Sorge um VerzögerungenArchäologen erwarten bedeutende Funde auf Kölner Großbaustelle
Köln – Die Kölner Altstadt ist zurzeit eine einzige große Baustelle. Stahlgerüste, Bagger und Schutt prägen das Stadtbild rund um den Dom. Das wird auch auf absehbare Zeit so bleiben. Die neuen Gebäude am Laurenz-Carré südlich des Doms sollen in drei Jahren fertig sein, bis dahin bleibt der Baulärm. Für das jüdische Museum Miqua ist noch kein Ende in Sicht. Es gibt Lieferschwierigkeiten beim Stahl, der Bau ist einmal mehr unterbrochen. So bleibt die ambitionierte Neugestaltung der Innenstadt noch ein Fragezeichen.
Via Culturalis in Köln: Geplanter historischer Pfad noch voller Baustellen
„Via Culturalis“ – so hat die Stadt das Projekt getauft, das sich rund 800 Meter vom Dom, über das Miqua-Museum bis zur Kirche St. Maria im Kapitol erstrecken wird. Das Stadtmarketing spricht von einem „Kulturpfad im Herzen der Altstadt“, der die Stadtgeschichte architektonisch erlebbar machen soll. Derzeit fällt es allerdings nicht leicht, sich vorzustellen, wie das historische Zentrum der Stadt in Zukunft aussehen wird. Zu präsent sind die Baustellen.
Um dem entgegenzuwirken, empfängt Stefan Rath seine Gäste am Römisch-Germanischen Museum. Er trägt einen blauen Anzug, dazu einen passenden blauen Schal und auch die Schnürsenkel seiner schwarzen Schuhe sind im selben Farbton gehalten. Diesen Sinn für Ästhetik will der Kunsthistoriker auch in den „Spaziergängen am Laurenz Carré“ weitergeben. In eineinhalb Stunden führt er so Interessierte vom Roncalliplatz bis vor das Farina-Haus und galoppiert durch knapp 2000 Jahre Bau- und Architekturgeschichte.
Historische Funde erwartet
Organisiert werden diese Veranstaltungen von der Gerchgroup, die für den Bau des Laurenz-Carrés verantwortlich ist. In den Spaziergängen soll die Projektentwicklung in den Kontext der Stadtgeschichte gerückt werden. Dazu beginnt Rath am Römisch-Germanischen Museum. Das sei eine architektonische Besonderheit, in den 60er Jahren „wie ein Ufo gelandet“, sagt der Kunsthistoriker. Heute ist es aber eine weitere Baustelle.
Doch die Arbeit des Museums ist zentral für die Entwicklung der „Via Culturalis“. Denn die rund 800 Meter erstrecken sich über altes Römergebiet. Unter vielen Häusern wurden noch keine Grabungen durchgeführt. So rechnen Denkmalschützerinnen, Bauherren und Archäologinnen fest mit einigen historischen Funden während der Baumaßnahmen.
„Alle Funde sind es heutzutage wert, erforscht zu werden“, sagt Kunsthistoriker Rath. Dem stimmt Christian Mühlens prinzipiell zu. Er ist Projektleiter des Laurenz-Carrés, wenige Meter südlich des Römisch-Germanischen Museums. Jedoch sei manchmal eine Abwägung nötig. „Wenn wir beim Tiefbau Kellerreste aus den 60er Jahren finden, sind diese dann wirklich so erhaltenswert, dass wir den Bau verzögern sollten?“, fragt er.
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Er hofft, dass dies eine theoretische Frage bleibt. Denn unter dem Laurenz-Carré wurde aufgrund einer Tiefgarage schon vor Jahrzehnten vieles ausgegraben. Jedoch gebe es andere Gebäude an der Große Budengasse, unter denen noch nie Ausgrabungen stattfanden. Das Römisch-Germanische Museum hat erforscht, wo mit Funden gerechnet wird. Dort ist die Wahrscheinlichkeit hoch.
Eine Baugrube ist bereits ausgehoben, und auch die ersten Bohrungen finden statt. Anfang 2023 soll dann der Aufbau des Laurenz-Carrés beginnen. „Es ist die dritte Stelle, die man sieht – nach dem Dom und dem Dom-Hotel. Der Denkmalschutz hat also ein gutes Auge auf uns“, sagt Mühlens. Die neuen Gebäude sollen sich nahtlos einfügen in das Stadtbild. „Die 50er- und 60er-Jahre-Fassade wird wiederhergestellt und kombiniert mit den modernen Vorstellungen des Raddisson-Hotels“, sagt Rath.
In einem Gebäude des Laurenz-Carrés und im alten Senats-Hotel wird das erste deutsche „Radisson-Red“-Hotel einziehen. Insbesondere die Fassade ist hier denkmalgeschützt, also wird sich von außen für die Besucherinnen und Besuche der „Via Culturalis“ nicht viel verändern. Doch innen soll das Hotel hochmodern werden, auch wenn schützenswerte Elemente wie der Senatssaal erhalten bleiben.
Rund um das Hotel sollen nach Angaben einer Sprecherin Gerchgroup „Plätze zum Verweilen“ entstehen. Neben dem Hotel mit 260 Betten und mehr als 100 Wohnungen sollen sich auf dem Laurenz-Carré nämlich auch Gastronomie und Gewerbe ansiedeln. Für Kölnerinnen und Kölner sei diese Ecke bislang sehr unattraktiv. So soll an der „Via Culturalis“ auch ein neues lebenswertes Quartier entstehen. Vom Dom, am Laurenz-Carré und dem alten Senats-Hotel vorbei, endet die Zuständigkeit der Gerchgroup.
Kundenzentrum der Stadt Köln wird abgerissen
Hier baut bald die Stadt. Das Kundenzentrum der Stadt soll abgerissen werden. Noch ist davon aber nichts zu sehen. Auf dem Laurenzplatz sieht es zwischen dem Kundenzentrum und dem leerstehenden Senatshotel noch nicht nach einer „Via Culturalis“ aus. Nur eine Statue von Kardinal Frings verleiht dem Laurenzplatz etwas kulturelles. „Früher stand an Frings’ Stelle die Laurenzkirche, die dem Platz und dem Carré ihren Namen gegeben hat“, sagt Kunsthistoriker Rath. Doch große Baumaßnahmen gibt es nicht nur heute. „Anfang des 19. Jahrhunderts wurde sie abgerissen. Heute wissen wir nur wenig über sie.“