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Gezapfter Wein und wasserlose PissoirsSo ökologisch arbeiten Kölner Clubs und Veranstalter

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Die Clubs wollen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommen. Warum sie von den grünen Maßnahmen auch profitieren. Auf dem Bild: Moritz Swars von Zukunft Feiern (l), Dennis Weber (CBE), Jens Ponke (DIe Wohngemeinschaft, Stefan Bohne (Artheater), Claudia Wedell

Die Clubs wollen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommen. Warum sie von den grünen Maßnahmen auch profitieren. Auf dem Bild: Moritz Swars von Zukunft Feiern (l), Dennis Weber (CBE), Jens Ponke (Die Wohngemeinschaft, Stefan Bohne (Artheater), Claudia Wedell (Gloria)

In Köln gibt es seit anderthalben Jahren einen runden Tisch, an dem 13 Clubs und Veranstalter teilnehmen. Woran das nachhaltige Arbeiten scheitern kann.

Seit das Gloria-Theater am Neumarkt eine Wasser-Zapfanlage im Backstage installiert hat, spart es 10.000 Flaschen im Jahr. Künstlerinnen und Künstler können sich das Wasser selbst in die handlichen Fläschchen abfüllen. Im Ehrenfelder Club Bumann & Sohn wird der Wein aus einem Fass direkt in die Gläser gezapft – somit fallen Berge an Glasflaschen weg. Und im Club Artheater in Ehrenfeld steuert ein Temperaturfühler die Klimaanlage. Diese und viele anderen Maßnahmen treffen Kölner Clubs und Veranstalter, um ihren Betrieb ökologischer zu gestalten.

Seit anderthalb Jahren setzen sich 13 Vertreterinnen und Vertreter von Kölner Betrieben regelmäßig zusammen, um sich über Erfahrungen auszutauschen und ihr Wissen auf den neuesten Stand zu bringen. Hilfe und Input erhalten sie dabei von Umweltexperte Moritz Swars, der im Auftrag der Klubkomm, dem Verband der Kölner Clubs und Veranstalter, die runden Tische anleitet.

Umweltexperte: Vorhaben scheitern oft an Umsetzung

Swars arbeitet für „Zukunft Feiern“ von Clubtopia, einem Projekt von dem Verein Clubliebe gemeinsam mit dem BUND Berlin. Hier wurde ein Nachhaltigkeitskonzept – der sogenannte Code of Conduct – verfasst. „Das ist ein 70-seitiges Dokument, das wir hier umsetzen wollen. Es umfasst acht Kernpunkte wie Mobilität, Kommunikation, Energie, Ressourcenabfall, Soziales und Naturschutz“, erklärt Swars beim Besuch im Gloria.

Nun befinde man sich in einer kritischen Phase: Die Vermittlung von Wissen sei abgeschlossen, jetzt gehe es ums Machen. „Von der UN bis zum kleinen Laden hier in Köln ist es keine Wissens- sondern immer eine Umsetzungsproblematik“, sagt Swars. „Beispiel Kühlschrankfolien: Es gibt Wärmeschutzfolien für Kühlschränke, damit diese weniger Energie verbrauchen. Dass sich nun im laufenden Betrieb jemand hinsetzt, recherchiert, diese bestellt und aufklebt: Daran scheitern die meisten Vorhaben.“

In einer idealen Welt wäre für das Thema Nachhaltigkeit genauso eine Stelle oder eine Abteilung vorgesehen wie für die Buchhaltung oder den Einkauf, findet Swars. Die Stadt Hamburg fördere solche Stellen mit einem Klimastipendium, in Köln gebe es so etwas bislang nicht.

