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Internist erklärt„90 Prozent der Herzinfarkte sind vermeidbar”

Lesezeit 6 Minuten
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Stress schwächt das Herz – eine stabile Psyche und ein gesunder Lebenstil sind wichtig für das Organ (Symbolbild).

  1. Deutschland sei führend, was Herzkatheter-Eingriffe angeht, erklärt der Internist Gustav Dobos.
  2. Der Mediziner weiß, wie groß der Einfluss unserer Psyche und unseres Lebensstils auf die Herzgesundheit ist.
  3. Wie man Gefahren bannen kann und das Organ fit hält, erklärt Dobos bei einer Veranstaltung im Studio Dumont.

Köln – Es schlägt sich tapfer durchs Leben, unser Herz. Gelegentlich kann es bis zum Hals schlagen. Eine feine Sache, wenn das bei Verliebten der Fall ist oder bei denen, deren Fußballverein endlich das Tor zum Sieg erkämpft hat. Mit diesen schönen „Ausrutschern“ kann das Herz, das sensibel auf Emotionen reagiert, gut und lange leben. Was ihm ernsthaft zu schaffen macht, sind dagegen dauerhafter alltäglicher Stress, Überanstrengung und ein Lebensstil, bei dem dieses robuste Organ lebensbedrohlich aus dem Takt geraten und krank werden kann.

Spätestens dann soll der Kardiologe es richten, denn uns packt die Angst, weil Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach wie vor die häufigste Todesursache in Deutschland sind. Ärzte können, so gut es geht, das kranke Herz „reparieren“. Stents, Bypass, Herzkatheter, täglich Medikamente und die eindringliche Mahnung des Arztes „Sie müssen Ihren Lebensstil ändern“ sind fortan die lebensverlängernden Begleiter des Patienten.

90 Prozent der Herzinfarkte vermeidbar

Genau da, besser gesagt schon weit vorher, setzt Professor Gustav Dobos an, Pionier und Wegbereiter der wissenschaftsbasierten Naturheilkunde in Deutschland sowie Direktor der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte. Anhand vieler Studien erarbeitete er, dass der gesunde Lebensstil in vielen Fällen wichtiger ist als die Apparate-Medizin. „Lebensstil-Veränderungen, also Bewegung, gute Ernährung, Entspannung sind oftmals effektiver als ein Stent.“ Dobos stellt nicht in Frage, dass Stents, Bypass, Herzkatheter in Notfällen und bei Herzinfarkten lebensrettend und notwendig sind. „Aber bei einer stabilen Herzkranzgefäßerkrankung, die mit Medikamenten therapiert werden kann und den Patienten schmerzfrei hält, bringt in vielen Fällen ein Stent keinen Vorteil“, so seine Einschätzung, basierend auf vielen Studien (siehe Kasten „Stabile Angina pectoris“). „80 Prozent aller Schlaganfälle und 90 Prozent aller Herzinfarkte lassen sich durch einen gesunden Lebensstil verhindern“, sagt Dobos, Internist, Intensivmediziner und Nierenfacharzt.

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Prof. Dr. med. Gustav Dobos

Deutschland sei europaweit führend, was die Zahl der Herzkatheter-Eingriffe angehe. „In der Schweiz werden nur 20 Prozent der Gesamtmenge an Stents gelegt, die in Deutschland gesetzt werden, und trotzdem leben die Schweizer im Durchschnitt drei Jahre länger als die Deutschen und die Deutschen sterben deutlich häufiger an Herzinfarkten als die Schweizer.“ Mit dem Phänomen hat sich bereits das Wissenschaftsjournal „Lancet“ befasst und Studien veröffentlicht, die speziell den Lebensstil der Deutschen und die Tatsache, dass so viele an Herzinfarkt sterben, beleuchten.

Angina pectoris

Blutfette, Blutgerinnsel, Bindegewebe, Kalk lagern sich in den Arterien ab, die sogenannten Plaques. Sie führen zu Verengungen der Herzkranzgefäße, wodurch der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Blut beziehungsweise Sauerstoff versorgt wird. Es kommt zu einer Herzenge, der Angina pectoris. Von einer stabilen Angina pectoris spricht man, wenn ein Herzenge-Anfall und die damit verbundenen Schmerzen innerhalb von Minuten wieder verschwinden, entweder durch Medikamente oder durch Ruhe.

Schweizer weniger Operationen als Deutsche

Die Schweizer werden nicht nur von unnötigen Eingriffen und Operationen am Herzen verschont, sie führen auch einen gesünderen Lebensstil als die Deutschen, indem sie sich gut ernähren, und sich deutlich mehr bewegen. „Sie sind nach Einschätzung vieler Experten im Miteinander, im täglichen Umgang wertschätzend. Das kommt der Psyche zugute“, so Dobos.

