Neue Party im Kölner Club JakiDiese DJs wollen männliche Dominanz der Szene beenden
Köln – Von Hemmungen am Anfang berichtet jede von ihnen. Sich mit der Technik vertraut machen, Platten auflegen, selbst am DJ-Pult stehen: Das sei zunächst mit der fixen Idee verknüpft gewesen, dass das Männern vorbehalten ist. Alle drei sind nicht zufällig über ein männliches Umfeld, über ehemalige Partner und Freunde auf das Thema gestoßen. „Das Interesse war schon länger da, seit ich 16 oder 17 war, aber ich habe mich erst nicht getraut“, erzählt DJ Marie Montexier. Und Philomene Robinne alias Philo ergänzt: „Mir kam nicht einmal in den Sinn, mir eine Frau als DJ vorzustellen.“
Luisa Paolini alias Aino DJ kam über ihren Ex-Freund mit der Materie in Berührung und entwickelte schnell den Ehrgeiz, es ihrem Umfeld zu zeigen, gerade auch weil sie gespürt habe, nicht ernst genommen zu werden. Diese Unsicherheiten haben die drei Frauen hinter sich gelassen. Doch die Türen seien für viele weibliche DJs immer noch verschlossen.
Neue Partyreihe im Kölner Club Jaki
Das wollen sie mit ihrer neuen Partyreihe „Précey“ im Club Jaki im Stadtgarten ändern. Das Ziel: die Vielfalt der Szene besser zu repräsentieren, den lokalen sowie internationalen Nachwuchs zu unterstützen und eine Bühne zu bieten. Gast-DJ an diesem Freitag ist DJ Frank aus Wuppertal, die Electro, Breakbeat und ravigere Sounds verbindet.
Das Jaki, das mit der Premiere von „Précey“ zugleich die Wiedereröffnung nach langer Corona-Pause feiert, habe zum Projekt gut gepasst. „Im Jaki werden schon viele Newcomer_innen unterstützt und ich merke, dass sich dort schon was ändert. Es muss sich aber in vielen Punkten etwas ändern. Man kann sich in ein gemachtes Nest setzen wie Leipzig, wo schon viel passiert, oder eben dort, wo noch nicht viel passiert“, sagt Montexier, die mit dem Kölner Club Gewölbe eng vernetzt ist, mittlerweile aber deutschlandweit etablierte Electro- und Techno-DJ ist.
DJ-Szene in Köln männlich dominiert
Der Status Quo in Köln sei nicht zufriedenstellend. „Die DJ-Szene hier ist immer noch sehr männlich dominiert. Zumindest was die Bühnen und die Line-Ups angeht“, sagt Paolini alias Aino DJ beim Gespräch im Jaki. Die 26-Jährige absolviert derzeit ihre Ausbildung im Konzertbüro, am Freitag legt sie das erste Mal überhaupt in einem Club auf. Explizit werden Clubbetreiber meist jedoch nicht, erzählt Robinne alias Philo.
„Es wird einem nicht gesagt, wir wollen dich nicht, weil du eine Frau bist. Das sind weniger böse Absichten als unbewusste, strukturelle Vorbehalte. Oft ist es so, dass Frauen auf dem Line-Up als vorletzte oder letzte Person aufgezählt werden. Oder man bekommt im Rahmen des Auflegens gesagt: Ja, du kannst ja das Warm-Up machen oder du bekommst drei Drinks für das Closing. Das ist, wenn sowieso keiner mehr möchte“, so die 25-Jährige, die von einem UK-Bassmusic-Sound geprägt ist und die Breakbeat, Jungle und House miteinander verbindet.
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Montexier musste sich nach eigenen Angaben schon Beleidigungen anhören. „Du wirst doch nur gebucht, weil du eine Muschi hast“ sei ein Spruch gewesen. Zu erkennen, dass man laufend sexualisiert werde, sei schmerzhaft. „Das war für keinen von uns einfach in unserer Haut, auch für mich nicht.“ Fortschrittlicher geht es laut der 24-Jährigen in Leipzig zu, wo sie wohnt. „In Leipzig gibt es einen Raum, wo Frauen anfangen können, aufzulegen. Die Räume sind bewusst offen, weil man will, dass sie auch kommen. In Köln gibt es wenig Frauenkollektive. Wenn man sich die Clubszene und Kulturlandschaft hier anschaut – also wer das Booking macht, wer die Promoter sind, wer die Veranstaltungsreihe plant, dann ist die Präsenz primär männlich.“
Jaki im Stadtgarten
Der Jaki Club im Kölner Stadtgarten ist der Nachfolger des Studio 672 und eröffnete im Oktober 2019. Nur wenige Monate danach musste es coronabedingt seine Pforten schließen. Genau zwei Jahre später feiert es nun sein Re-Opening. Kennzeichnend für den Club sind seine Eventreihen wie „Jazz im Jaki“, „Tom-Tom Club“ und „Songlines“. Sprecherin Christine Eitel betont, dass die Besonderheit des Jakis darin liege, dass man für ausgewählte Events noch mit Kuratoren zusammenarbeite, die den Abend gestalten.
Die neue Party-Reihe „Précey“ soll circa alle zwei Monate stattfinden. Beginn ist 23 Uhr, Eintritt 12 Euro.
Begriff „DJane“ ist ein No-Go
Klar wenden sich die drei auch gegen den Begriff „DJane“: Der habe mit der eigentlichen Bezeichnung „Disc Jockey“ (DJ) nichts zu tun und sei eigens dafür erschaffen worden, um weibliche DJs zu exotisieren. Damit werde das Alleinstellungsmerkmal „Frau“ geradezu befeuert, was wiederum sexistisch sei. Ihre Party „Précey“ soll hingegen ein Raum sein, „in dem kein diskriminierendes, sexistisches oder gewaltsames Verhalten toleriert wird“.
Die drei wollen an den Abenden nicht nur als Veranstalterinnen präsent sein, sondern auch als Ansprechpartnerinnen. Ihren Event verstehen sie als geschützten Raum. Auffällig ist der Name: „Précey“ ist eine Wortneuschöpfung und setzt sich aus den Wörtern „présence“ (Gegenwart) und „Sarcey“ zusammen. Der Name ist als eine Hommage an starke Frauen gedacht, es ist der Nachname der französischen Feministin und Historikerin Michèle Riot-Sarcey.