„Das Schöne am Runden Tisch ist, dass wir uns auf kurzem Wege austauschen können. Taugen die Folien was? Wie funktioniert die Anbringung? Wieviel verbrauchen Geräte überhaupt? Macht es Sinn, Kühlschränke abzustellen, wenn Clubs nur am Wochenende öffnen?“, sagt Claudia Wedell vom Gloria, das als erster Kölner Club den Code of Conduct unterschrieben hat. Das Thema ist für Wedell aber nicht neu: Das Gloria hat in den vergangenen zehn Jahren unter anderem ein Mehrwegbechersystem eingeführt, die Klimaanlage, Kühlhäuser und Toiletten erneuert.

So sparen Kölner Clubs Wasser

Im Toilettenbereich kann man offenbar einiges herausholen. Die Bar Wohngemeinschaft arbeitet mit wasserlosen Urinalen: Darin enthaltene biologische Kapseln bauen den Urinstein ab, erklärt Betreiber Jens Ponke. „Das ist eine große finanzielle Ersparnis“, sagt Ponke. Im Bumann & Sohn haben die Betreiber etliche Kanister aufgestellt, die jeweils 500 Liter Regenwasser auffangen können. Diese nutzen sie für die Pflanzen sowie die Toiletten – das spare etwa 30 Prozent des jährlichen Wasserverbrauchs, schätzt Friedrich Lindenstruth vom Bumann. An so einem normalen Tag liege der Gesamtwasserverbrauch schonmal bei 4000 Litern. Die Solaranlage auf dem Dach des Bumanns sorgt dafür, dass die Bar über das Jahr gesehen zu 50 Prozent mit eigenem Strom auskommt.

Die Volksbühne am Rudolfplatz, der Clubbahnhof Ehrenfeld, das Bürgerzentrum Ehrenfeld: Diese Betriebe preschen nach vorne, wollen aber nicht nur ein gesellschaftliches Vorbild sein. „Das ist nicht mehr optional. Die Jüngeren erwarten vom Arbeitgeber, dass er sich diesen Themen widmet“, sagt Ponke. Doch welche Maßnahmen haben klimatechnisch die größte Wirkung? Und wie werden sie gewichtet?

„Wir unterscheiden in Basic-Maßnahmen und erweiterte Maßnahmen. Zu Ökostrom zu wechseln wäre eine Basic-Maßnahme. Eine erweiterte Fragestellung wäre dann, zu welchem Stromanbieter man geht. Sicherlich wäre ein Modell der Bürgerenergie besser als ein Dax-Konzern,“ sagt Nachhaltigkeitsexperte Swars. Das, was die meisten Emissionen verursache, sei aber der Anreiseverkehr durch die Besucher.

Kölner Clubs wollen grün sein und motivieren andere

Da scheint es auf den ersten Blick keine Handhabe zu geben. Auf den zweiten aber eben doch: „Man kann sich im Politikgeschehen für Fahrradstellplätze einsetzen, wie das Gloria. Eine einfache Maßnahme wäre erstmal festzuhalten, wie die Menschen herkommen,“ so Swars. Das Gloria hat über Umfragen auf Social Media und direkte Ansprache der Gäste in der Schlange herausgefunden, dass 50 Prozent mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, zehn bis zwölf Prozent hingegen mit dem Auto.

„Das Thema Kommunikation nach außen ist auch im Fokus beim Code of Conduct. Heute ist die Bereitschaft für Nachhaltigkeit viel größer als noch vor 10 Jahren, als wir mit unserer Transformation begonnen haben. Unsere Gäste und Mitarbeitenden sind offen für den Wandel und die positiven Aspekte. Wir möchten doch alle in Zukunft feiern“, sagt Wedell.

Wer meint, hier käme man mit erhobenem Zeigefinger, der verkenne, dass die Betriebe am meisten profitieren. „Die Maßnahmen sollen die Leute nicht nerven, es ist oft auch die bessere Lösung. Die LED-Technik hat mittlerweile das bessere Licht“, sagt Swars. Das Ganze animiere die Menschen auch zur Veränderung im Privaten. „Wenn Lieblingsclubs mitziehen, dann motiviert das.“