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Krebs, Herzinfarkt, ThromboseGroße oder kleine Menschen – Wer hat das höhere Krankheitsrisiko?

Lesezeit 5 Minuten
Eine kleine Frau und ein großer Mann stehen sich eng gegenüber und lachen sich an.

Kleine Menschen haben bei einigen Krankheiten ein höheres Risiko, zu erkranken. Bei anderen Krankheiten sind häufiger große Menschen betroffen.

Forscher haben herausgefunden, dass bei großen Menschen das Risiko eines Herzinfarkts geringer ist. Beim Krebs ist es andersherum.

Ob groß oder klein – die Körpergröße kann auch Einfluss auf Krankheitsrisiken haben. Dass die Menschen immer größer werden, ist statistisch belegt: Deutsche Männer maßen 1896 im Schnitt gut 1,67 Meter, 2021 dagegen fast 1,80 Meter. Bei den Frauen kletterte der Wert in diesem Zeitraum von 1,56 auf 1,66 Meter. Entscheidend ist natürlich, wie gesundheitsbewusst jemand den eigenen Alltag verbringt. Dennoch spielt auch die Körpergröße eine Rolle. Bei einigen Erkrankungen steigt das Risiko mit zunehmender Größe, bei anderen sinkt es.

Diabetes

Hier sind große Menschen im Vorteil. Denn die genetischen Faktoren für das Körperwachstum hängen nach Worten des Professors für klinisch-experimentelle Diabetologie am Universitätsklinikum Tübingen, Norbert Stefan, mit weniger Fettgehalt in der Leber und einer besseren Insulin-Empfindlichkeit zusammen. Diese beiden Faktoren sorgten dafür, dass Große seltener an Diabetes erkranken. Bei kleinen Menschen kommt es dagegen zu einer schlechteren Verwertung von Glukose, dadurch bekommen sie im Schnitt eher Diabetes.

Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Auswertung vom Mai 2023: Je größer Frauen und Männer in allen Altersgruppen sind, desto weniger wahrscheinlich bekommen sie Typ-2-Diabetes. Risikofaktoren dafür sind aber auch starkes Übergewicht und Bewegungsmangel. Karel Kostev, wissenschaftlicher Leiter in der epidemiologischen Forschung des Auftragsforschungsinstituts IQVIA, hat dazu mit einem Internisten-Team der Uniklinik Düsseldorf die Daten von 780.000 erwachsenen Patienten untersucht.

Ihr Fazit: Pro zehn Zentimeter geringerer Körpergröße steigt das Risiko für neu auftretenden Typ-2-Diabetes bei Frauen um 15 Prozent und bei Männern um 10 Prozent. Zusammenhänge zwischen der Körpergröße und der Entwicklung von Typ-1-Diabetes, die durch einen absoluten Mangel des Hormons Insulin häufig bereits im Kindes- oder Jugendalter beginnt, gibt es demnach aber nicht.

Auch eine weitere deutsche Untersuchung kam 2019 zu dem Ergebnis, dass kleine Menschen ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes haben – und zwar unabhängig von der jeweiligen Körperfettmasse.

Thrombosen

Beim Thema Thrombosen sind große Menschen eindeutig im Nachteil. „Je länger die Extremitäten, desto länger muss das Blut bis hoch zum Herz gepumpt werden“, veranschaulicht Prof. Stefan. Die Thrombosen entstehen nach seinen Worten bis zu 90 Prozent in den tiefen Beinvenen und können zu einer Lungenembolie führen.

Kollege Kostev kommt mit dem Internisten-Team in Düsseldorf zu dem Fazit, dass die Gefahr einer Erkrankung je zehn Zentimeter Körpergröße um 23 Prozent zunimmt. Auch ein Blick in eine schwedische Analyse aus dem Jahr 2017 zeigt: Große Menschen haben ein höheres Thromboserisiko.

US-Forscher fanden ebenfalls heraus, dass große Menschen ein höheres Risiko für Vorhofflimmern und Krampfadern haben, die die Entstehung von Thrombosen begünstigen können. Dazu analysierte das Team von der University of Colorado Informationen zu mehr als 250.000 Erwachsenen auf mehr als 1000 Krankheiten und Merkmale.

Herz

Die Körpergröße kann auch Einfluss auf das Risiko haben, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen. Dazu wurden von der Uniklinik Düsseldorf die Daten von knapp 660.000 Patienten ausgewertet – mit dem Ergebnis: Kleinere Frauen und Männer erkranken wahrscheinlicher als große an Bluthochdruck oder bekommen einen Schlaganfall, bei dem Gehirngewebe abstirbt.

Nach Auskunft von Prof. Stefan aus Tübingen sind große Menschen gleich mehrfach im Vorteil. Er zählt auf: „Fettsäuren weniger, LDL Cholesterin niedriger, Glukose niedriger und Hepatokine (Leberproteine) günstiger.“ Addiert bedeutet das: Große Menschen haben ein geringeres Herzinfarktrisiko.

Bei dem Datensatz aus Düsseldorf hatten kleine Frauen und Männer ein höheres Risiko für eine koronare Herzerkrankung, bei der Blutgefäße verengt sind, was ebenfalls das Herzinfarktrisiko erhöht. Pro zehn Zentimeter Zunahme bei der Körpergröße nimmt laut Untersuchung das Risiko dafür um neun Prozent bei Frauen und 13 Prozent bei Männern ab. Im Gegensatz dazu haben größere Frauen und Männer nach diesem Datensatz ein höheres Risiko für Vorhofflimmern.

Krebs

Auch beim Krebs besteht ein Zusammenhang zwischen Körpergröße und Häufigkeit der Krankheit. Der Vergleich der Daten durch die Uniklinik Düsseldorf ergab, dass größere Patienten anfälliger sind. Das Risiko erhöht sich bei Frauen um elf Prozent und bei Männern um sechs Prozent je zehn Zentimeter Zunahme bei der Körpergröße.

Ein Grund dafür, dass die Menschen im Laufe der Zeit immer größer werden, sieht Prof. Stefan unter anderem im vermehrten Verzehr von Milchprodukten und rotem Fleisch. Er verweist in dem Zusammenhang auf China, wo die Körpergröße seit Jahren zunehme.

Ein übermäßiger tierischer Eiweißkonsum aktiviere Wachstumsgene (vor allem die für die Wachstumsfaktoren IGF-1 und auch IGF-2) und reguliere diese nach oben. Diabetologe Stefan bezeichnet diese als „Dünger für die Zellen“. Kinder würden dadurch im Mutterleib und als Erwachsene größer. Der Zusammenhang zum Krebs komme durch lebenslang stärkeres Zellwachstum, das durch IGF-1 und IGF-2 gefördert werde und das Risiko, zu erkranken, erhöhe.

Forscher stellten aber auch einen Zusammenhang zwischen Größe und der Häufigkeit bestimmter Krebsarten fest. Prof. Stefan nennt die drei häufigsten bei großen Menschen: den schwarzen Hautkrebs, Darm- und Brustkrebs.

Rücken

„Ein Zusammenhang zwischen Körpergröße und Kreuzschmerzen wird immer postuliert, ist aber nicht bewiesen“, sagt Bernd Kladny, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Die Belastung sei bei großen Menschen zwar höher, wenn sie sich zum Beispiel nach vorne beugen und etwas aufheben, „sie haben aber auch eine andere Anatomie mit kräftigeren Muskeln als kleine Menschen“. Es gebe sehr viele Faktoren, die zu Rückenschmerzen beitragen. (dpa)