Kölner „Veedel Club“-Betreiber„Die Studenten brennen darauf, wieder zu feiern“
- Den Veedel Club an der Luxemburger Straße gibt es seit April 2016.
- Bis Ende 2015 war an der Stelle der legendäre Rose Club beheimatet.
- Ein Gespräch über wegfallende Corona-Maßnahmen und darüber, wie unterschiedlich die Euphorie über das gestartete Nachtleben ausfällt.
Köln – Herr Larrota, Herr Müller, ab dem morgigen Samstag, 2. April sollen die allermeisten Corona-Regelungen wie 2G-Plus wegfallen. Für Clubs galten bisher die strengsten Maßnahmen: Alle, auch Geboosterte, brauchten zuletzt ausnahmslos einen Schnelltest. Finden Sie gut, dass nun Schluss damit sein soll?
Elias Müller: Ich bin etwas zwiegespalten, natürlich haben auch wir eine Spaltung in ungeimpft und geimpft beobachtet. Aus Sicht eines Betreibers, der für Gäste und Personal zuständig ist, ist es aber wichtig, dass die größtmögliche Sicherheit gewährleistet ist, damit wir längerfristig geöffnet bleiben können. Daher würde ich dafür plädieren, dass man wenigstens die tagesaktuellen Tests beibehält.
Mauricio Larrota: Nichtsdestotrotz war es bisher schwer, die Regeln zu vermitteln. Für Konzerte galt was anderes (3G) als für Partys. Wieso braucht man für ein Konzert mit 150 Leuten keinen Test? Wir verlangen ihn weiter. Man merkt den Gästen an, dass sie es nicht mehr verstehen. Für 2G-Plus reichte eine Zeit lang auch der Booster beispielsweise.
Haben Sie viele Leute weggeschickt?
Larrota: Ja, sehr viele. Für den Gastronomen ist es am Ende des Tages auch wirtschaftlich schwierig, denn wenn die Gäste einmal gehen, kehren sie nicht wieder, weil sie womöglich keine Teststation mehr finden.
Sind die Gäste denn zögerlich oder ist die Euphorie nach langer Nachtleben-Pause ungebremst?
Larrota: Leider nicht. Man merkt je nach Veranstaltung, dass die Leute eher vorsichtiger sind.
Müller: Dadurch, dass wir ein breitgfächertes Angebot haben, von Studenten bis zu Ü29-Partys, fällt das unterschiedlich aus. Donnerstags machen wir mit unserer Latin-Party Radio Sabrosita gezielt für (Erasmus-)Studenten Programm, die teilweise neu in der Stadt sind. Da merkt man, dass die Leute brennen. Die konnten die Ausgehkultur bisher nicht erfahren. Dementsprechend sind sie heiß darauf.
Im Kölner Rose Club wurde auch unter der Woche gefeiert
Früher war der legendäre Rose Club, der Vorgänger an dieser Stelle, auch bekannt dafür, dass unter der Woche teilweise gratis gefeiert werden konnte – die Schlange reichte häufig bis zum Stereo Wonderland. Heutzutage ist das doch eher ungewöhnlich.
Müller: Es wird alles teurer, als Student vier oder fünfmal die Woche auszugehen geht ins Geld. Auch als Clubbetreiber oder -betreiberin kann man nicht mehr jeden Tag freien Eintritt gewähren. Wir haben uns für unter der Woche etwas überlegt. Dienstags sind wir neuerdings Vereinslokal des Chors „Die Grüngürtelrosen“. Einmal im Monat wollen die Jungs dann eine Party veranstalten. Mittwochs wollen wir regelmäßig Konzerte anbieten, um auch den Charme des Rose Clubs zu erhalten. Wir wollen Sprungbrett für Nachwuchs sein, aber auch nationale und internationale Künstler präsentieren sowie lokale Helden wie Mo-Torres, der fast jedes Jahr hier auftritt.
Als der Rose Club geschlossen wurde, hat Cem Yilmaz alias DJ Cem den Club zunächst übernommen, dann kurz nachdem Corona ausgebrochen ist, an Sie, Herr Müller abgegeben. Und jetzt seit Kurzem sind sie beide Geschäftspartner. Wie kam es dazu?
Larrota: Als Elias den Laden übernommen hat, war ich noch Betriebsleiter im Club Bahnhof Ehrenfeld. Wir verstehen uns mit den CBE-Jungs auch noch mega gut, privat kannten wir uns schon vor der Club-Gründung. Für mich kam der Punkt, dass ich auch alleine was machen wollte. Wir beide wollten auch unbedingt etwas gemeinsam starten.
Herr Müller, Sie hatten also noch kein normales Club-Jahr.
