Wolfgang Niedecken geht auf Zeitreise. Es geht mit BAP zurück ins Sartory, wo zudem ein neues Live-Album entstehen soll.
Zurück in die 80erNiedecken macht BAP-Fans der ersten Stunde ungeahntes Geschenk
Für BAP-Fans der ersten Stunde dürfte die neueste Nachricht aus dem Hause Niedecken so überraschend klingen wie der erste regionale Radiohit der Band: „Wahnsinn, do jommer och hin – Wahnsinn, dat darf nit wohr sinn.“ Ist es aber.
Wolfgang Niedecken blättert im dicken BAP-Katalog zurück nach vorne und bringt die Songs der Alben von 1981, 1982 und 1983 neu auf die Bühne. Lieder, die nicht nur in Köln vor mehr als 40 Jahren eine Generation geprägt haben und heute als „Kult“ oder „Klassiker“ gelten. Für den 7., 8., 9. und 10. Dezember sind insgesamt vier Konzert-Abende im Sartory geplant. Im Frühjahr 2024 soll davon eine Live-CD veröffentlicht werden, auch eine Tour ist geplant.
Wolfgang Niedecken: Neues Live-Album mit alten BAP-Songs
Die Idee zur „Zeitreise“ reifte während der laufenden „Schließlich unendlich“-Tour, wie der BAP-Chef gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagt. „Es war bei Songs wie etwa ‚Zehnter Juni‘ oder ‚Jupp‘. Wenn ich da ins Publikum geschaut habe, dann habe ich gemerkt, was diese Songs mit den Leuten da machen. Wie sehr sie das bewegt.“
Als Auftrittsort hat Niedecken ganz bewusst die Sartory-Säle ausgewählt: „Hier haben zwischen 1980 und 1984 die meisten BAP-Konzerte stattgefunden.“ Nur rund 1400 Besucher passen in den größten der Säle, sodass die BAP-Konzerte vor ungewohnt kleiner Kulisse stattfinden werden. Der Vorverkauf ist am Samstag, 12. August um 8 Uhr unter www.bap-tickets.de gestartet. Die Konzerte am 8. und 9. Dezember waren in kürzester Zeit ausverkauft. Am Samstagmittag kündigte Bap dann Zusatztermine am 7. und 10. Dezember an. Als Eintrittskarten wird es – wie in den 80ern üblich – aufwändig designte Hardtickets geben.
Viele Songs, die BAP in den ersten Jahren spielten, sind live zuletzt nur noch vereinzelt zu hören gewesen. Nicht nur der „Müsli Män“ schafft es nach mehr als 40 Jahren und 30 Alben nicht immer auf die Set-Liste. Schließlich ist es Niedecken auf Tourneen nach wie vor wichtig, auch viele neue Songs des aktuellen Albums zu spielen. „BAP ist keine Oldie-Band“, hat der Bandchef stets gesagt.
Dazu haben auch die zahlreichen Wechsel in der Bandbesetzung beigetragen. Sönke Reich etwa ist jünger als die Band. Als der BAP-Schlagzeuger 1983 geboren wurde, war die Gruppe gerade mit ihrem vierten Album „Vun drinne noh drusse“ auf Tour. Die Platte mit Hits wie „Do kanns zaubere“ verdrängte damals das Vorgänger-Album „Für usszeschnigge“ von Platz eins der deutschen Charts – heute unvorstellbar.
BAP galt Anfang der 80er als die Band der Stunde, wurde als Vorgruppe bei den Rolling Stones im Müngersdorfer Stadion gefeiert, trat vor 300.000 Menschen auf den Bonner Rheinwiesen gegen den Nato-Doppelbeschluss auf und lief im Fernsehen per Eurovision im Rockpalast auf der Loreley. „Das war wirklich Wahnsinn“, blickt Niedecken zurück. „Wir wussten damals nicht so recht, was mit uns passierte. Wir konnten uns den Erfolg selbst nicht erklären – schließlich verstand doch außerhalb von Köln kaum jemand unsere Texte.“
Doch die Band hatte offenbar die Themen getroffen, die junge Menschen damals beschäftigten. Eine Generation, die während des Vietnamkriegs aufgewachsen war, deren Eltern der Zweite Weltkrieg geprägt hatte, und die in der Friedensbewegung aktiv waren und gegen Atomkraftwerke demonstrierten. Wohl auch deshalb zündeten damals Songs wie „Kristallnaach“.
Zahlreiche BAP-Songs haben sich als zeitlos erwiesen, stellt Niedecken fest. Wenn er den Refrain von „Zehnter Juni“ in der Rolle eines russischen Deserteurs in Putins Krieg singe, sei er aktueller denn je: „Plant mich bloß nicht bei euch ein!“
„Verdamp lang her“ ist dagegen „Nit für Kooche“, jener Song, mit dem sich BAP mit dem Kölner Karneval anlegt. Auch er werde gespielt – mit einer entsprechenden Anmoderation. Niedecken ist wichtig zu betonen, dass der Song aus dem Jahr 1981 stammt: Als es noch keine Stunksitzung gab und der Karneval von spießigen Vereinsmeiern dominiert wurde. Das habe sich längst verändert.
Sogar noch ältere Songs könnten im Sartory gespielt werden, kündigt Niedecken mit Blick auf das Debüt-Album (1979) und den Nachfolger „Affjetaut“ (1980) an. Darauf ist auch das Lied „Helfe kann Dir keiner", nach „Leev Frau Hermanns", der erste BAP-Song. „Do musste mieh vun maache“, meinte Bandkollege Hans Heres zu seinem Sänger, als er den Song 1977 zum ersten Mal im Proberaum hörte. Und danach kam sehr viel – bis heute.