.

Von etwa 2000 neuen Erkrankungen pro Jahr könne man etwa 400 Kinder langfristig nicht heilen, sagt Professor Matthias Fischer, Leiter der Experimentellen Kinderonkologie der Uniklinik Köln. „Damit ist Krebs nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen für Kinder in Deutschland.“

Da fühlen wir uns manchmal ein bisschen vom Fortschritt abgeschnitten
Prof. Dr. Matthias Fischer, Leiter der Experimentellen Kinderonkologie der Uniklinik Köln

Fischer setzt sich nun unter anderem mit der Frage auseinander, was man für diese 20 Prozent der Kinder tun kann, bei denen die etablierten Therapien der Onkologie – Chemotherapie, Bestrahlung oder Operation – nicht anschlagen oder denen Rückfälle zu schaffen machen.

Fischer: Neue Therapien kommen nur sehr langsam in die Kinderonkologie

Zwar gibt es mittlerweile zwei neue Behandlungsmöglichkeiten, die sogenannten molekularen Therapien und die Immuntherapien. „Diese neuen Therapien kommen leider nur sehr langsam in die Kinderonkologie. Da fühlen wir uns manchmal ein bisschen vom Fortschritt abgeschnitten.“

Damit dennoch möglichst viele Kinder von den neuen Therapien profitieren, haben Forscher nun ein Netzwerk etabliert. Es besteht aus fünf Universitätskliniken in Essen, Köln, Bonn, Aachen und Homburg sowie sechs nicht-universitären Kinderonkologien. Ziel des Westdeutschen Pädiatrischen Studienzentrums (WPSZ) ist es, „die Versorgung für Kinder, für die wir keine Standardtherapien zur Verfügung haben, umfänglich zu verbessern“.

Kinderonkologe Matthias Fischer.

Prof. Dr. Matthias Fischer ist Leiter der Experimentellen Kinderonkologie an der Uniklinik Köln.

Es gibt einige Gründe, warum sich die neuen Therapien nur langsam in der Kinderonkologie durchsetzen. Zum einen sei es für Pharma-Firmen wirtschaftlich oft nicht sehr attraktiv, Therapien für Diagnosen im Kindesalter zu entwickeln, sagt Fischer. Im Vergleich: Im Gegensatz zu 2000 Erkrankungen bei Kindern zählt man bei Erwachsenen rund 500.000 neue Erkrankungen jährlich. Der Absatzmarkt ist dadurch viel größer.

Zudem seien die Regularien mittlerweile so enorm umfangreich, dass dies häufig die Entwicklung von Studien für Kindern unmöglich mache, kritisiert Fischer. In Deutschland existierten darüber hinaus viele recht kleine kinderonkologische Zentren. „Die neuen Therapien werden aber typischerweise nur an wenigen, eher großen Universitätskliniken angeboten.“

Verbund aus Kliniken will Versorgung für krebskranke Kinder verbessern

Das WPSZ versucht nun, verschiedene Probleme anzugehen. So mangle es für einige Kinder mit Rückfallerkrankungen etwa an molekularer Diagnostik. In Köln haben die Spezialisten daher mit dem Institut für Pathologie einen Diagnostik-Test entwickelt, „mit dem man spezifisch molekulare Veränderungen, die häufig bei kindlichen Tumoren auftreten, nachweisen kann“.

Die Verbundpartner können nun Proben nach Köln schicken, die in der Pathologie untersucht werden. Anschließend werden die Befunde mit den Pathologen besprochen und samt Bewertung zurück an die jeweilige Klinik geschickt, erläutert Fischer.

Einmal in der Woche besprechen die Experten innerhalb des Netzwerks zudem Fälle von Patienten mit Erkrankungen, für die es keine Standardtherapien gibt. Auch das Portfolio an frühen klinischen Studien wolle man möglichst erweitern.

Vertrauen vor einem Klinikwechsel aufbauen

Für Patienten, die bereits Vertrauen zu ihrer behandelnden Klinik oder ihrem Arzt aufgebaut haben, kann ein Wechsel in eine andere Klinik schwierig sein. Das Netzwerk sieht daher vor, dass die Ärzte aus der eigenen Klinik ihre Patienten bei der Kontaktaufnahme zur neuen Klinik begleiten.

Außerdem sollen die Patienten mit Hilfe von „Shared-Care“-Konzepten „möglichst nur für die im Rahmen der Studien notwendigen Vorstellungstermine in der neuen Klinik vorstellig werden, aber für die Routine weiterhin in der eigenen bleiben können“. Denn ein möglicher Grund, weshalb sich Eltern gegen eine Studie entscheiden, kann laut dem Onkologen auch die Entfernung vom Studienort zum Wohnort sein.

„Was steht Eltern eigentlich zu, wenn ein Kind plötzlich krank wird?“

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das WPSZ nun mit 2,34 Millionen Euro. „Wir haben die Förderung auch zum Anlass genommen, die psychosozialen Aspekte besser zu erfassen“ – zum Beispiel wie es den Patienten oder Eltern innerhalb des Verbundes vor und nach Transfer in eine andere Klinik geht. „Jetzt haben wir auch die personellen Ressourcen, das umzusetzen“, sagt der Kinderonkologe.

Generell will der Verbund die Elternvertreter stärker mitnehmen. Auch geht es um die Frage: „Was steht Eltern eigentlich zu, wenn ein Kind plötzlich krank wird?“ Denn allein die erste Behandlung ist sehr umfangreich. „In der Regel muss ein Elternteil seinen Job aufgeben.“