Für das Klima90 Kilometer langer Kölner Autobahnring soll überbaut werden
Köln – Der Energiebedarf in Großstädten nimmt bislang nicht in dem Maße ab, wie es notwendig wäre, um die festgelegten Klimaziele zu erreichen. Gleichzeitig sollen Atom- und Kohlekraftwerke wegfallen, so dass alternative Quellen wie Windkraft und Solaranlagen in den Fokus rücken. Windräder sind in Köln allerdings politisch unerwünscht und für große Felder mit Solaranlagen mangelt es an Platz, zumal bereits jetzt zu wenig Raum für den Wohnungsbau vorhanden ist und Grünflächen möglichst unversiegelt bleiben sollen. Die Wählergruppe GUT schlägt jetzt als Ausweg aus dem Dilemma vor.
Der rund 90 Kilometer lange Kölner Autobahnring soll mit einem Dach aus Solarzellen überbaut werden.
Nach ersten Schätzungen seien drei Quadratkilometer Boden durch die Autobahn versiegelt – darauf ließe sich jedes Jahr Energie im mittleren Gigawattstundenbereich erzeugen, um damit zehntausende Haushalte zu versorgen, so die Berechnungen der Wählergruppe, die für das Projekt den Arbeitstitel „Sonnendeck“ gewählt hat.
Suche nach Photovoltaik geeigneten Dächern in Köln
„Die Suche innerhalb der Stadt nach für Photovoltaik geeigneten Dächern, Wiesen oder Seen läuft sehr schleppend – viel zu schleppend für die Erreichung der Klimaziele“, sagt Ratsfrau Karina Syndicus. Wenn der Stadtrat das Ausrufen des Klimanotstandes ernst gemeint habe, müsse man auch bei einer Infrastruktur wie der Autobahn für einen Paradigmenwechsel bereit sein. „Wir können uns in Köln nicht zurücklehnen und warten bis Schleswig Holstein genügend Windräder ins Wattenmeer gesetzt hat“, sagt Syndicus.
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Die Arbeitsgruppe rund um Mitinitiator Thomas Schmeckpeper, der bereits die Idee eines Seilbahnsystems entlang des Rheinufers mitentwickelt hat, stellt sich eine feingliedrige Konstruktion vor, bei der Stahlseile als Tragelemente dienen. Hinzu kommt ein ausfahrbarer Mechanismus, um die Photovoltaik-Module auf die jeweilige Wetterlage ausrichten zu können.
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Zum Einsatz sollen lichtdurchlässige Solarmodule kommen, die einen höheren Wirkungsgrad haben, weil sie das Licht von beiden Seiten aufnehmen können. „Das verhindert auch einen kontrastreichen Schattenwurf auf die Fahrbahn im Sinne der Verkehrssicherheit“, sagt Schmeckpeper. Module dieser Art kämen bereits bei Kläranlagen zum Einsatz.
Optional würden sich die Säulen an der Fahrbahnseite auch als Halterung für einen Lärmschutz nutzen lassen. Das sei allerdings nur vorbehaltlich einer technischen Prüfung möglich, da die Anlage sonst möglicherweise als Tunnel gewertet werden könnte, was hohe Brandschutzauflagen nach sich ziehen würde.
Fraunhofer-Institut erforscht Solar-Idee
„Natürlich sind wir als Kommune nicht Bauherrin der Autobahn, aber wir sind massiv betroffen von ihren Auswirkungen“, sagt GUT-Vorsitzender Thomas Geffe. Das gelte für Lärm- ,CO2- und Feinstaubemissionen sowie für Ausbauprojekte wie bei der Rodenkirchener Brücke. „Wir müssen diese Infrastruktur gesamtheitlich und neu denken und hier als Stadt auch unsere Impulse und Bedarfe in Richtung Gesetzgeber formulieren“, sagt Geffe. Das Sonnendeck sei ein erster Vorschlag, der nun weiter ausgearbeitet werden soll. Die Stadt Köln könnte sich daran beteiligen.
Wie ernsthaft der Ansatz der Wählergruppe zu bewerten ist, zeigt ein Blick auf die aktuelle Forschung dazu. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) beschäftigt sich seit März 2020 im Auftrag des Bundesumwelt- und des Bundesverkehrsministeriums mit Solardächern für Autobahnen. Neben der Energiegewinnung sehen die Wissenschaftler als weitere Vorteile eine Steigerung der Verkehrssicherheit, einen Schutz der Fahrbahn vor Überhitzung und Niederschlag sowie einen zusätzlichen Lärmschutz. Ob sich eine Photovoltaik-Überdachung finanziell lohnt, wird nach Einschätzung der Forscher maßgeblich vom Ertrag beeinflusst – dem gegenüber stehen die Anschaffungs- und die Finanzierungskosten sowie die Kosten für den Betrieb und die Wartung der Anlage.
Auf der Autobahn A 81 zwischen dem Schwarzwald und dem Bodensee soll auf der Rastanlage Hegau-Ost im Herbst ein Prototyp entstehen. „Die Autobahn GmbH hat sich zum Ziel gesetzt, die Autobahnen innovativ und nachhaltig zu betreiben – erneuerbare Energie über der Autobahn ist dabei ein weiterer Schritt zur Erreichung der Klimaziele“, sagte Christine Baur-Fewson von der Autobahn GmbH bei der Vorstellung des Projekts. Nach der Inbetriebnahme beginnt ein einjähriger Test.