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„Mit Euch sind Wunder möglich“Wie Francesco (2) in Köln eine schwere Herz-Operation überlebte

Lesezeit 3 Minuten
Porträt des kleinen Francesco mit Sonde an der Nase und an der Brust.

Francesco (2) wurde an der Kölner Uni-Klinik am Herzen operiert - seine Überlebenschancen waren sehr gering.

Das Herz des zweijährigen Francesco war von Bakterien befallen. Für die Spezialisten der Kölner Uniklinik war die Operation ein Extremfall.

Es begann mit einem herzzerreißenden Schrei in der Nacht. Francesco krampfte und zitterte, fieberte und schwitzte. In einer Kinderklinik im Kreis Arnsberg vermuteten die Ärzte einen schweren Magen-Darm-Infekt oder eine Hirnhautentzündung, erinnert sich Eva-Maria Kütting, Francescos Mutter. Wenig später hing der linke Mundwinkel des Kindes herunter, nach drei Tagen im Krankenhaus reagierte er nicht mehr auf Reflexe. In einer anderen Klinik stellten die Ärzte einen schweren Schlaganfall fest. Francescos Kopf war inzwischen geschwollen, es bestand akute Lebensgefahr. Die einzige Klinik, die bereit war, dem Kind an einem Sonntag die Schädeldecke zu öffnen, war die Kölner Uniklinik.

„Bei einer Untersuchung seines Herzens hat ein Kardiologe dann schnell festgestellt, dass sein Herz von Bakterien zerfressen war“, sagt die Mutter.

Die Herzklappen waren von Bakterien befallen und hatten Infarkt ausgelöst

Die Wurzel von Francescos Aorta und die Herzklappen waren von Streptokokken befallen, die Infektion hatte den Hirninfarkt ausgelöst. Aorta-Wurzel und Herzklappen mussten dringend erneuert werden. „Ohne eine Operation wäre der Junge binnen weniger Wochen verstorben“, sagt Prof. Gerardus Bennink, Kinderherzchirurg der Kölner Uniklinik.

Mutter Eva-Maria Kütting hält ihr Kind Francesco nach der OP im Arm: Das Kind ist mit zahlreichen Sonden und Schläuchen verkabelt.

Eva-Maria Kütting mit ihrem Sohn nach der Operation.

Eine Herz-Operation bei einem Kleinkind ist riskant. „Da der Junge zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte, sehr schwach war und wir nicht genau wussten, wie stark die Bakterien das Herz bereits zerstört hatten, war das Risiko in diesem Fall besonders hoch“, sagt Bennink, der zwar schon mehr als 6500 Herz-Operationen durchgeführt hat, aber „lediglich zehn bis zwölf mit genau dieser Symptomatik“.

Die Ärzte haben uns gesagt, dass Francesco die Operation möglicherweise nicht überlebt. Es gab nur eine geringe Überlebenschance
Vater Vito Ciulla

„Die Ärzte haben uns gesagt, dass Francesco die Operation möglicherweise nicht überlebt“, sagt Vater Vito Ciulla. Die Kardiologen und Kinderintensivärzte hätten zwischenzeitlich von einer nur sehr geringen Überlebenschance gesprochen. „Aber es gab keine andere Möglichkeit.“

Porträt von Gerardus Bennink, Kinderherz-Chirurg an der Uniklinik Köln

Kinderherz-Chirurg Gerardus Bennink

Am 3. Mai, dem Tag seines zweiten Geburtstags, wird Francesco in der Kölner Uniklinik operiert. Bennink verwendet für die neuen Herzklappen eine Vene aus der Halsschlagader eines Rinds – „die Herzkranzgefäße werden bei einer solchen Operation neu implantiert“, erklärt der Chirurg. Die Ersatzherzklappen rufen Immunreaktionen hervor, sie müssen nach einigen Jahren ausgetauscht werden. „Unbeschwert wird Francescos Kindheit nicht. Aber die Aussicht, dass die medizinische Technik ihm ermöglicht zu leben, ist für uns wunderbar“, sagt Vito Ciulla.

Beim Öffnen eines Herzbeutels zeigt sich eine stark eingeschränkte Pumpfähigkeit und eine massiv überfüllte rechte Herzkammer. Der Junge muss nach dem Eingriff an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden. Erst nach zwei Tagen ist klar, dass Francescos Herz mitarbeitet – es kann wieder selbstständig schlagen.

Porträt von Eva-Maria Kütting, Söhnen Francesco und Paul, Vater Vito Ciulla

Glückliche Familie: Eva-Maria Kütting, die Söhne Francesco und Paul, Vater Vito Ciulla.

Sechseinhalb Wochen bleibt Francesco in der Uniklinik, bekommt vier verschiedene Antibiotika, um eine erneute Infektion zu unterbinden, bevor er vier Wochen in Reha geht, um langsam an ein normales Leben herangeführt zu werden. Bis heute hat er sechsmal pro Woche Therapie und gilt als schwerbehindert. Bis heute fehlt ihm ein Teil der Schädeldecke, die vorläufig eingefroren wurde und bald wieder angenäht werden soll. Für mindestens zwei Jahre muss er Penicillin nehmen. Auch andere Medikamente wie Blutverdünner gehören jetzt zu seinem Leben.

Doch Francesco begrüßt seine Eltern jeden Morgen mit unbändigem Lachen. Er steht wieder auf seinen Beinen und kann an der Hand laufen. Bald wird er wieder in den Kindergarten gehen. Auch wenn er vermutlich noch mehrmals am Herzen operiert werden müsse, habe Francesco gute Chancen, lange zu leben, sagt Herzchirurg Bennink.

Porträt von Francesco - auf der Brust ist eine große Narbe zu sehen, er lacht.

Francesco (2) geht es wieder gut - herzkrank und gelähmt wird er bleiben.

„Mit Euch sind Wunder möglich“ steht über dem Steinbild, das Eva-Maria Kütting und Vito Ciulla für die pädiatrische Intensivstation und das Herzzentrum der Kölner Uniklinik gebastelt haben. „Diese Worte spiegeln die Ausnahmesituation zwischen Leben und Tod wider, in der sich unser Sohn Francesco befand“, sagt Eva-Maria Kütting.

„Wir sind dem Team der Uniklinik und allen behandelnden Pflegerinnen und Ärzten unendlich dankbar.“ Die neue Situation mit einem Kind, das halbseitig gelähmt ist und ein schwaches Herz hat, „haben wir sofort angenommen. Es fühlt sich wie ein Geschenk an.“