Bandmitglieder gehörten der Neonaziszene an, daraus machen sie inzwischen kein Geheimnis mehr und distanzieren sich. Bedenken gegen das Konzert bleiben.
Rechtsextreme VergangenheitWirbel vor „Weimar“-Konzert in Kölner Sartory-Sälen
In diesen Tagen geht es in den Sartory-Sälen bunt und karnevalistisch zu. Kostümsitzung folgt auf Prunksitzung, folgt auf Afterzoch-Party. Die Säle gelten seit Jahrzehnten als beliebte Location im Karneval. Regelmäßig finden auch andere Veranstaltungen statt – von Firmenevents über Kongresse bis hin zu Konzerten. Am 4. Mai plant die umstrittene Band Weimar in den Sartory-Sälen spielen.
Zwei der vier Bandmitglieder haben eine rechtsextreme Vergangenheit, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ im Februar 2023 enthüllte: Sie sollen demnach aus der einschlägigen Neonaziszene stammen und den Holocaust geleugnet haben. Einer soll Verbindungen zu einem inzwischen verurteilten Unterstützer des rechtsterroristischen Netzwerks NSU gehabt haben. Der „Spiegel“ bezeichnet die Songtexte als demokratiefeindlich, gewaltaffin und antisemitisch.
Konzert in Köln: Umstrittene Band Weimar plant Auftritt im Sartory
Zu den Markenzeichen der Band gehört, dass die Musiker reptilienartige Masken tragen und nie ihre richtigen Gesichter zeigen. Sie halten ihre Identität geheim und treten unter Pseudonymen auf. Nachdem Die „Spiegel“-Recherchen veröffentlicht worden waren, wurde die Tour abgesagt, Videos aus den offiziellen Plattformen entfernt. Universal Music, die größte Plattenfirma der Welt, trennte sich von der Band. Einst hatte sie ihr zum Erfolg verholfen: Das Debütalbum war gleich auf Platz fünf der deutschen Albumcharts eingestiegen.
Einige Tage nach der Veröffentlichung räumten die beiden betreffenden Mitglieder auf der Facebookseite der Band ihre „politisch rechtsmotivierte Vergangenheit“ ein: „Diese Vorwürfe sind korrekt.“ Aber: „Nicht korrekt ist, dass wir nach wie vor in der rechtsextremen Szene aktiv sind. Diesen Vorwurf weisen wir vehement zurück! Weder wir noch unser Umfeld sind in der rechten Szene aktiv“, heißt es im Statement weiter. „Die Mitglieder der Band Weimar distanzieren sich ausdrücklich von Gewalt, Extremismus jedweder Form, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Homophobie“.
Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ verweist die Band auf das genannte Statement: Weimar „distanziert sich von den besagten Vorwürfen. Die politische Vergangenheit der beiden Mitglieder liegt 16 und 25 Jahre zurück“.
Einige Wochen nach den „Spiegel“-Vorwürfen lud die Band ihre Musik wieder hoch, verkaufte diese im eigenen Shop und veranstaltete erste Konzerte. Im August, ein halbes Jahr nach der „Spiegel“-Veröffentlichung, erreichte ihr Album „Auf Biegen und Brechen“ Platz zwei der deutschen Charts. Die Band selbst feierte ihre Rückkehr auf Facebook als „Das (kleine) Wunder von Weimar“ und blickte zurück: „Letztes Jahr zu dieser Zeit haben wir eine Tour geplant und Deals mit einigen sehr großen Festivals gemacht (…) und dann war plötzlich alles vorbei. Die Tour gecancelt, die Plattenfirma verloren, niedergeknüppelt von der Presse“, schreibt Weimar.
Marcus Sartory, Geschäftsführer der Sartory-Säle, bestätigt auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass Weimar am 4. Mai ein Konzert in der Location plane. Allerdings befinde man sich mit der Konzertagentur noch in einer Klärung. Daher habe man den Termin vorübergehend aus der Veranstaltungsliste auf der Homepage der Sartory-Säle entfernt.
Konzertagentur fragte Sartory an, ohne Bandnamen zu nennen
Nach Darstellung des Geschäftsführers hat eine Agentur Ende 2023 angefragt, ob eine Deutsch-Rock-Band ein Konzert in den Sartory-Sälen spielen könne – ohne den Namen der Band zu nennen. „Wir haben dann einen Videotrailer geschickt bekommen, der multikulturell anmutet“, sagt Sartory. „Vielleicht war es zu leichtfertig, aber ich bin kein exzellenter Kenner der Deutsch-Rock-Szene. Und über Musikgeschmäcker lässt sich streiten.“
Mitte Januar habe es erste Hinweise von Kölnerinnen und Kölnern gegeben, „dass die Band möglicherweise rechtsradikal“ sei. „Daraufhin haben wir die Konzertagentur angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten. Die haben wir bis heute nicht bekommen“, so Sartory. „Wir möchten keine Veranstaltung mit rechter Gesinnung in unseren Sälen haben, das haben wir auch dem Veranstalter so mitgeteilt.“ Von der Stellungnahme hänge nun ab, ob das Konzert wie geplant stattfindet oder nicht.
Brigitta von Bülow, kulturpolitische Sprecherin der Kölner Grünen, hat eine klare Haltung zum angekündigten Weimar-Konzert: „Für mich persönlich ist klar, dass es in Köln keinen Platz für ein solches Konzert geben darf. Die Freiheit der Kunst endet da, wo Menschenrechte und Menschenwürde missachtet werden, wo die Werte unserer Demokratie infrage stehen.“
Köln habe gerade erst bei der Kundgebung mit 70.000 Teilnehmenden „gezeigt, dass viele gemeinsam dafür auf die Straße gehen“, zum Schutz der Demokratie und gegen die AfD. Von Bülow ist eine der Sprecherinnen von „Köln stellt sich quer“, das zu der Kundgebung aufgerufen hatte.
Die Kölner Künstler-Initiative „Arsch huh“ äußert sich auf Anfrage „sehr indifferent“ zu dem geplanten Konzert. „Wir können dazu kein Urteil abgeben“, sagte Sprecher Manfred Post.