Erstmals seit zehn JahrenSo sieht der Kölner Dom ohne Hängegerüst aus
Köln – Der Blick ging an diesem Tag immer nach oben. Jeder, der aus dem Hauptbahnhof trat oder rund um die Domplatte unterwegs war, legte den Kopf in den Nacken und richtete die Augen hinauf zu den Domspitzen. In Scharen versammelten sich Schaulustige um die Absperrungen rund um die Kathedrale. Touristen, die zufällig vorbei kamen, aber auch viele Einheimische, Rentner, Menschen auf dem Weg zur Arbeit, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten.
Mithilfe eines 290 Tonnen schweren Krans wurde das 30 Meter hohe Gerüst, das seit 2011 in 105 Metern Höhe am Nordturm hing, abgenommen. Damit ist die Westfassade des Kölner Doms mit dem Hauptportal und den beiden Türmen erstmals seit zehn Jahren ohne Baugerüst zu sehen. Die aufwendige Aktion dauerte vom frühen Donnerstagmorgen bis in den Nachmittag. Ursprünglich war die Aktion für Dienstag geplant worden, sie musste aber aufgrund des starken Windes auf Donnerstag verschoben werden.
Schaulustige auf der Domplatte
Zunächst wurde das erste der beiden Seitenteile des insgesamt 30 Tonnen schweren Gerüsts abgenommen. Die beiden Seitenteile wiegen jeweils etwa fünf Tonnen und sind 35 Meter hoch und sechs Meter breit. Gerüstbauer der Dombauhütte entfernten in schwindelerregender Höhe die Seile und Bolzen, die zum Aufhängen des Gerüsts nötig waren. Anschließend schwebte die Stahlkonstruktion, am Kran eingehängt, der Domplatte entgegen.
Die Teile landeten sicher auf der Domplatte. Mithilfe eines weiteren Krans wurden sie langsam zur Seite gekippt, auf Rollwagen gehievt und von Dutzenden Mitarbeitern der Dombauhütte langsam über die Domplatte zum Roncalliplatz geschoben. Dort werden sie in den kommenden Wochen in ihre Einzelteile zerlegt. Nach dem ersten Seitenteil folgte das zweite und am Nachmittag schließlich die Gerüstplattform, sozusagen das Dach des Ganzen. Wenn eines der Teile sicher auf der Domplatte gelandet war, applaudierten die Schaulustigen und Mitarbeitenden der Dombauhütte.
Das Herablassen des ersten Seitenteils im Video
Dombaumeister Peter Füssenich sagte zu Beginn der Arbeiten: „Ich bin sehr entspannt, weil alle Vorbereitungen perfekt gelaufen sind. Jetzt liegt alles in den Händen unserer Gerüstbauer.“ Auf dem Hängegerüst arbeiteten vier Gerüstbauer der Dombauhütte „hochkonzentriert.“ Der Bereich rund um die Einsatzstelle war weiträumig abgesperrt worden, unter anderem Teile der Domplatte. Füssenich begründete die umfangreichen Sperrungen für den „sehr unwahrscheinlichen Fall“, dass das Gerüst vom Haken des Krans rutschen würde. Weil die Domplatte dem Gewicht des 290 Tonnen schweren Krans nicht standgehalten hätte, musste dieser auf dem Kardinal-Höffner-Platz vor der Kreuzblume aufgebaut werden.
Kranführer Michael Müllers stand zwischenzeitlich vor seiner Kabine, die Hände in den Hosentaschen vergraben, gut gelaunt und gelassen. „Ich bin tief entspannt und hoch konzentriert“, sagt der 46-Jährige. „Ich sitze nur in meiner Kabine und spiele an ein paar Knöpfen herum.“ Normalerweise baue er Windräder auf und stehe nicht so im Fokus. „Natürlich ist die Arbeit am Kölner Dom etwas ganz Besonderes. Aber nervös darf man nicht sein, sonst macht man Fehler.“ Alle Kommandos bekam er von Firmenchef Matthias Wasel und Wolfgang Schmitz, Leiter der Gerüstbaukolonne der Dombauhütte, die oben auf der Gerüstplattform arbeiteten. Der kritischste Moment sei der, wenn das Gerüst in die Rundschlingen eingehängt wird, die am Kran befestigt sind, und sich Millimeter für Millimeter vom Dom lösen. „Das ist eine chirurgische Arbeit. Der Abstand zwischen Gerüst und den Domfiguren beträgt an manchen Stellen nur einen Zentimeter.“
Dom-Fassade in Köln nur vorübergehend ohne Gerüst
Auch künftig wird der Dom nicht gerüstfrei sein. Aber zumindest die Westfassade ist vorübergehend gerüstfrei. Das nächste große Hängegerüst werde frühestens Ende 2023 aufgebaut, sagte Füssenich.
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Die Gerüste sind für Instandsetzungsarbeiten notwendig. Etwa 100 Menschen sind ständig damit beschäftigt, alte Bausubstanz durch neue zu ersetzen und den Dom so vor dem Verfall zu bewahren. Schäden entstehen unter anderem durch Stürme. In der Vergangenheit setzte auch die Luftverschmutzung dem Dom sehr stark zu, darüber hinaus gibt es immer noch Kriegsschäden.