Die alltägliche Wertschätzung im privaten und beruflichen Umfeld reduziert die emotionale Überanstrengung und senkt den Stresspegel. Diese Kombination tut dem Herzen gut. Wer unter Druck steht, dessen Organismus wird überschwemmt mit Stresshormonen. Der Körper wird auf Kampf oder Flucht vorbereitet, das Überlebensprinzip der Menschheit. Der Blutdruck steigt, die Blutgerinnung wird erhöht, damit bei Verletzungen nicht zu viel Blut fließt. „Wenn wir stetig unter Stress stehen, führen all diese Prozesse mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, dass die Herzkranzgefäße unter dem Dauerbeschuss der Stresshormone und den dadurch veränderten Stoffwechsel geschädigt werden.“

Veranstaltung

Freitag, 21. August, 19 Uhr, Studio Dumont, Breite Straße 72, 50667 Köln.

Experten im Gespräch:

Prof. Dr. Gustav Dobos, Pionier wissenschaftsbasierter Naturheilkunde in Deutschland, und Dr. Anna Paul, Ordnungstherapeutin.

Karten:

Im Vorverkauf für 16 Euro für Nichtabonennten und 13 Euro für Abonennten ab sofort erhältlich, an der Abendkasse 18 Euro, 15 Euro.

Abocard-Hotline: 0221/ 28 03 44 oder hier.

Oder bei Kölnticket unter 0221/ 28 01 oder hier.

Hinweis:

Die Veranstaltung war für den 28. Mai, geplant, wurde jedoch aufgrund der Corona-Pandemie verschoben. Die für den 28. Mai erworbenen Tickets behalten ihre Gültigkeit für den 21. August.

Psyche spielt eine wichtige Rolle

Als sich das Herz-Buch von Gustav Dobos, das die Folgen emotionalen Drucks und ungesunden Lebensstils analysiert, ganz oben auf den Bestseller-Listen etablierte, wurde er in vielen TV-Sendungen und in sogenannte Call-in-Sendungen eingeladen, in denen Zuschauer anrufen und fragen konnten. Dobos: „Fast alle Fragen kamen zu Psyche und Herz.“ Sowohl bei den „noch“ herzgesunden Menschen als auch bei jenen, die herz-therapiert waren. „Wir wissen, dass bei herz-operierten Patienten die Psyche eine große Rolle spielt. Bei manchen wurde bereits vor dem Eingriff eine Depression diagnostiziert. Relevant ist die Depression nach einem Eingriff, denn damit verbindet sich eine schlechtere Prognose.“

Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt die Psyche auch bei Vorhofflimmern, das sich bei manchen Patienten durch Überlastung und Stress einstellt. „Man muss lernen, damit umzugehen, den Stress zu reduzieren und damit die Häufigkeit des Vorhofflimmerns. Ganz ohne Medikamente wird es aber nicht gehen.“ Bei vielen stelle sich Vorhofflimmern anfänglich nur zu bestimmten Zeiten ein und flaue dann wieder ab. Dieser Zyklus mündet jedoch meist in ein permanentes, bedrohliches Vorhofflimmern, das nicht nur die Herzleistung um rund 20 Prozent schmälert, sondern den Menschen psychisch belastet.„Patienten haben es mir so geschildert: Das ist, als ob jemand den Stecker zieht.“ Vorhofflimmern, wenn es nicht behandelt wird, reduziert die Lebenserwartung. „Wenn Medikamente guten Erfolg bringen, kann man sich die Ablation, diesen Eingriff am Herzen, sparen“, erklärt Dobos.

Gesunder Lebenstil und stabile Psyche sind Garant für Herzgesundheit

Ein gesundes Herz ist kein Privileg auserwählt Weniger – und mit einem erkrankten, aber stabilisierten Herzen gut zu leben auch nicht. Dobos und sein Team setzen darauf, überflüssige Eingriffe und Untersuchungen zu minimieren und beim Patienten die Einsicht zu zementieren, dass ein gesunder Lebensstil und eine ausbalancierte Psyche die wirkungsvollste Therapie sind.

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Eine „Behandlung“, die deutlich weniger lukrativ ist als ein Eingriff am Herzen, der sich wirtschaftlich bestens rechnet. Nach wie vor gehört die „sprechende Medizin“ zu den Stiefkindern im Abrechnungssystem. Dennoch schwören Dobos und Team, die in der Klinik seit mehr als 20 Jahren Patienten mit Herz-Kreislauf-Beschwerden behandeln, auf diesen Weg, der vor allem mit Ordnungstherapeuten wie Dr. Anna Paul beschritten wird. In einem Interview bezeichnete sie ihre Arbeit mit Patienten so: „Unsere Lebensführung zu verändern gleicht dem Erlernen einer neuen Sprache.“ Gearbeitet wird in „kleinen Portionen“, nicht mit Verboten, sondern mit Einsicht und der eigenen Erfahrung, dass gut tut, was gut ist und unser Herz nichts mehr bewegt als Bewegung.

Dass Gustav Dobos das Herz besonders am Herzen liegt, hat auch mit der misslungenen Bypass-OP seines Vaters und dem Schlaganfall-Tod seiner Mutter zu tun. „In meiner Biografie hat das Herz immer eine Rolle gespielt, bedingt durch meine Eltern.“ Große wissenschaftliche Studien zeigen mittlerweile allerdings, dass auch ein familiär bedingtes Risiko, falls notwendig mit Medikamenten, „aber auf alle Fälle mit einem geänderten gesunden Lebensstil reduziert und im Idealfall fast komplett eliminiert werden kann“.