Wein made in CologneWinzer Jonathan Hollerith will seinen Traum wahr machen
- Unsere Serie „Zwei Kaffee, bitte“: Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
Köln – Es dürfte nicht viele Kinder in Köln geben, die wie Johanna und Ben ihre Gute-Nacht-Geschichten in drei Sprachen erzählt bekommen haben: auf Englisch, auf Hochdeutsch und auf Pfälzisch.
Das Pfälzische verdanken sie ihrem Vater Jonathan, der zwar im pfälzischen Landau geboren, aber bereits als Säugling an die amerikanische Ostküste verfrachtet worden war, wo sein Vater Joachim, genannt „Imi“, seinerzeit eine neue berufliche Herausforderung annahm.
Jonathan Hollerith verdankt seinem Vater Akzent und Wein-Kenntnisse
Joachim Hollerith war Winzer, verfügte im Gegensatz zu seinen Wein anbauenden Vorfahren allerdings auch über ein Abenteurer-Gen, erzählt sein Sohn, und konnte sich deshalb der Verlockung, als einer der ersten Önologen im US-Staat Virginia sein Geld zu verdienen, nicht entziehen. Imi Hollerith liebte die Arbeit mit Wein.
„Hey Junge, riech mal, nach was duftet das?“, habe sein Dad ihn öfter gefragt, als er noch Kind war, und ihn manchmal aufgefordert: „Nimm mal einen kleinen Schluck!“ Jonathan Hollerith lächelt über seinem Cappuccino, während er von dem Mann erzählt, dem er nicht nur seinen perfekten Pfälzer Akzent verdankt. „Ohne mein Vadder wäre das, was ich heute mache, nie möglich gewesen.“
Weinbau und Önologie als Studium
Ich treffe den 40-Jährigen auf der Neusser Straße in Höhe des Restaurants „Naans“, wo er sich gerade einen Falafel-Imbiss einverleiben will. Beim übrigens bemerkenswert guten Kaffee (aus der Roestbar in Münster) erzählt mir mein Gegenüber von seiner Kindheit, zu der selbstverständlich auch die Arbeit im Weinberg gehörte, Rebschnitt und Tankreinigung.
Weil er sich nach der Highschool bezüglich seines eigenen beruflichen Weges noch nicht sicher gewesen war, sei er für anderthalb Jahre ins französische Bordeaux gegangen und habe dort das Glück gehabt, auf zwei großartigen Weingütern mithelfen zu können. Nachdem er dort neben dem Handwerklichen auch „das Wissenschaftliche vom Wein kennengelernt“ hatte, stand sein Entschluss fest, in den USA Weinbau und Önologie zu studieren.
Köln von Anfang an „megasympathisch“
Möglicherweise wäre er noch immer in den Vereinigten Staaten, hätte er bei einer seiner Reisen in die deutsche Heimat nicht Svenja kennengelernt, Ur-Pfälzerin wie er, allerdings mit Wohnsitz in Köln. Nach zwei Jahren Fernbeziehung und anstrengenden Zeiten mit unzähligen transatlantischen Flügen verkaufte Jonathan nahezu alles, was er besaß und kam mit zwei Koffern und einem Rucksack nach Köln, in die Stadt, die er von Anfang an „megasympathisch“ fand.
Dank der drei Hektar großen Fläche in der Pfalz, auf der sein 2014 verstorbener Vater Imi in früheren Jahren Weinstöcke angepflanzt hatte, habe der Traum von einer „Urban Winery“ in seinem Kopf immer deutlicher Gestalt angenommen.
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Nachdem er 2015 eine erste Weinhandlung in Ehrenfeld und Ende 2019 eine zweite in Nippes eröffnet hatte, die er beide zum Gedenken an seinen Vater „Imi“ nannte, habe er kürzlich eine Crowdfunding-Kampagne initiiert, um hoffentlich noch in diesem Herbst eine alte Halle in der Leyendeckerstraße in eine Produktionsstätte umbauen zu können, wo die Ernte aus der Pfalz „entrappt, sortiert und gekeltert wird“.
„Wein – made in Cologne, an was für einen Menge denken Sie da?“, frage ich. „10.000 bis 15.000 Flaschen im Jahr“. „Und bei der Produktion werden die Kölner Ihnen ein wenig über die Schulter schauen können?“ Mein Gegenüber lacht und nickt. Ihm sei es wichtig, insbesondere junge Menschen zu interessieren. „Viele assoziieren Wein noch immer mit High Society. Dabei sind Winzer doch nichts anderes als Bauern.“