Müller: Meine Eltern hatten glaube ich zwei schlaflose Jahre. Erst hast du studiert, dann übernimmst du einen Laden, der aber geschlossen ist. Das ist schwer zu vermitteln. Mittlerweile sind sie besänftigt.
Larrota: Die Frage ist auch, wie die Regierung weitermacht. Wir freuen uns, dass wir wieder starten und hoffen, dass wir aufbleiben dürfen – nicht wie letztes Jahr, als keiner dachte, dass man im November wieder dicht machen muss. Diese Ungewissheit ist für mich die größte Herausforderung gerade.
Zu den Personen
Mauricio Larrota ist 41 Jahre alt und gebürtiger Kolumbianer. Er kam mit 19 Jahren nach Köln und arbeitet seit 20 Jahren in der Gastronomie: Alles hat hinter Theke einer Bar angefangen. Danach war er Leiter verschiedener Bars bis er als Gastro- und später als Betriebsleiter im Club Bahnhof Ehrenfeld angefangen hat. Seit diesem Jahr ist er Geschäftspartner von Elias Müller.
Müller ist 27 Jahre alt und kommt aus der Südpfalz. Er kam zum Studium nach Köln und hat neben dem Studium ebenfalls im CBE gearbeitet, zuletzt war er dort Personalleiter und Barchef. 2020 hat er den Veedel Club von Cem Yilmaz alias DJ Cem übernommen.
Der Rose Club war 30 Jahre eine Institution des Kölner Nachtlebens. 1989 traten hier Nirvana auf, DJ und Produzent Hans Nieswandt hat hier auf den Whirlpool-Partys aufgelegt und Promis wie Mehmet Scholl, Placebo und Mando Diao sollen hier schon gefeiert haben. Hat man da Bedenken, ob man diesem Erbe gerecht wird?
Müller: Man kann dem eigentlich nicht gerecht werden, wenn man versucht, in die Fußstapfen zu treten. Deswegen versuchen wir auf eigene Art und Weise, das Viertel mit frischem Wind aufblühen zu lassen. Die Rose als kleine Hommage an den Rose Club haben wir dennoch mit in unser Logo eingebaut.
Der Boom der Indie-Musik war dann auch irgendwann vorüber, weshalb es gegen Ende 2015 nicht mehr rund lief im Rose Club. Der Veedel Club hat musikalisch auch ein völlig anderes Konzept und bietet die Genres Hip Hop und Latin, während der Mainstream derzeit eher elektronisch geprägt ist. Wie groß ist so die Szene?
Müller: Wir sind breit aufgestellt, auch wir haben die eine oder andere elektronische Tanzveranstaltung, aber unser Hauptaugenmerk liegt auf Hip Hop: Oldschool und New School. Wir versuchen da, die Wiege zu halten und auch anderes anzubieten: von Soul, Funk, Latin über Afrobeats. Schwierig zu sagen, wie groß da die Szene ist.
Larrota: Beim Rock ist es auch so, dass es wenig Möglichkeiten gibt, auf eine Rockparty zu gehen, dennoch gibt es genug Leute, die das mögen. Deswegen sind die so gut besucht.
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Kölner Spots für Hip Hop
Was wären denn noch andere Spots für Hiphop?
Müller: Im Reineke Fuchs im Belgischen Viertel läuft Hip Hop genauso wie im Subway. Im CBE auch.
Larrota: Auch auf den Ringen, wobei dort ganz anderes Publikum ist. Man muss bedenken, dass die Clubkultur nicht mehr wie früher ist, viele Locations mussten zumachen, vor allem in Ehrenfeld, wo allein vier Locations fehlen. Kultur aber besteht aus Vielfältigkeit und wenn es immer weniger gibt, ist es für die Stadt nicht gut.
Wie sieht der Arbeitsalltag eines Clubbetreibers aus. Wir treffen uns an einem Montag Vormittag. Was macht man da sonst?
Larrota: Montags müssen wir alles Bürokratische vorbereiten für die ganze Woche, da habe ich auch viel nachzuholen. Das ist ein sehr langer Tag. Hinter den Kulissen läuft viel. Als ich angefangen habe, hatte ich immer sehr viel Spaß an der Theke, bis ich später verstanden habe: Es ist eine Vollzeitstelle.
Müller: Man stellt sich nicht nur hinter die Theke und feiert mit Gästen. Das machen wir auch. Aber es ist eine Firma wie andere auch, angefangen mit doppelter Buchhaltung, Personal, Getränkelieferanten-Verträge, Ordnung halten, Bestellungen, Logistik. Nachts da zu sein ist das i-Tüpfelchen.